Scarborough war eines von drei Kindern und der älteste Sohn des Hartforder Kaufmanns und Rechtsanwalts Jared Scarborough (1781–1816) aus dessen Ehe mit Mary Anne Woolsey (1793–1871), Tochter von William Walton Woolsey (1766–1839), des Präsidenten der Boston and Providence Railroad, und Enkelin des Predigers Jonathan Edwards. Seine Geschwister starben jeweils kurz nach der Geburt. Nach dem Tod seines Vaters zog die Mutter mit ihrem Kleinkind nach New Haven, wo sie in zweiter Ehe ab 1819 mit dem Rechtsanwalt George Hoardly (1781–1857, 1822–1826 Bürgermeister von New Haven, 1846–1848 Bürgermeister von Cleveland, Ohio) verheiratet war. Aus der zweiten Ehe seiner Mutter entstammte sein Stiefbruder George Hoadly.[1]
Nach der Schule und einer Tätigkeit in einem New Yorker Warenhaus engagierte ihn sein Großvater 1832 bei der Boston and Providence Railroad als Angestellten für Aktiengeschäfte. Für die Firma Goodhue & Company ging er 1836 nach China. Von 1837 bis 1843 war er als Kaufmann in Mazatlán in Mexiko tätig. Zwischen 1846 und 1849 siedelte er sich in Cincinnati an, wo er als Partner des Warenhaus-Firma Springer & Whiteman bis 1860 ein Vermögen machte, ehe er sich dem Bankengeschäft zuwandte. Er wurde Präsident der Bank of Ohio Valley und der Third National Bank. 1870 trat er aus diesen Ämtern zurück und wurde Präsident einer Gasgesellschaft, dann Direktor der Baltimore and Ohio Railroad, ferner Direktor und Anteilseigner der Mississippi and Ohio Railroad. 1884 bezifferte die Zeitung The Cincinnati Enquirer sein Vermögen auf „vielleicht drei Millionen Dollar, hauptsächlich angelegt in Immobilien“.[2]
Scarboroughs Bedeutung für Cincinnati lag auch in seiner Rolle als Mäzen und Kunstsammler.[3][4] Dort war er Mitglied der Western Art-Union[5] und konnte durch seinen Sachverstand dazu beitragen, dass die steuerlichen Probleme, in die der Kunstverein durch Managementfehler geraten war, 1852 gelöst wurden. Scarborough schätzte vor allem romantische Landschaften von amerikanischen und deutschen Malern. Von dem Maler Thomas Cole besaß er etwa die Gemälde View Across Frenchman’s Bay From Mt. Desert Island After a Squall und Elijah Fed By the Ravens. Den jungen Maler Worthington Whittredge förderte er mit einem Kredit von 1000 Dollar, damit er ihm beim Aufbau einer Kollektion von Landschaftsgemälden der Düsseldorfer Malerschule half.[6] Whittredge, der etwa auch dem Sammler Joseph Longworth als Unterhändler diente, erwarb für Scarborough zu Anfang der 1850er Jahre Gemälde von August Leu, Alexander Michelis, Hans Fredrik Gude und Carl Friedrich Lessing.[7]
Scarborough heiratete am 17. April 1844 in Zanesville, Ohio, Sarah Van Beuren (1822–1902), die zwischen 1849 und 1865 fünf Söhne und drei Töchter gebar. Scarborough bewohnte ein Herrenhaus in East Walnut Hills, Cincinnati, und starb im Alter von 82 Jahren. Er wurde auf der Familiengrabstätte in der Spring Grove Cemetery in Cincinnati beerdigt.
Literatur
Study for William Woolsey Scarborough. In: Julie Aronson, Marjorie E. Wieseman: Perfect Likeness. European and American Portrait Miniatures From the Cincinnati Art Museum. Ausstellungskatalog (Cincinnati Art Museum, Columbia Museum of Art), Yale University Press, 2006, ISBN 0-300-11580-6, S. 81 f. (Google Books).
↑Benjamin W. Dwight: The History of the Decendants of John Dwight of Dedham, Mass. Band 1, John F. Trow & Sons, New York 1874, S. 250 f. (Google Books)
↑Men of Millions. In: The Cincinnati Enquire, Ausgabe vom 20. Juli 1884 (Digitalisat)
↑Fine Arts: Provate Galleries in Cincinnati – the Collections of Messrs. Scarborough, Anderson and Baker. In: Cincinnati Commercial Gazette, Ausgabe vom 8. November 1868, S. 1
↑Cincinnati Art Galleries: Collection of W. W. Scarborough. In: Cincinnati Daily Gazette, Ausgabe vom 24. Juni 1868, S. 1
↑Jane Aldrich Dowling Adams: A Study of Art Unions in the United States of America in the Nineteenth Century. Masterarbeit, Virginia Commonwealth University, Richmond/Virginia 1990, S. 120 (PDF)
↑John I. H. Baur (Hrsg.): The Autobiography of Worthington Whittredge, 1820–1910. In: Theodore D. Starr Jr. (Hrsg.): Brooklyn Museum Journal, 1942, Brooklyn Institute of Arts and Sciences, Brooklyn Museum Press, Brooklyn/NY 1942, S. 18 (Digitalisat)
↑Sabine Morgen: Die Ausstrahlung der Düsseldorfer Schule nach Amerika. Düsseldorfer Bilder in Amerika und amerikanische Maler in Düsseldorf (= Göttinger Beiträge zur Kunstgeschichte, Band 2). Dissertation Freiburg im Breisgau 2001, Edition Ruprecht, Göttingen 2008, S. 590 f., Fußnote 726
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