Die Ukrainische griechisch-katholische Kirche (UGKK; ukrainischУкраїнська греко-католицька церква; auch Ukrainische katholische Kirche nach byzantinischem Ritus oder Kiewer katholische Kirche) ist eine Teilkirche der römisch-katholischen Kirche. Sie untersteht deren Jurisdiktion, folgt aber dem byzantinischen Ritus in Liturgie und der geistlichen Praxis. Sie geht auf die Kirchenunion von Brest 1596 zurück.
Etwa 6 % der Ukrainer gehören der griechisch-katholischen Kirche an, wobei der Anteil in der Westukraine deutlich höher ist als in den übrigen Landesteilen. In der historischen Region Galizien (Oblaste Lwiw, Iwano-Frankiwsk und Ternopil) ist die griechisch-katholische Kirche sogar die größte Religionsgemeinschaft. In den meisten Oblasten der Zentral- und Ostukraine gehört ihr hingegen weniger als 1 % der Bevölkerung an.
Die Union wurde vom größten Teil des übrigen orthodoxen Klerus abgelehnt. Die Eparchien Przemyśl und Lwów blieben zunächst orthodox. In den übrigen Eparchien wurden fast alle Kirchen und Klöster in den nächsten Jahren der unierten Kirche unterstellt, teilweise gewaltsam.
In Kiew wurde 1620 wieder ein orthodoxer Metropolit eingesetzt, allerdings nur unter dem Schutz der Kosaken. Seit 1648 gehörte dieses Gebiet nicht mehr zu Polen-Litauen. Die unierte Kirche wurde dort aufgelöst. Im übrigen Polen-Litauen setzte sich die unierte Kirche bis zum Ende des 17. Jahrhunderts nahezu vollständig durch.
Russisches Reich
Nach der ersten Teilung Polens 1772 kamen große Teile der ruthenischen Gebiete zum Russischen Zarenreich.
Im 19. Jahrhundert wurden die unierten Strukturen dort in die orthodoxe Kirche überführt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die galizischen Gebiete an die Ukrainische SSR angeschlossen. Die unierte Kirche wurde durch sowjetische Behörden mit der orthodoxen Kirche zwangsvereinigt; Priester und Ordensangehörige wurden verfolgt und ermordet.[5] Hunderttausende von Gläubigen wurden verfolgt. Alle Bischöfe wurden inhaftiert und lediglich der Erzbischof von Lemberg Jossyf Slipyj 1963 aus der Haft entlassen. Er ging ins Exil nach Rom. Nach seinem Ableben im Jahr 1984 wurde wieder ein Großerzbischof ins Amt berufen.
Die Wiedereröffnung der seinerzeit von den Sowjets geschlossenen Akademie in Lemberg folgte 1994. Im Jahr 2002 erhielt diese theologische Ausbildungsstätte, als erste und bislang einzige auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR, den Status einer katholischen Universität.[7]
Von der Union an bis etwa 1800 trug das Oberhaupt der unierten Kirche den Titel eines Metropoliten von Kiew. Er wurde aus dem Kreis der Bischöfe gewählt und trug den Titel zusätzlich zu seinem bischöflichen Titel und führte die Teilkirche von seinem Bistum aus. Im 19. Jahrhundert wurde der bisherige Titel aufgegeben und der Bischof von Lemberg zum Metropoliten erhoben. Von nun an residierte das Oberhaupt der Teilkirche beständig in Lemberg. Der 1944 gewählte Metropolit Jossyf Slipyj trug, obwohl er in Rom residierte, weiterhin den Titel eines Metropoliten und seit 1975 eines Großerzbischofs von Lemberg.
Sein zweiter Nachnachfolger, Kardinal Ljubomyr Husar, verlegte im Jahr 2005 den Sitz des Großerzbischofs in die ukrainische Hauptstadt Kiew und trägt seitdem den Titel Großerzbischof von Kiew und Halytsch. Der Großerzbischof wird in der Liturgie mit dem angestrebten, aber nicht amtlichen Titel Patriarch kommemoriert. Lemberg ist weiterhin Sitz eines eigenen Erzbischofs.
Diözesen
Die Kirche umfasst 30 Diözesen in der Ukraine und mehrere im Ausland.
Bis 1946 stellte die UGKK in der Westukraine nach absoluten Zahlen die größte Gruppe der Christen. Seitdem ist die Zahl der Orthodoxen erheblich angewachsen, wobei seit der ukrainischen Unabhängigkeit die innerorthodoxen Spannungen und ideologischen und kirchenorganisatorischen Spaltungen zwischen moskautreuen und nationalkirchlich gesinnten ukrainischen Orthodoxen zunehmen und auch das schwierige Verhältnis zur UGKK bestimmen. In Galizien gab es 1999 über 189 Gemeinden der moskautreuen ukrainischen orthodoxen Kirche (UOK, in der Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats), 798 Gemeinden der ukrainischen autokephalen orthodoxen Kirche (UAOK) und 197 Gemeinden der ukrainischen orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats (UOK-PK). Die beiden letzteren, die nicht kanonisch waren, versuchten das durch die Betonung der Ideen von nationaler Wiedergeburt und Staatsaufbau auszugleichen. Eine zentrale Bedeutung für den kirchlichen Frieden im Land wird der Normalisierung der Beziehungen zwischen der UGKK und der kanonischen UOK sowie dem Respekt seitens der UGKK vor den kanonischen Entscheidungen der Gesamtorthodoxie hinsichtlich der beiden anderen orthodoxen Kirchen in der Ukraine zugemessen.[8]
Hans-Christian Maner, Norbert Spannenberger (Hrsg.): Konfessionelle Identität und Nationsbildung. Die griechisch-katholischen Kirchen in Ostmittel- und Südosteuropa im 19. und 20. Jahrhundert (= Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa. 25). Stuttgart 2007, ISBN 3-515-09024-X.
John-Paul Himka: Religion and Nationality in Western Ukraine: The Greek Catholic Church and the Ruthenian National Movement in Galicia, 1867–1900. McGill-Queen’s Univ. Press, Montreal 1999, ISBN 0-7735-1812-6.
Oleh Turij: Das religiöse Leben und die zwischenkonfessionellen Verhältnisse in der unabhängigen Ukraine. Institut für Kirchengeschichte der Ukrainischen Katholischen Universität, Lviv (Lemberg) 2007.
Gabriel Adriányi: Geschichte der Kirche Osteuropas im 20. Jahrhundert. Schöningh, Paderborn 1992.
↑The Eastern Catholic Churches 2013. Catholic Near East Welfare Association, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Oktober 2014; abgerufen am 21. Januar 2015 (englisch).
↑Ihor Harasim: Die Union von Brest. Voraussetzungen und Motive ihrer Entstehung. In: Internationales Forschungsgespräch der Stiftung Pro Oriente zur Brester Union (= Das östliche Christentum. N.F. 54). Hrsg. v. Hans Marte. Würzburg 2004, ISBN 3-7613-0209-6, S. 11–38.
↑Gabriel Adriányi: Geschichte der Kirche Osteuropas im 20. Jahrhundert. Schöningh, Paderborn 1992, S.47.
↑Katrin Boeckh: Stalinismus in der Ukraine: die Rekonstruktion des sowjetischen Systems nach dem Zweiten Weltkrieg (Habilitationsschrift). Harrassowitz-Verlag 2007, ISBN 978-3-447-05538-3, S. 25, 70, 102, 478ff.
↑Svitlana Hurkina: Der Prozess der Legalisierung der UGKK und die Unabhängigkeit der Ukraine. In: Bernd Florath (Hrsg.): Das Revolutionsjahr 1989. Die demokratische Revolution in Osteuropa als transnationale Zäsur (Analysen und Dokumente der BStU). V&R, 2011, S. 181 (online).