Schon im Alter von drei Jahren begann Garner Klavier zu lernen, indem er Musik von Schallplatten nachspielte. Mit sieben Jahren hatte er erste Auftritte und war als Mitglied der Kan-D-Kids (Candy Kids) im Radiosender KDKA zu hören. Später begann er in der Umgebung Pittsburghs, u. a. auf Flussdampfern auf dem Allegheny River, aufzutreten, wo er für Pianisten wie Fate Marable einsprang, wobei er jedoch im Schatten seines älteren Bruders Linton stand. Er war ein Klassenkamerad von Dodo Marmarosa und lernte während seiner Ausbildung an der Westinghouse HighschoolBilly Strayhorn kennen. 1937 begann er professionell aufzutreten; von 1938 bis 1941 spielte er im Orchester des Saxophonisten Leroy Brown. Als Solist spielte er in lokalen Bars wie dem Mercurs, in Stummfilmtheatern und auch sonntags als Kirchenmusiker.
1944 zog er nach New York City, wo er in den Jazzclubs der 52nd Street wie dem Three Deuces und dem Tondelayo's spielte und wo bald erste Aufnahmen des Pianisten im Apartment von Timme Rosenkrantz aufgenommen wurden, die später auf Blue Note veröffentlicht wurden. Er spielte bis 1945 – als Nachfolger von Art Tatum – im Trio und im Quartett von Slam Stewart und nahm einige 78er für Black & White Records auf. Im selben Jahr gründete er ein eigenes Piano-Trio, und es gelang ihm ein Hit mit Laura. 1947, als er mit Red Callender und Doc West in Los Angeles ein Trio bildete, begleitete er Charlie Parker auf dessen Cool Blues-Session (Dial Sessions). Im Mai 1948 konzertierte er mit seinem Trio im Pariser Théâtre Marigny.
1957 debütierte er mit dem Cleveland Orchestra; während der 1950er und 60er Jahre war er auch häufiger Gast in Fernsehshows, u. a. bei Ed Sullivan, Steve Allen, Jackie Gleason, Merv Griffin und Perry Como. Ende der 1960er Jahre war er Stargast auf dem International Television Festival in Montreux, für das er auch die Erkennungsmelodie komponiert hatte. Anfang der 1970er Jahre ging er auf Tourneen durch Südamerika und Fernost; 1973/74 trat er an der französischen Riviera bei Gala-Veranstaltungen auf. Bis in die 1970er Jahre hinein spielte Garner weiterhin Schallplatten ein; 1974 erschien das AlbumMagician. 1974/75 hatte er noch Auftritte mit Sinfonieorchestern in Washington D.C. und Honolulu.
Garner zog sich 1975 aus der Öffentlichkeit zurück, weil er an Lungenkrebs erkrankt war, und starb nach einem Erstickungsanfall an einem Herzstillstand am 2. Januar 1977 in Los Angeles.[3] Seine Grabstätte befindet sich auf dem Homewood Cemetery, Pittsburgh, Pennsylvania, USA.
Seine Musik
Erroll Garner kam nach Ansicht von Martin Kunzler von der Fats Waller/Count-Basie-Schule und vereinigte in seinem Spiel Elemente des Stride-Piano und des Bebop mit romantischen und barocken Momenten. „Mächtige Akkorde wechseln mit feinen melodischen Linien.“[1] Garner selbst meinte zu seinem orchestralen Stil:
„Es reizte mich immer wieder, auf meinem Instrument zu spielen, als musiziere eine Big Band – mit Riffs der Blechbläser, melodiösem Saxophonsatz, swingenden Soli und einer starken Rhythmusgruppe.“[1]
Garner besaß ein feines Ohr und verfügte über eine erstaunliche Technik, sowohl bei schnell swingenden Musikstücken als auch bei seinen Balladen, für die er besonders berühmt war (Misty). Garner pflegte mit der linken Hand uhrwerkartig regelmäßige Viertel zu spielen, während seine Rechte in halsbrecherisch perlenden Läufen und Arpeggien die Melodie einführte und dann in Improvisationen zerlegte. Die Melodie improvisierte er praktisch abgelöst vom Metrum, was durch das unabhängige Spiel von linker und rechter Hand möglich war. Seine Technik hatte er nicht nur am Jazz, sondern auch an der virtuosen Klaviermusik von Sergei Rachmaninow, Claude Debussy, Maurice Ravel, Frédéric Chopin und Franz Liszt geschult, obwohl er als Autodidakt keine Noten lesen konnte.
Ein Erkennungszeichen Garners waren seine ausufernd angelegten Einleitungen, die zahlreiche, oft humorvolle Anspielungen und Zitate aus verschiedenen Stücken aneinanderreihten. Minutenlang improvisierte er zunächst mit halsbrecherischer Virtuosität, bevor er dann zur Freude des Publikums zum eigentlichen Stück fand.
Trivia
Garner hat einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame (1960), er war auch über die Jazzszene hinaus sehr populär und trat häufig in TV-Shows auf.
Der von Garner komponierte Song Misty spielt eine maßgebliche Rolle in Clint Eastwoods Debütfilm als Regisseur Play Misty for Me (deutscher Titel Sadistico – Wunschkonzert für einen Toten) aus dem Jahre 1971: Dieser Song wird in einer Radioshow jeden Abend von einer Anruferin in der Instrumentalversion von Erroll Garner gewünscht.
Erroll Garner Collection Vol. 1 – Easy to Love (Emarcy, 1961–65) mit Eddie Calhoun, Kelly Martin
Ready Take One (Legacy, ed. 2016)
Campus Concert (Mack Avenue/Octave Music, 2019), mit Eddie Calhoun und Kelly Martin
Literatur
Ernst Burger: Erroll Garner. Leben und Kunst eines genialen Pianisten. Con Brio Verlagsgesellschaft, Regensburg 2006, ISBN 978-3-932581-81-6 (mit CD mit ausgewählten Aufnahmen 1946–1955)
James Doran: Erroll Garner. The most happy piano. Scarecrow Press, Metuchen, N.J. 1985, ISBN 0-8108-1745-4