Ein Werwolf (von germanischwer ‚Mann‘; niederländischweerwolf, altenglischwer[e]wulf, in den skandinavischen Sprachenvarulv) ist in Mythologie, Sage und Dichtung ein Mensch, der sich in einen Wolf verwandeln kann. Als Phänomen gehört die Verwandlung von Menschen in Wölfe, die Lykanthropie (von altgriechischlýkos: ‚Wolf‘, ἄνθρωπος ánthrōpos: ‚Mensch‘), zum großen Komplex der Wertiere (Therianthropie), der sich in Religion und Mythologie weltweit findet. Die Beschreibungen von Werwölfen variieren je nach Zeit und Ort; einige Details moderner Werwolferzählungen kamen erst im 20. Jahrhundert hinzu.
Berichte über Lykanthropie kommen in allen Epochen der abendländischen Kulturgeschichte vor.[1] Bereits Zwitterwesen in Höhlenmalereien oder als Skulpturen lassen sich entsprechend interpretieren, könnten aber auch Hundsköpfige darstellen. Das älteste schriftliche Zeugnis ist das Gilgamesch-Epos, in dem die Göttin Ištar einen Schäfer in einen Wolf verwandelt (Tafel 6, Vers 58–61).
Antike
Nach Herodot könnten Berichte der Skythen über die Neuren, ein nördliches Nachbarvolk, eine Quelle des Mythos sein:
„[D]ie Skythen und die im Skythenland wohnenden Hellenen behaupten, jährlich einmal verwandle sich jeder der Neuren für wenige Tage in einen Wolf und trete dann wieder in den menschlichen Zustand zurück.“[2]
Aus der griechischen Literatur und den Metamorphosen des Ovid ist der griechische König Lykaon bekannt, der von Zeus in einen Wolf verwandelt wurde, da er und seine Söhne dem Gott Menschenfleisch vorsetzten. Petronius Arbiter, ein Satiriker des 1. Jahrhunderts, erzählte im Gastmahl des Trimalchio von einem Mann, der sich bei Vollmond in einen Werwolf verwandelt.[3] Sein Zeitgenosse Plinius der Ältere berichtet in seiner Naturalis historia die von ihm selbst für unwahrscheinlich gehaltene Geschichte, ein Olympioniken namens Demaenetus habe nach einem Menschenopfer für Jupiter Lycaeus von dem Fleisch des getöteten Kindes gekostet und danach für zehn Jahre als Wolf gelebt, bevor er wieder als Faustkämpfer erfolgreich war.[4]
Altnordische Literatur
In der altnordischen Literatur kommen Werwölfe in verschiedenen literarischen Gattungen vor.[5] In der altisländischenEgils saga wird vom Großvater Egils berichtet, dass er ein Werwolf sei und daher den Namen Kveldulf (‚Abendwolf‘) erhalten habe:
„En dag hvern, er að kveldi leið, þá gerðist hann styggur, svo að fáir menn máttu orðum við hann koma; var hann kveldsvæfur. Það var mál manna, að hann væri mjög hamrammur; hann var kallaður Kveld-Úlfur.“
„Aber jedes Mal, wenn es zum Abend ging, wurde er so unwirsch, dass nur wenige Leute mit ihm ins Gespräch kamen. Beim Dunkelwerden pflegte er schläfrig zu werden. Man erzählt sich, dass er des Nachts häufig in verwandelter Gestalt umging. Die Leute nannten ihn Abend-Wolf.“[6]
Auch in der Völsunga saga ist von Werwölfen die Rede. Sigmund lebt mit seinem Sohn Sinfiötli im Wald, und beide verwandeln sich zeitweise in Wölfe. Diese Überlieferung ist noch in Richard Wagners Oper Die Walküre angedeutet, für deren Inhalt die Völsunga saga eine wesentliche Quelle ist. In dieser Oper erzählt Siegmund von seinem Leben im Wald mit seinem Vater. Er nennt seinen Vater dabei „Wolfe“, und von sich selbst zusammen mit seinem Vater spricht er sogar als Wolfspaar. Beim Bericht über den Verlust des Vaters heißt es:„Eines Wolfes Fell nur traf ich im Forst: leer lag das vor mir, den Vater fand ich nicht.“
Nicht klar abgegrenzt von Werwölfen sind die Wolfskrieger, die in der altnordischen Literatur neben den Berserkern auftauchen und auch durch Abbildungen auf archäologischen Fundstücken aus Skandinavien und Deutschland bekannt sind.[7] Im Mittelalter galt sie als Gottesstrafe und erblicher Fluch für schwere Verbrechen, der durch Sühnehandlungen aufgehoben werden konnte.[1]
Mittelalter und Frühe Neuzeit
In höfischen Romanen des zwölften Jahrhunderts werden Werwölfe positiv gezeichnet: Es handelt sich um Menschen, die durch Schadenzauber oder die List einer Frau in eine Bestie verwandelt verwandelt werden. In der Frühen Neuzeit werden Werwölfe dagegen stets negativ dargestellt, da ihre Verwandlung in verschiedenen Sagen auf einen Teufelspakt zurückgeführt wird.[8]
François Rabelais (1494–1553) erzählt in seinem Romanzyklus Gargantua und Pantagruel von dem schrecklichen Loup Garou (in der deutschen Übersetzung „Wärwolf“), der für Chaos, Unordnung und Unvernunft steht.[9]Olaus Magnus betonte im 16. Jahrhundert in seinem Werk Historia de gentibus septentrionalibus (‚Geschichte der nördlichen Völker‘) es gebe im Norden sehr wohl Menschen, die sich bei Vollmond in Wölfe verwandelten. Diese brächen in die Häuser von Menschen ein und verzehrten deren Vorräte. An der Grenze zwischen ihrer eigentlichen Heimat Litauen und Kurland hätten sie eine Mauer errichtet, bei der sie sich jedes Jahr versammelten und ihre Kraft dadurch zeigten, dass sie darüber sprängen. Wer zu fett sei, diese Probe zu bestehen, werde von den übrigen verhöhnt. Auch Adlige und Vornehme gehörten dazu. Nach einigen Tagen würden sie sich wieder in normale Menschen zurückverwandeln.[10]
Im Zuge der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen wurden auch zahlreiche Männer vor Gericht gebracht und hingerichtet. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen wurde der Werwolfverwandlung bezichtigt, vor allem Hirten. Nach einer Reihe von Verfahren im Herzogtum Burgund fand 1589 in Bedburg bei Köln der in der Kriminalgeschichte bekannteste Werwolfprozess statt: Dem Bauern Peter Stump (1525–1589) wurden neben der Verwandlung in einen Wolf und dem Teufelspakt auch Inzest und Vergewaltigung vorgeworfen. Am 31. Oktober 1589 wurde er gerädert und anschließend enthauptet.[11]
In Werwolfprozessen spielte häufig die aggressive Sexualität der Angeklagten eine Rolle: Neben ihrer angeblichen Lykanthropie wurde ihnen etwa Ehebruch vorgeworfen. Frauen, die als Werwölfinnen angeklagt waren, wurden dabei zudem beschuldigt, Geschlechtsverkehr mit dem Teufel gehabt zu haben. In den Prozessen ging es häufig auch um den Vorwurf der Hexerei.[12] Ein wiederkehrender Topos in diesen Prozessen ist eine Salbe, die der Angeklagte vom Teufel oder von anderen Personen erhalten haben soll, mit der er sich in einen Wolf verwandeln konnte.[13] Solche Prozesse traten meist wellenförmig in Gegenden auf, die unter einer Wolfsplage litten, z. B. die Franche-Comté und der französische Jura, der Hunsrück, der Westerwald und das Nassauer Gebiet. In der zumeist populärwissenschaftlichen Literatur ist häufig von ca. 30.000 Werwolfangriffen bzw. 30.000 Werwolfprozessen (in einem Zeitraum zwischen 1520 und 1630 und meistens in Frankreich) die Rede, doch ist diese Zahl historisch nicht belegt. Sie wird von Fachleuten in Sachen Hexen- und Werwolfprozesse als publikumswirksame Spekulation abgelehnt. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gestanden mehrere der Hexerei bezichtigte Menschen unter Folter, auf Werwölfen geritten zu sein.[1]
1691 musste sich ein etwa 86-jähriger lettischer Bauer namens Thiess wegen Lykanthropie nach einer Denunziation vor dem Amtsgericht in Jürgensburg verantworten. Zur Verblüffung der Richter gestand er, ein Werwolf zu sein, auch wenn er diese Praxis aber schon zehn Jahren zuvor aufgegeben habe. Gleichzeitig widersprach er der dämonologischen Werwolf-Theorie seiner Zeit: Seine Artgenossen und er seien durchaus nicht mit dem Teufel im Bunde, sondern bekämpften ihn und seine Zauberer vielmehr und mehrten Wohlstand und Fruchtbarkeit im Lande. Die Richter hielten Thiess für senil oder dement und verurteilten ihn lediglich zu einer Körperstrafe.[14]
Die meisten Fallberichte von Menschen, die Gestalt von Wölfen angenommen haben sollen, finden sich in moralisierenden Werken werden, die vor den Mächten der Finsternis warnen wollten und daher deren Fallstricke schilderten. Dies lässt sich etwa anhand des Werks De Magorum Daemonomania des französischen Staatstheoretikers Jean Bodin (1530–1596) zeigen, in der er die Fälle mehrerer namentlich genannter Franzosen ausbreitet, die sich in Wölfe verwandelt und über Tiere und Menschen, oft auch Kinder, hergefallen sein sollen. Dabei betont er, dass die Verwandlungen physisch real und nicht nur Einbildung seien. Ähnliches schrieben der deutsche Abt Johannes Trithemius (1462–1516) oder der kurmainzische Chronist Heinrich Kornmann (1570–1627).[15] Viele frühneuzeitliche Juristen und Theologen glaubten aber nicht wirklich daran glaubten, dass sich die geständigen Menschen tatsächlich in Wölfe verwandelt hatten. Eine solche Möglichkeit hatte der KirchenvaterAugustinus von Hippo im 18. Buch von De civitate Dei explizit ausgeschlossen, ebenso der Canon episcopi. Sie erklärten sich die Phänomene mit der Fähigkeit des Teufels, die Selbst- und Fremdwahrnehmung der Menschen zu manipulieren und sie zu täuschen. Weil sich die Betroffenen damit aber eines Pakt mit dem Teufel schuldig gemacht, sich die Verwandlung gewünscht oder gar den Teufel zu Tötungshandlungen angestiftet hätten, wurden sie dennoch verurteilt.[16] 1508 hielt der Theologe Johann Geiler von Kaysersberg in Straßburg eine Fastenpredigt, in der er Werwölfe als Ausgeburten der Hölle und als Gottesstrafe darstellte. Dass Menschen sich in Wölfe verwandelten, tat er aber als Hirngespinst ab.[17] Der deutsche Philosoph Jakob Thomasius (1622–1684) hielt die Verwandlungen für Einbildungen, die der Teufel den betroffenen Menschen eingeben würde. Weil dadurch aber die Schwierigkeit entstand, dass die realen Verbrechen nicht durch bloße Einbildungen erklärt werden konnten, hielt er es gleichzeitig für möglich, dass der Teufel dabei Tierhäute oder ähnliche Hilfsmittel aus der physischen Welt benutzt haben könnte.[18]
Seit der Spätantike boten einige Ärzte auch rationalere Erklärungen an: Für sie war Lykanthropie eine Krankheit, die auf ein Ungleichgewicht der vier Körpersäfte zurückzuführen sei. Als Therapie empfahlen sie eine Kur aus Milchspeisen oder Opium. Seit dem 16. Jahrhundert findet sich auch die Diagnose Geisteskrankheit.[19]
Volksglaube
Im Volksglauben und in Volkssagen wird in sehr unterschiedlichen Variationen von Werwölfen erzählt. So heißt es, dass Menschen vom Teufel einen Gürtel aus Wolfsfell erhalten haben sollen, mit dessen Hilfe sie sich verwandeln konnten. Nach der weitgehenden Ausrottung der Wölfe in Deutschland ist in den Sagen nurmehr von einem Lederriemen die Rede.[20] Dieses Motiv findet sich etwa in einer Sage, die die Gebrüder Grimm 1816/1818 in ihre Sammlung Deutsche Sagen aufnahmen.[21] In Ungarn wurde erzählt, ein Schäfer, dem sein Herr Unrecht antat, würde ihm als Werwolf erscheinen.[22] Von Selbstmördern, Zauberern und anderen für böse gehaltenen Menschen heißt es, sie müssten nach ihrem Tod als Werwolf spuken.[23] Es wird auch erzählt, wer in den zwölf Nächten geboren sei, würde sich später in einen Werwolf verwandeln.[24] Laut einer alemannischen Sage wurde ein junger Mann, der mit dem Teufel im Bunde gestanden habe, in einen Werwolf verwandelt worden, nachdem er zwei Schweine sodomisiert habe.[25]
Auch die Mittel der Werwolfabwehr variieren stark: Angeführt werden das Schlagen mit dem Stock, das Nennen seines Namens, Beschimpfungen und die Entfernung der Zaubersalbe, die seine Verwandlung in das Raubtier bewirkte: Dadurch soll sich der Werwolf jeweils in einen Menschen zurückverwandeln.[26] Im deutschen Aberglauben wird teilweise empfohlen, aus Leichenteilen Neugeborener eine Salbe herzustellen, mit der die Rückverwandlung erzwungen werden könne.[27] Auch ist überliefert, ein Werwolf in Menschengestalt werde entlarvt, indem man ihn dreimal umkreise.[28] Er könne durch eine Kugel, in die das Kreuzzeichen eingeritzt sei, getötet werden.[29] Die verbreitete Vorstellung, die Kugel müsse aus ererbtem Silberkugel sein, findet sich im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm.[30]
Der Aufhocker ist eine Variante der Werwolffigur, die sich vor allem im Rheinland, in Westfalen, Lippe, in den Niederlanden und in Belgien findet. Er wird hier auch Kludde oder Stüpp genannt und springt seinen Opfern auf den Rücken, lässt sich nicht mehr abschütteln und wird dabei immer schwerer.[31] In diesen Gebieten ist auch die Wandersage vom Werwolfgatten bzw. -liebhaber verbreitet: In einer deutschen Variante handelt sie von einem Ehemann, der seine Frau verlässt, als Werwolf zurückkehrt, ihr ein Stück aus der Schürze oder dem Rock beißt und nach seiner erneuten Rückkehr in menschlicher Gestalt an dem Stofffetzen identifiziert wird, der er noch zwischen den Zähnen hat. In der flämisch-niederländischen Variante handelt es sich um den Liebhaber der jungen Frau, der er vor seiner Verwandlung rät, wenn sich etwas Gefährliches nähere, ihre Schürze hinzuwerfen. In dieser Variante stirbt die junge Frau nach der Aufdeckung des Werwolfs. In Norddeutschland ist die Variante verbreitet, wo ein Landarbeiter sich in einen Wolf verwandelt und Vieh reißt, während er glaubt, dass seine Kameraden schlafen.[32] In diesen Sagen ist der Werwolf immer männlich.[33]
Bezug zum Vampirismus
Der im 17. und frühen 18. Jahrhundert auftretende verjüngte Vampirismus wird oft als Fortsetzung der Lykanthropie angesehen. Die Verwandtschaft zwischen Werwolf und Vampir wird in der Bezeichnung „wudodalak“ in allen seinen Unterarten deutlich. Das in griechischen und slawischen Sprachen gleichermaßen für Werwolf und Vampir gebräuchliche Wort vrykolakas bedeutet wolfhaarig. In Serbien lautet es „vukodlak“, in Polen „wilkolak“, in Bulgarien und Slowenien „vrkolak“ und in Belarus heißt es „wawkalak“. In Vampirsagen verwandelt sich der zum Werwolf mutierte Mensch nach seinem Tod in einen Vampir, eine umgehende Leiche.[34] Während der Vampir in der Popkultur meist als Aristokrat dargestellt wird, erscheint der Werwolf als sein proletarisches Pendant.[30]
Erklärungsansätze
Behauptungen, der Begriff habe Menschen beschrieben, die an einer extremen Form der „Wolfskrankheit“, dem Systemischen Lupus Erythematodes (SLE), litten, sind nicht belegt. Eine übermäßige Gesichtsbehaarung tritt bei Hypertrichose auf. Eine Krankheit mit verschiedenen Erscheinungsformen, die unter Umständen Werwölfen zugeschriebenen Eigenschaften ähneln, ist Porphyrie.[35]
Tollwutkranke seien für Werwölfe gehalten worden, da hier die Infektion häufig durch den Biss eines Tieres erfolgt.[36] Die Symptome dieser Krankheit passen zur Beschreibung von Werwölfen: Anfälle, bei denen der Erkrankte wild um sich zu beißen beginnt, Angst vor Wasser, aber gleichzeitig starker Durst, was zu spastischen Schluckkrämpfen führt etc. Berichte über Menschen, die sich wie Wölfe aufführten und heulten und auf allen vieren herumkrochen, lassen sich auch begreifen als Schilderungen von Menschen mit einer individuellen Psychose oder von Ereignissen (vielleicht Ritualen im Rahmen von bäuerlichen Feldkulten), die von den Gelehrten in ihren Studierstuben nicht verstanden und deshalb in ein vorhandenes, den Mythen entnommenes Interpretationsmuster gepresst wurden, nämlich die arkadische Wolfsverwandlung. Versuche von Medizinern (z. B. Rudolf Leubuscher: Über die Werwölfe und Tierverwandlungen im Mittelalter, Berlin 1850) und Volkskundlern (z. B. Richard Andree) des 19. Jahrhunderts, aus den spärlichen und oft auch verzerrten Darstellungen ein genau umrissenes Krankheitsbild herauszufiltern, waren zum Scheitern verurteilt. Heutzutage spricht man von einer Form der Geisteskrankheit, ohne dass Mediziner oder Psychiater sich einig sind über Krankheitsbild, Symptome und vor allem über die Ursachen. Mitunter dient der Begriff nur der Beschreibung einer Psychose oder der ihr spezifischen Symptomatik, die entweder aus Mangel an einem geeigneten Namen oder auch aus Sensationslust als Lykanthropie etikettiert werden. Auch Fälle, in denen Wölfe oder andere Raubtiere Menschen angriffen, wurden bisweilen Werwölfen zugeschrieben, so der Wolf von Ansbach oder die Bestie des Gévaudan.
Kulturwissenschaftlich werden die verschiedenen Erzählungen über Menschen, die sich in Wölfe verwandeln, als Metapher für seine animalischen Anteile, namentlich Gewalttätigkeit und Sexualität, verstanden.[30][37]
Moderne Werwolfdarstellungen
Der Werwolf gehört heute zu den typischen Figuren der Horrorliteratur und des Horrorfilms.[30] Zu den Klischees, die durch volkskundliche Überlieferungen nicht gestützt werden, gehört dabei die Verwandlung eines Menschen, der von einem Werwolf verletzt worden ist. Sowohl die Akten der frühneuzeitlichen Prozesse als auch die unzähligen Sagen aus verschiedenen Teilen Europas sprechen einheitlich davon, dass die Opfer von Werwolfattacken zerrissen und teilweise auch gefressen wurden. Von einer auf den Angriff folgenden Verwandlung in einen Wolf ist erstmals in Curt Siodmaks Drehbuch zum HollywoodfilmDer Wolfsmensch (1941) die Rede.
Das heutige westliche Bild des Werwolfes wurde vor allem durch Filme geprägt. Wolf Blood: A Tale of the Forest von 1925 gilt als der älteste erhaltene Werwolffilm. Der Wolfsmensch (1941) gilt als Klassiker des Subgenres. Weitere bekannte Filme zum Thema sind Der Werwolf von Washington(1973), American Werewolf (1981) und Wolf – Das Tier im Manne (1994). In der ab 2003 entstandenen Underworld-Filmreihe herrscht Krieg zwischen Werwölfen und Vampiren.
In Werwolffilmen wie Der Tod hat schwarze Krallen (1957), Das Tier (1981), Teenwolf (1985), Ginger Snaps – Das Biest in Dir (2000) oder Verflucht (2005) ist die unheimliche Verwandlung des Körpers des Protagonisten ein immer wiederkehrendes Klischee. Er kann sie nicht kontrollieren und bekommt dabei Haare an Stellen, wo vorher keine waren. Typischerweise findet diese Metamorphose vor einem Badezimmerspiegel statt, weshalb der Kulturwissenschaftler Arno Meteling hier Assoziationen zum Unbehagen Jugendlicher gegenüber den Veränderungen ihres Körpers in der Pubertät sieht.[38]
In dem KartenspielDie Werwölfe von Düsterwald sollen mithilfe von diversen Spezialrollen und den Dorfbewohnern die Werwölfe ausgerottet werden, bevor diese die anderen Mitspieler töten.
Hermann von Bruiningk: Der Werwolf in Livland und das letzte im Wendenschen Landgericht und Dörptschen Hofgericht i. J. 1692 deshalb stattgehabte Strafverfahren, In: Mitteilungen aus der livländischen Geschichte 22 (1922–1928), S. 163–220.
Chantal Bourgault du Coudray: The Curse of the Werewolf. I.B.Tauris & Co. Ltd, New York 2006, ISBN 1-84511-157-5.
Eva Hackenbroch: Die Lykanthropie. Mythos, Aberglaube, Krankheit. Ein Beitrag zur Geschichte psychopathologischer Begriffe. Med. Diss. Köln 1968.
Arno Meteling: Werwolf, der. In: Christian Kassung, Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.): Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012, ISBN 978-3-7705-5454-6, S. 438–442.
Jan Niklas Meier: Verwandlungen. Der Werwolf in der neueren deutschen Phantastik. Oldib, Essen 2015, ISBN 978-3-939556-50-3.
Nadine Metzger: Wolfsmenschen und nächtliche Heimsuchungen. Zur kulturhistorischen Verortung vormoderner Konzepte von Lykanthropie und Ephialtes. Gardez, Remscheid 2011, ISBN 978-3-89796-233-0.
Sabine Richter: Werwölfe und Zaubertänze. Vorchristliche Vorstellungen in Hexenprozessen der frühen Neuzeit. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2004, ISBN 3-631-51386-0 (zugl. Phil. Diss., Univ. Gießen, 1998)
Harry Anthony Senn: Were-Wolf and Vampire in Romania. (= East European Monographs; Band 99). Boulder, New York 1982, ISBN 0-914710-93-1.
Homayum Sidky: Witchcraft, lycanthropy, drugs, and disease: an anthropological study of the European witch-hunts (= American university studies: Series 11, Anthropology and sociology; Band 70). Lang, New York u. a. 1997, ISBN 0-8204-3354-3.
Christian Stiegler: Vergessene Bestie – Der Werwolf in der deutschen Literatur (= Wiener Arbeiten zur Literatur, Bd. 21, hrsg. v. Wendelin Schmidt-Dengler) Braumüller-Verlag, Wien 2007 (basierend auf der fast gleichlautenden Diplomarbeit Stieglers an der Uni Wien 2006), ISBN 978-3-7003-1598-8.
↑Historien des Herodot IV, 105, referiert bei Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, ISBN 978-3-8376-7448-4, S. 100.
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 99 f.
↑Plinius, Naturalis historia VIII, 82, referiert bei Arno Meteling: Werwolf, der. In: Christian Kassung, Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.): Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012, ISBN 978-3-7705-5454-6, S. 438–442, hier S. 440.
↑Vgl. Aðalheiður Guðmundsdóttir: The Werewolf in Medieval Icelandic Literature. In: Journal of English and Germanic Philology. Band106, Nr.3, 2007, S.278, JSTOR:27712657 (englisch).
↑Felix Niedner (Hrsg./Übers.): Die Geschichte vom Skalden Egil. Eugen Diederichs, Jena 1911, Kap. 1.
↑Vgl. Aðalheiður Guðmundsdóttir: The Werewolf in Medieval Icelandic Literature. In: Journal of English and Germanic Philology. Band106, Nr.3, 2007, S.282, JSTOR:27712657 (englisch).
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 100.
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 109.
↑Wiedergegeben auf S. 173f. in Britt-Mari Näsström: Bärsärkarna. Vikingatidens Elitsoldater, Stockholm 2006 (schwedisch).
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 110 f.
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 115 f.
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 122, 125, 128 u.ö.
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 111 f.
↑Bernd Roling: Schlafwandler und Werwölfe. Frühneuzeitliche Konfrontationen mit dem Menschen außer sich. In: Matthias Pohlig, Barbara Schlieben (Hrsg.): Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, ISBN 978-3-8353-5235-3, S. 185–210, hier S. 186 f.
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 114 f.
↑Bernd Roling: Schlafwandler und Werwölfe. Frühneuzeitliche Konfrontationen mit dem Menschen außer sich. In: Matthias Pohlig, Barbara Schlieben (Hrsg.): Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, S. 185–210, hier S. 193 f.
↑Bernd Roling: Schlafwandler und Werwölfe. Frühneuzeitliche Konfrontationen mit dem Menschen außer sich. In: Matthias Pohlig, Barbara Schlieben (Hrsg.): Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, S. 185–210, hier S. 195–198.
↑Willem de Blécourt: „I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In: Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 23.
↑Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 9, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 574, s. v. Wiedergänger
↑Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 1166, s. v. Leichenzug
↑Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 9, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 992, s. v. Zwölften.
↑Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 9, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 749 f., s. v. Wolf
↑Eva Labouvie: „Gauckeleyen“ und „ungeziemende abergläubische Seegensprüchereyen“. Magische Praktiken um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. In: Eva Kreissl (Hrsg.): Kulturtechnik Aberglaube. Zwischen Aufklärung und Spiritualität. Strategien zur Rationalisierung des Zufalls. transcript, Bielefeld ISBN 978-3-8376-2110-5, S. 271–298, hier S. 284.
↑Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1932/1933, Sp. 475, s. v. Kreis.
↑Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1932/1933, Sp. 545, s. v. Kreuzzeichen.
↑ abcdArno Meteling: Werwolf, der. In: Christian Kassung, Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.): Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012, S. 438–442, hier S. 440.
↑Willem de Blécourt: „I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In: Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 26 ff.
↑Willem de Blécourt: „I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In: Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 28–31.
↑Willem de Blécourt: „I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In: Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 32.
↑Markus Heitz: Vampire! Vampire! – Alles über Blutsauger. Piper Verlag, München 2008. S. 136–137
↑Norbert Finzsch: Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 130–133.
↑Ähnlich Willem de Blécourt: „I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In: Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 32–40.
↑Arno Meteling: Werwolf, der. In: Christian Kassung, Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.): Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012, S. 438–442, hier S. 441.