Der Global Gender Gap Report ist ein vom Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) seit 2006 jährlich erstellter umfangreicher wissenschaftlicher Bericht, der in mittlerweile 153 Ländern den Gender-Gap („Lücke, Kluft“) in der Gleichstellung der Geschlechter analysiert. Der Report ist in die vier Bereiche Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik untergliedert und ordnet dabei die Staaten jeweils nach Rang. Auch werden die Länder in 8 Weltregionen eingeteilt und diese Gruppen untersucht (eine davon ist Western Europe mit 22 Staaten Westeuropas).
Zur Quantifizierung der Geschlechterlücke wird der „Global Gender Gap Index“ (GGGI) errechnet aus insgesamt 14 sozialen Indikatoren zu den vier Bereichen, dabei sind die Indexwerte als Prozentangaben der bisher erreichten Gleichstellung zu verstehen: Der Global Gender Index 2020 für das Jahr 2019 liegt bei 0,686 – 68,6 % der Stellung des Mannes hat die Frau bisher erreicht. Entsprechend bleibt die weltweite Lücke von 31,4 % zu schließen. Der Report vermerkt dazu, das dies in der bisherigen Entwicklungsgeschwindigkeit noch genau 99,5 Jahre dauern werde, in Westeuropa 54,4 Jahre (0,767: 23,3 % Gap). Den niedrigsten Wert hat der globale Unterindex zur politischen Beteiligung (0,247: 75,3 % Gap zwischen Frauen und Männern), die längste Dauer beim derzeitigen Fortschritt wird vorhergesagt für die wirtschaftliche Gleichstellung: 257 Jahre (siehe Tabelle der Unterindizes).
Die folgende Kurzliste zeigt Ergebnisse des Global Gender Gap Report 2020 (erschienen im Dezember 2019) zu den drei D-A-CH-Ländern,[1] mit den Veränderungen ab 2018 und ab 2006 und dem weltweit führenden Island (in Grün) – zum Vergleich die beiden zeitgleich veröffentlichten Gender-Indizes GDI und GII des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) zum Jahr 2018:[2]
Der Global Gender Gap untersucht die Lücken innerhalb eines Landes und nicht den Level, um diesen Index vom Entwicklungsstand eines Landes zu entkoppeln. Er bewertet Ergebnisse wie etwa den Frauenanteil in Spitzenpositionen, aber keine Rahmenbedingungen wie etwa die Länge der Babypause (abhängig von der Gesetzgebung).
Subindizes
Der Index wird berechnet aus 14 einzelnen sozialen Indikatoren, die zu 4 Unterindizes in grundlegenden Lebensbereichen zusammengefasst werden:
Obere Grenzwerte
Zur Berechnung des Gesamtindexes werden in den jeweiligen Unterindizes die geschlechtsbezogene Daten der Frauen durch diejenigen denjenigen der Männer dividiert. Dabei gilt ein oberer Grenzwert von 1, dies entspräche beispielsweise einem exakt ausgeglichenen Geschlechterverhältnis im Parlament. Auch bei einer Mehrheit weiblicher Abgeordneter (und folglich einem Quotienten größer als 1) würde dieser Wert im Gender Gap Index nicht weiter steigen. Eine Ausnahme hiervon bildet der Subindex Gesundheit und Lebenserwartung. Hier gilt für die Lebenserwartung ein Grenzwert von 1,06 und für das Geschlechterverhältnis der Geburten ein Grenzwert von 0,994 (der gerundete Kehrwert zu 1,06). Nach Miteinbeziehung der Gewichtung der beiden Parameter ergibt sich für den Subindex Gesundheit und Lebenserwartung insgesamt ein oberer Grenzwert von 0,980.[3]
In der Zusammenschau der vier Indizes ergibt sich so ein oberer Grenzwert (Limes superior) des Gender Gap Index von 0,9949:
Subindizes der D-A-CH-Länder
Die folgende Liste mit Ergebnissen des Global Gender Gap Report 2020 zeigt die vier Subindizes zu den drei D-A-CH-Ländern[1] mit jeweiligem Rang und Änderung seit dem ersten Report im Jahr 2006, hier mit dem führenden Island als Vergleich (in Grün):[2]
Laut dem Bericht Global Gender Gap Report 2020 zum Jahr 2019 beträgt der globale Gender-Gap zur Gleichstellung der Frau 31,4 % im Vergleich zur Stellung des Mannes (GGGI 0,686 von 1,000 = 99,5 Jahre bis zur Gleichstellung), mit unterschiedlichen Ausprägungen in den vier Lebensbereichen:
Die folgende Liste zeigt den GGGI und Gap sowie die Unterindizes in den 153 ausgewerteten Ländern mit ihrem weltweiten Durchschnitt (in Grau), den 8 Weltregionen (in Beige; Western Europe in Grün auf Rang 21: der Durchschnittswert von 22 Ländern in Westeuropa) und dem führenden Island (in Grün) – die drei D-A-CH-Länder[1] liegen auf HDI-Rang 10, Rang 34 und Rang 18:[4]
Der Report des Weltwirtschaftsforums unterscheidet nicht, ob Frauen den Männern in den einzelnen Punkten gleich- oder sogar bessergestellt sind. Für jeden der 14 Unterindizes des Global Gender Gap Index (GGGI) – beispielsweise Bildungsabschlüsse oder wirtschaftliche Teilnahme – werden Werte von 0 bis 1 gebildet. 1,000 bedeutet, dass Frauen die Gleichstellung zu Männern erreicht haben. Diese Idealnote wird jedoch auch vergeben, wenn Frauen die Männer in einem Bereich hinter sich lassen und diese somit benachteiligt sind. Daraus könnte sich ergeben, dass Frauen in einem Land ebenfalls als benachteiligt gälten, in dem sie in 9 von 10 Punkten besser abschneiden als Männer und nur in einem einzigen schlechter, weil durch die Deckelung der sich ergebende Durchschnittswert unter 1,000 liegt.[5]
Die Berechnungsmethode des GGGI hat auch zur Folge, dass auf Grund von Kriterien wie Lebenserwartung und Geschlechterverteilung bei Geburt im Bereich „Gesundheit“ der maximal erreichbare Wert bei 0,98 liegt. Dadurch hat ein Land keine Möglichkeit, in der Gesamtbewertung die Idealnote 1,000 (= Gleichstellung der Geschlechter mit 0 % Gender-Gap) zu erreichen, auch wenn in diesem Land Frauen den Männern gegenüber in allen Punkten besser gestellt wären.[5]
Die Psychologen Gijsbert Stoet von der Universität Essex und David Geary von der Universität Missouri kritisieren die Berechnungsmethodik des Global Gender Gap Index (GGGI) und stellen Anfang 2019 ihren Basic Index of Gender Inequality (BIGI) vor, der sich aus drei sozialen Indikatoren errechnet:
Dem BIGI zufolge leiden Männer in 91 Ländern unter Nachteilen, Frauen nur in 43 Ländern, meist in unterentwickelten Ländern in Afrika und Südasien. In den hoch entwickelten Industriestaaten hingegen zeigt der BIGI weitgehende Geschlechtergerechtigkeit mit leichten Vorteilen für Frauen.[6]
Vereinte Nationen:
CIA (World Factbook):
Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) zum GGGI 2020:
Besprechungen: