Dieser Artikel behandelt „Unendlichkeit“ und „Unendlich“ in der Philosophie. Zu anderen Bedeutungen siehe Unendlichkeit (Begriffsklärung).
Der BegriffUnendlichkeit bezeichnet die Negation bzw. Aufhebung von Endlichkeit, weniger präzise auch deren Gegenteil. Sein mathematisches Symbol ist das Unendlichzeichen. Theoretisch beschreibt der Begriff „unendlich“ ein Objekt (z. B. eine Kugel) oder einen Vorgang ohne Ende bzw. Schluss, aber möglicherweise mit Anfang oder Beginn. In der Geometrie würde also ein Strahl oder eine Kreisbahn als unendlich beschrieben werden.
Die Unendlichkeit lässt sich geistes- oder naturwissenschaftlich nur abstrakt entwickeln und wird auf Objekte und Begriffe angewendet, die keine räumlichen und/oder zeitlichen Grenzen haben.
In der Philosophie existieren seit Aristoteles zwei Auffassungen vom Begriff des Unendlichen: das „aktual Unendliche“ und das „potentiell Unendliche“. Die Scholastik unterscheidet demgemäß zwischen dem potentiell Unendlichen („Indefiniten“), das ohne Ende vermehrt werden kann, und dem aktual Unendlichen („Infiniten“), das jede Grenze positiv ausschließt. Im engen und eigentlichen Sinn kommt demnach nur Gott die aktuale Unendlichkeit zu. Sie ist die grenzenlose Fülle des Seins, jedoch nicht in einem pantheistischen Sinne misszuverstehen.
Hegel prägte den Begriff der „schlechten Unendlichkeit“ (Enzyklopädie § 93 f.), unter der er in dialektischer Weise eine Abgrenzung zur Endlichkeit versteht.
In der Astronomie wurde angesichts der Tiefe und Weite des Sternhimmels oft die Vorstellung eines unendlich ausgedehnten Weltraums entwickelt.
Auch in Bezug auf die Zeit ist das Konzept der Unendlichkeit bekannt, hier verwendet man den Begriff Ewigkeit. Während die Höhere Mathematik oft mit dem Abstraktum „unendlich“ operiert, ist in der theoretischen Physik eher das Phänomen der Singularität von Bedeutung – etwa im Zusammenhang mit den Begriffen Urknall (Beginn des sichtbaren Universums) und Schwarzes Loch. Als Singularität wird ein Punkt in der Raumzeit bezeichnet, an dem Masse in einem ausdehnungslosen Punkt mit unendlicher Dichte konzentriert ist.
Neben der unendlichen Ausdehnung zu immer weiter zunehmenden Größen wird der Begriff auch für die unendliche Teilbarkeit, das unendlich Feine verwendet, dessen Grenze null ist, null aber nicht erreicht. Aus der Negation des unendlich Feinen und deren Paradoxien ergab sich die ursprüngliche griechische „Atomtheorie“ des „Unteilbaren“.
In der Mathematik ist „Unendlichkeit“ namensgebend für das Unendlichkeitsaxiom der Mengenlehre. Üblicherweise wird jedoch das Adjektiv unendlich zur näheren Charakterisierung einiger mathematischer Begriffe verwendet; in der Regel ist diese Charakterisierung komplementär zum Begriff endlich.
Amir D. Aczel: Die Natur der Unendlichkeit. Mathematik, Kabbala und das Geheimnis des Aleph. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 3-499-61358-1 (rororo – science 61358).
Heinz-Dieter Ebbinghaus: Einführung in die Mengenlehre. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim (u. a.) 1994, ISBN 3-411-17113-8.
Adolf Fraenkel: Einleitung in die Mengenlehre (= Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen. Band9). 3., umgearbeitete und stark erweiterte Auflage. Springer Verlag, Berlin (u. a.) 1928.
Hans Lauwerier: Unendlichkeit. Denken im Grenzenlosen. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1993, ISBN 3-499-19384-1 (rororo – rororo-Sachbuch – rororo science 9384).
Eli Maor: To Infinity and Beyond. A Cultural History of the Infinite. Birkhäuser, Boston u. a. 1987, ISBN 0-8176-3325-1.
Raymond Smullyan: Satan, Cantor und die Unendlichkeit und 200 weitere verblüffende Tüfteleien. Insel-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 1997, ISBN 3-458-33599-4 (Insel-Taschenbuch 1899).
Paolo Zellini: Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit. C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-59092-4.