Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Beseler, ähnlich wie Paul von Hindenburg, wieder zum aktiven Dienst herangezogen, zunächst als Kommandierender General des III. Reserve-Korps. Der Großverband kam in der Anfangsphase des Krieges an die Westfront und nahm an der Belagerung der Festung Antwerpen teil. Beseler gab man schließlich am 27. September 1914 das Kommando über alle Angriffstruppen in Form einer der OHL unmittelbar unterstehenden Armeegruppe Beseler. Bis zum 10. Oktober eroberten Beselers Soldaten die Stadt und Festung, was im Deutschen Reich als großer Erfolg gefeiert wurde. Im Herbst hatte das III. Reservekorps schwere Kämpfe an der Front in Flandern zu bestehen. 1915 wurde Beseler an die Ostfront verlegt. Erneut bekam er eine Armeegruppe Beseler, welche die Festung Nowogeorgiewsk belagerte (deutschFestung Modlin, am Zusammenfluss von Weichsel und Bug, etwa 50 km nordwestlich von Warschau) und vom 4. bis 20. August 1915 eroberte. Wenige Tage später wurde die Armeegruppe wieder aufgelöst.
Am 26. August 1915 wurde Beseler zum Generalgouverneur des Generalgouvernement Warschau – einem Teilgebiet des bisherigen Russisch-Polen, das deutscher Zivilverwaltung unterstellt wurde. Er ließ viele gesellschaftliche Gruppierungen wieder zu, die unter der Zarenherrschaft verboten waren, darunter jüdische Vereine.[2] Er ließ ein „Jüdisches Refereat“ einrichten; dessen Leitung übernahm der in jüdischen Vereinigungen aktive Rechtsanwalt und Leutnant der Reserve Ludwig Haas aus Freiburg im Breisgau.[3] Allerdings wich die zunächst aufgeschlossene Stimmung in den jüdischen Gemeinden Warschaus Protesten, nachdem Beseler 5000 überwiegend jüdische Arbeitslose in „Arbeitsbataillone“ hatte rekrutieren lassen.[4]
Als deutscher Generalgouverneur proklamierte Beseler 1916 die von den Besatzungsmächten Deutsches Reich und Österreich-Ungarn vereinbarte Errichtung eines selbständigen Königreiches Polen (sogenanntes Regentschaftskönigreich). Zu der Zeremonie war die Warschauer Elite in das Königsschloss eingeladen, auf dem Schlossplatz versammelten sich mehrere Tausend Menschen mit polnischen Fahnen.[5] Mit tätiger Hilfe seines nahen Mitarbeiters, des polnisch-preußischen Aristokraten Bogdan Graf von Hutten-Czapski, schuf er die polnischsprachige Universität Warschau und die Technische Hochschule Warschau wieder.
Am 27. Januar 1918 erhielt Beseler noch seine Beförderung zum Generaloberst. Er scheiterte schließlich mit seiner Politik; er betrieb eifrig den Aufbau des Königreiches Polen und widersetzte sich energisch den Bestrebungen Erich Ludendorffs, eine vierte Teilung Polens durchzuführen und einen „Schutzstreifen“ aus Grenzgebieten Kongresspolens dem Deutschen Reich anzugliedern. Er verlor gleichzeitig Anhänger unter den Polen, als die kommende Niederlage der Mittelmächte sichtbar wurde.
Aus Angst vor den deutschen Soldatenräten floh Beseler – als Arbeiter verkleidet – am 12. November gegen 17 Uhr mit seinen zwei Adjutanten und zwei von Piłsudski zur Verfügung gestellten polnischen Offizieren auf einem Schiff der Weichselschifffahrt aus Warschau nach Thorn und von dort nach Berlin. Als gebrochener Mann starb er 1921 bei Potsdam. Beseler wurde auf dem Invalidenfriedhof Berlin beigesetzt. Sein Grab ist erhalten.
Seine Zeitgenossen Hutten-Czapski, Hermann Fürst von Hatzfeldt und Maria Fürstin Lubomirska – Ehefrau von Zdzisław Lubomirski – äußerten sich lobend über ihn: Hutten-Czapski: „Als Generalinspekteur des Ingenieur- und Pionierkorps und der Festungen hatte er sich auch Verwaltungserfahrungen angeeignet. Diese Anlagen und Fähigkeiten verbanden sich mit einem vornehmen und ideal gerichteten Charakter. Durchdrungen von dem Gefühl seiner großen Aufgabe und Stellung verleugnete er doch nicht die schlichte Menschlichkeit seines Wesens. Für die Lage der ihm anvertrauten Bevölkerung, für ihre nationale und kulturelle Eigenart hatte er wirkliches Verständnis.“ Hatzfeldt: „Er ist ein kristallklarer Kopf, und man hätte keinen besseren als ihn nach Warschau schicken können. Ein Anderer wäre, als er gefragt wurde, wie er sich die Zukunft Polens denke, sofort mit seinem Plane fertig gewesen. Beseler sagte nur: Lassen Sie mir Zeit, wenn ich heute schon meine Ansicht äußern sollte, wäre es nur die Ansicht der anderen.“ Fürstin Lubomirska: „Unser Generalgouverneur Beseler ist ein guter Mensch, voll von guten Absichten, regieren kann er aber nicht, seine Spezialität sind Festungen: er wird im Geschichtsgedächtnis als Eroberer von Antwerpen und Modlin bleiben, als ein Mensch mit gründlichen Kenntnissen, voll von Wissen und mit hoher künstlerischer Kultur“.
Familie
Er heiratete am 1. Oktober 1885 Clara, geborene Cornelius (* 1867). Das Ehepaar hatte drei Töchter:
Olga Emilie Margot (1886–1972) ⚭ 5. August 1914 Wilhelm von Gynz-Rekowski († 1914)
Arkadiusz Stempin: Próba „moralnego podboju“ Polski przez cesarstwo niemieckie w latach I wojny światowej. Warschau 2013, ISBN 978-83-7543-264-0
Arkadiusz Stempin: Das vergessene Generalgouvernement. Die Deutsche Besatzungspolitik in Kongresspolen 1914–1918. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2020. ISBN 978-3-506-78552-7
Christian Th. Müller: Generaloberst Hans Hartwig von Beseler. In: Lukas Grawe (Hrsg.): Die militärische Elite des Kaiserreichs. 24. Lebensläufe. wbg Theiss, Darmstadt 2020, ISBN 978-3-8062-4018-4, Seite 42–53.