Nordwestlicher Deister mit (vlnr) Rodenberger Höhe (333 m), Egge (355 m), Großem Hals (361 m, Fernmeldeturm Barsinghausen), NN (368 m) und Reinekensiekskopf (382 m, Nordmannsturm). Im Vordergrund Altenhagen II.Der Deister bei LauenauDeisterkamm mit Nienstedt
Lage
Der Deister liegt rund 20 km südwestlich von Hannover. Er erstreckt sich zwischen den Ortschaften Bad Nenndorf im Nordwesten, Barsinghausen im Norden, Wennigsen im Nordosten, Bennigsen im Osten, Springe im Südosten, Bad Münder im Süden, Eimbeckhausen im Südwesten und Lauenau sowie Rodenberg im Westen auf etwa 21 km Länge; seine Breite liegt im Mittel bei vier Kilometern. In südöstlicher Verlängerung schließt sich der Höhenzug des Kleinen Deisters an.
Der Deisterkamm ist bis zu 405 m hoch und wird etwa mittig vom 276,6 m[1] hohen Nienstedter Pass gequert. Zu den Bergen und Erhebungen des Höhenzugs gehören – sortiert nach Höhe in Meter (m) über Normalhöhennull (NHN), wenn nicht anders genannt laut:
Die nach Nordosten abdachende Hälfte des Deisters ist von ausstreichenden Sandsteinen, Schluffsteinen und Tonsteinen, zum Teil mit Einschaltungen von Steinkohle gekennzeichnet. Es sind die sogenannten Obernkirchen-Schichten (Wealden) der Unterkreide. Die nach Südwesten abdachende, morphologisch etwas steilere Hälfte ist von ausstreichenden Mergelsteinen, Tonsteinen und Kalksteinen gekennzeichnet. Es sind die sogenannten Münder Mergel des Oberen Juras. Weiter nach Südwesten schließen sich Kalksteine, der sogenannte „Eimbeckhäuser Plattenkalk“, an.
Deistersandstein wurde vom Mittelalter bis in die Neuzeit abgebaut und für Bauzwecke verwendet.
Natur
Fichten- und Buchenmischwald längs des DeisterkammwegesSüntelbuchen am Feggendorfer Grillplatz
Schutzgebiete
Auf den nordöstlich seines Hauptkamms liegenden Bereichen des Deisters befindet sich das LandschaftsschutzgebietNorddeister (CDDA-Nr. 323262; 1994 ausgewiesen; 55,99 km² groß), und auf den südwestlich gelegenen Bereichen liegt das dreiteilige LSG Süddeister (CDDA-Nr. 324902-4; 1967; 75,6 km²). Südwestlich dieses Kamms erstreckt sich das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Süntel, Wesergebirge, Deister (FFH-Nr. 3720-301; 24,97 km²),[1] das in der Region Hannover als Naturschutzgebiet Köllnischfeld ausgewiesen ist.
Flora und Fauna
Der Bergzug ist von einem Buchen-Fichten-, teilweise auch Buchen-Eichen-Forst bzw. -Mischwald bedeckt. An der Cecilienhöhe bei Bad Nenndorf, am Grillplatz Lauenau-Feggendorf und südwestlich vom ehemaligen Forsthaus Köllnischfeld stehen noch mehrere Exemplare der seltenen, hier heimischen Süntelbuchen.
Die staatlichen Forstreviere im Deister gehören zusammen mit denen im Kleinen Deister zum niedersächsischen Forstamt Saupark mit Sitz im Jagdschloss Springe und sind in die Revierförstereien Brünninghausen, Georgsplatz, Jägerhaus, Köllnischfeld, Lauenau und Osterwald aufgeteilt. Die Klosterforste Barsinghausen und Wennigsen gehören zur Klosterrevierförsterei Wülfinghausen.[6] Daneben existieren auch Privatforste wie die Knigge’sche Forst bei Bredenbeck.
Sehenswürdigkeiten
Der Deister liegt im Grenzbereich alter germanischer Gaue, mittelalterlicher Hoheitsgebiete und neuzeitlicher Landkreise. Daher sind in dem Höhenzug zahlreiche geschichtsträchtige Orte zu finden, die oftmals Wanderziele sind:
Etwa 200 frühgeschichtliche Hügelgräber, hauptsächlich im Rehborn und im Schneegrund
Nordmannsturm (19 m), Aussichtsturm auf dem Reinekensiekskopf, 1862/63 vom hannoverschen Maurer- und Steinhauermeister Constantin Nordmann (1805–1889) errichtet, 1881 durch Blitz zerstört, 1882 neu erbaut, 2000 renoviert – Zugang durch die Waldgaststätte Nordmannsturm
Radarstation der Deutschen Flugsicherung (DFS) auf dem Höfeler: Eine von bundesweit sechs SRE-M-Anlagen: Plattform 26 m hoch/mit Antenne 38,5 m, 1981/82 als Betonturm gebaut (Ersatz für eine alte Stahlgitterkonstruktion). Die Reichweite beträgt etwa 145 Nautische Meilen (NM), das entspricht 270 km.
Der Deister mit seinen zahlreichen Wirtschaftswegen ist ein beliebtes Ausflugsziel für Mountainbike-Fahrer aus ganz Norddeutschland.[7] Nachdem in den 2010er Jahren wegen der vermehrten Anlage von illegalen Trails im Wald Konflikte zwischen Mountainbikern, Waldbesitzern und Förstern aufkamen, gründete sich 2012 der Verein Deisterfreunde. Der Verein als Interessengemeinschaft der Mountainbiker betreibt in Zusammenarbeit mit der Region Hannover und den Niedersächsischen Landesforsten drei Downhill-Strecken, auf denen Mountainbiker offiziell fahren dürfen.[8] Mit der Corona-Pandemie verstärkte sich ab 2019 der Konflikt, da viele Menschen den Mountainbike-Sport für sich neu entdeckt hatten. Es entstanden zahlreiche unerlaubt angelegte Mountainbike-Trails, unter anderem über die historischen Wallanlagen der Heisterburg.[9] Die Zahl der illegal angelegten Trails schätzte die Region Hannover 2019 auf etwa 60.[10] 2023 schalteten die Klosterkammer Hannover und private Waldeigentümer die Polizei wegen eines illegalen Trails mit Rampen, Erdwällen und tiefe Rinnen ein.[11]
Die Hauptwege im Deister sind auch mit Trekkingrädern befahrbar. Bei Rennradfahrern erfreut sich der Nienstedter Pass großer Beliebtheit. Die steilste straßenähnlich ausgebaute Auffahrt zum Deisterkamm ist die in Springe beginnende Jägerallee mit einer maximalen Steigung von 15 Prozent. Eine Deisterüberquerung auf asphaltierter Strecke ist jedoch nicht möglich.
Wintersport
Im Deister bei Springe gibt es drei Skilifte. Weiterhin werden bei Köllnischfeld bei entsprechendem Wetter Loipen angelegt. Die Anlagen werden vom Ski-Club Springe e. V. gepflegt.
Segelfliegen
Bei Südsüdwestwind bilden sich am Deister Leewellen aus, in denen Segelflugzeuge bis in große Höhen in laminaremAufwind steigen können. Höhen von maximal 7000 m sind hier bereits ohne Motorkraft erflogen worden.[12]
Redensart
Die Redensart „der ist über den Deister“ kann für „verschwunden“, aber auch „verstorben“ stehen: Im norddeutschen Sprachgebrauch wird der Ausdruck „über den Deister gehen“ verwendet wie „den Bach herunter gehen“, „sich aus dem Staub machen“ oder auch „über den Jordan gehen“.
Einen Menschen, mit dem man nichts mehr zu tun haben will, würde man am liebsten „über den Deister schicken“, damit er endlich verschwindet.
Die Redensart entstand wahrscheinlich durch die Abwanderung vieler junger Leute aus dem südwestlich vom Deister gelegenen Schaumburger Land in die wachsende Stadt Hannover im 19. und frühen 20. Jahrhundert: Diese liegt „über’n Deister“ auf der nordöstlichen Seite des Höhenzugs. Umgekehrt war es üblich, dass hochverschuldete Hannoveraner „über den Deister“ in die Grafschaft Schaumburg flohen, um ihren Gläubigern zu entgehen. Eine andere Theorie aus dem Touristikbereich vermutet, dass die Redensart durch Menschenopfer an der Alten Taufe entstand. Es ist jedoch historisch umstritten, ob an dem Stein tatsächlich Menschenopfer stattgefunden haben.
Eine weitere Theorie ist auf die Ortschaft Nienstedt im Deister zurückzuführen. Die Flächen der Gemarkung Nienstedt wurden im Zeitraum zwischen etwa 1200 bis 1700 von Mönchen des Klosters Barsinghausen gerodet. Die Nienstedter sind deshalb kirchlich seit jeher zu Barsinghausen gehörig, besaßen aber viele Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte keinen eigenen Friedhof. Also mussten die Verstorbenen zur Beerdigung mühsam „über den Deister“ gebracht werden.
Verkehr und Wandern
Nienstedter Pass (276,6 m)Deister, Jägerallee zwischen Springe und Deisterkamm; Richtung Deisterkamm (links), Richtung Springe (rechts)Radtourenweg „Deisterkreisel“, Beschilderung
Calenberger Weg (Bad Nenndorf-Marienburg), verläuft von Bad Nenndorf zunächst auf der Nordseite, überquert den Deister am Taternpfahl und verlässt ihn in Völksen
Roswithaweg (Nienburg-Bad Gandersheim), verläuft auf der Südseite
Kansteinweg (Hannover-Alfeld), überquert den Deister an der Wöltjebuche
Deisterkreisel, Radtourenweg, der um den Großen Deister herumführt
Literatur
Naturhistorische Gesellschaft Hannover (Hrsg.): Der Deister – Natur • Mensch • Geschichte. (= Naturhistorica. Berichte der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover. Band 131). zu Klampen Verlag, Springe 2017, ISBN 978-3-86674-545-2.
Peter Meyer, Katja Lorenz, Andreas Mölder, Roland Steffens, Wolfgang Schmidt, Thomas Kompa, Anne Wevell von Krüger: Naturwälder in Niedersachsen. Schutz und Forschung. Band 2 – Niedersächsisches Bergland. Leinebergland-Druck, Alfeld 2015, ISBN 978-3-00-050091-6.
Udo Mierau: Unterwegs im Deister-Süntel-Tal. Fürsten Mirski-Verlag – Udo Mierau, Springe 2000, ISBN 3-00-006589-X.
Günther Klapproth: Gedenksteine im Deister. Cadmos-Verlag, Schwarzenbek 2003, ISBN 3-7842-0664-6.
Horst Krenzel: Erinnerungen an den Steinkohle-Bergbau im Deistergebirge. Geiger-Verlag, Horb 1999, ISBN 3-89570-195-5.