Die Tanganjikabahn (deutscher Name zunächst Mittellandbahn oder Zentralbahn, dann Tanganjikabahn),[1]englischCentral Line, ist heute neben der TAZARA und der normalspurigenBahnstrecke Daressalam–Mwanza die wichtigste Eisenbahnstrecke des ostafrikanischen Staates Tansania. Tanganjika ist der Name für das tansanische Festland. Die Stadt Kigoma am Tanganjikasee und die tansanische Metropole Daressalam sind die Endpunkte der Strecke.
Von Beginn an hatte Reichskommissar Geheimer Baurat Franz Allmaras (1875–1953) mit großen Schwierigkeiten, bedingt durch das tropische Klima, periodische Regenzeiten und fehlendes Baumaterial, zu kämpfen. Andererseits konnten sie auf die Erfahrungen beim Bau der Usambarabahn zurückgreifen. Ebenso wie dort wurde die Meterspur gewählt. Die Tanganjikabahn ist die größte technische Hinterlassenschaft der deutschen Kolonialzeit in Tansania.
Die Trasse folgte alten Karawanenrouten bis nach Tabora, was für die deutschen Siedler große logistische Vorteile bei der Anlage von Plantagen und für den kleinen Ort einen Ausbau zu einem großen landwirtschaftlichen Zentrum bedeutete. 1907 erreichte die Bahn die 200 Kilometer von der Küste entfernte Stadt Morogoro, 1909 Kilosa. Führungspersonal, technisches Personal und die Beamten des Betriebsdienstes wurden in Deutschland rekrutiert.[2] Kigoma am Tanganjikasee wurde am 1. Februar 1914,[3] bei Kilometer 1252 erreicht. Anfang 1914 wurden auf der Stammstrecke Daressalam–Morogoro diverse, 1912 begonnene Streckenumbauten fertiggestellt, die bei einem Ausmaß von 33 neu gelegten Gleiskilometern eine Verkürzung der Linie um acht Kilometer[4] bewirkten und die Fahrzeit um eine Stunde reduzierten.[5] Am 15. März 1914 konnte die Gesamtstrecke Daressalam–Kigoma dem beschränkten öffentlichen Verkehr übergeben werden, zwei Wochen früher als im Bauvertrag bedungen.[6] Die Eröffnungsfeierlichkeiten waren im Rahmen der II. Allgemeinen Deutsch-Ostafrikanischen Landes-Ausstellung 1914 zu Daressalam für die Zeit um den 23. August 1914 vorgesehen.[7] (Siehe auch: Erster Weltkrieg in Ostafrika).
Die fahrplanmäßige Reisezeit über die Gesamtstrecke betrug knapp 58 Stunden. 1916 wurde für den durchgehenden Zug eine Fahrzeit von eineinhalb bis zwei Tagen in Aussicht genommen.[4]
Ausbaupläne sahen vor, Iringa und den Malawisee zu erreichen sowie mit der „Ruandabahn“ nach Nordwesten vorzustoßen. Dazu kam es jedoch aufgrund des Krieges nicht mehr.
Die britische Mandatsverwaltung ergänzte die Zentralbahn um die Stichstrecken Tabora–Mwanza (379 km) zum Südufer des Viktoriasees, Kilosa–Mikumi und Manjoni–Kinjangiri (erbaut 1931, Betrieb nach 1948 wieder eingestellt).
Nach der Unabhängigkeit Tansanias wurden die Tanganjikabahn und die Usambarabahn mit einer Strecke von Ruvu nach Mruazi verbunden.
Verlauf
Die Tanganjikabahn verbindet die tansanische Metropole Daressalam am Indischen Ozean über die heutige Hauptstadt Dodoma im Zentrum des Landes mit Tansanias wichtigstem Binnenhafen am Tanganjikasee, Kigoma. Dabei durchquert sie auf rund 1.250 Kilometer ganz Zentraltansania und überwindet die Höhe des Ostrandes des Ostafrikanischen Grabenbruchs. Eine Fahrt von Daressalam nach Kigoma dauert laut Fahrplan heute rund 40 Stunden.[8] Dies ist unter anderem auf die überalterte Infrastruktur zurückzuführen, die größtenteils noch aus der deutschen Kolonialzeit stammt.
Betrieb
Der Betrieb befand sich Anfang 2011 in einem schlechten Zustand. Statt, wie eigentlich vorgesehen, dreimal wöchentlich boten die Tanzania Railways nur einmal wöchentlich einen Reisezug von Daressalam nach Kigoma und Mwanza an. Der Güterverkehr ist größtenteils auf die Straße verlagert worden. Hintergrund ist der schlechte Zustand der Infrastruktur und der Fahrzeuge.[9]
Neil Robinson: World Rail Atlas and Historical Summary 7 = North, East and Central Africa. 2009, ISBN 978-954-92184-3-5, Tafeln 50 u. 51.
Helmut Schroeter: Die Eisenbahnen der ehemaligen deutschen Schutzgebiete Afrikas und ihre Fahrzeuge (= Die Fahrzeuge der deutschen Eisenbahnen, Band 7, ZDB-ID 593887-9). Frankfurt 1961.
Roel Ramaer: Die Eisenbahnen in den einst deutschen Schutzgebieten. Ostafrika, Südwestafrika, Kamerun, Togo und die Schantung-Eisenbahn damals und heute. Röhr-Verlag, Krefeld 1993, ISBN 3-88490-184-2.
Ernst Kliemke: Die Taborabahn. Mit acht Illustrationen nach Original-Aufnahmen und einer Karten-Zeichnung. In: Reclams Universum 24.1. (1908), S. 466–472.
Betriebsergebnisse der Tanganikabahn für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 1913. In: Deutsch-Ostafrikanische Zeitung, 7. März 1914, Nr. 20/1914 (XVI. Jahrgang), ZDB-ID 2382045-7, S. 2 (unpaginiert), unten links, uni-frankfurt.de (PDF; 2,4 MB)
↑Deutsches Kolonial-Lexikon (1920), Band II, S. 583.
↑Besetzung von Zugbeamtenstellen bei der Eisenbahn Daressalam-Morogoro. In: Eisenbahn-Directionsbezirk Mainz (Hrsg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 16. Februar 1907, Nr. 8. Bekanntmachung Nr. 80, S. 80, betreffend Zugführer; Eisenbahn-Direktion Mainz (Hrsg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 15. Februar 1908, Nr. 7. Bekanntmachung Nr. 69, S. 49, betreffend Lokomotivführer; Eisenbahndirektion Mainz (Hrsg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 23. Mai 1908, Nr. 31, Nachrichten, S. 341, betreffend Materialverwalter; Eisenbahndirektion Mainz (Hrsg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 2. April 1910, Nr. 13. Bekanntmachung Nr. 229, S. 115, betreffend Betriebskontrolleure (Bahnhofsvorsteher).
↑Fest-Programm für die II. Allgemeine Deutsch-Ostafrikanische Landes-Ausstellung 1914 zu Daressalam. In: Deutsch-Ostafrikanische Zeitung, 1. August 1914, Nr. 62/1914 (XVI. Jahrgang), ZDB-ID 2382045-7, S. 11 (unpaginiert). – Online (PDF; 3,8 MB) (PDF; 3,8 MB)