Die frühere unter Denkmalschutz stehende Klosterschule des Stiftes ist seit 1549 eine „Schule für die Öffentlichkeit“, und ab 1804 auch als kaiserlich-königliches Konvikt geführt. Im Zeitraum 1800–1873 hatte die Anstalt insgesamt rund 3120 Schüler.[1] Das heutige Gymnasialgebäude wurde im Jahr 1891 vom Architekten Hermann Krackowizer errichtet. Ab 1906 war im Konvikt mit dem Museum auch ein Sängerknabeninstitut integriert. Von 1938 bis 1945 wurden das Gymnasium und Internat zwischenzeitlich als NS-Oberschule und NS-Schülerheim geführt.[2] Seit 1990 wurden im vormaligen Knabeninternat auch erstmals Mädchen und externe Fahrschüler aufgenommen.[3] Das der Schule angeschlossene Konvikt wurde im Jahr 2013 nach mehr als 200 Jahren wegen mangelnder Auslastung geschlossen, und wird seither als Tagesheim weitergeführt.[4] Seit 2016 beherbergt es auch Sonderunterrichtsräume wie einen Physiksaal, Biologiesaal oder auch Zeichensäle. Im Zuge dieses Umbaus wurde ein unterirdischer Verbindungsgang zum Schulgebäude und ein neuer Turnsaal errichtet.
Missbrauchsfälle
Ab 2010 war das Stiftsgymnasium Kremsmünster im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Stift Kremsmünster immer wieder Gegenstand öffentlichen Interesses, wobei die jüngsten dokumentierten Fälle sexueller Gewalt bis ins Jahr 2001 zurückgehen. Eine vom Münchner Institut für Praxisforschung (IPP) unter der Leitung des Sozialpsychologen Heiner Keupp durchgeführte wissenschaftliche Studie[5] zum Thema „Sexualisierte, psychische und physische Gewalt in Konvikt und Gymnasium des Benediktinerstifts Kremsmünster“ nannte unter anderem eine mangelnde pädagogische Qualifikation als Ursache für ein im Stiftsgymnasium bis in die jüngste Vergangenheit praktiziertes System des erzieherischen Missbrauchs.[6] Seit September 2014 erinnert auch eine Gedenktafel im Gymnasialgang an die von den oben genannten Gewaltformen betroffenen ehemaligen Schüler des Gymnasiums. Im Juni 2017 wurde erneut ein Lehrer des Stiftsgymnasiums aufgrund von „Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen“ angeklagt, und vom Landesgericht Steyr zu einer Geldbuße von 6400 Euro verurteilt.[7]
Neuer Träger
Seit dem Schuljahr 2013/14 wird das Gymnasium vom Schulverein des Benediktinerstiftes Kremsmünster getragen. Im Jahr 2018 besuchten 411 Schüler das Gymnasium, von den 48 Professoren sind aktuell auch sechs Patres (Stand 2020). Seit der Schließung des Internats hat das ehemals österreichweit als Eliteschule bekannte Stiftsgymnasium jedoch eine überwiegend lokale Bedeutung für einheimische Schüler oder Fahrschüler aus der Region. Mehr als die Hälfte der Schüler wechselt während oder nach der Unterstufe in eine andere Schule, während aktuell nur rund ein Drittel der Schulanfänger das Gymnasium auch mit der Matura abschließt.[8]
↑Amand Baumgarten: Verzeichnis von ehemaligen P. T. Herren Kremsmünster Studenten, welche vom Jahre 1800–1873 ganz oder theilweise ihre Studien hier zurückgelegt haben. Selbstverlag, Kremsmünster 1877 (Online).
↑Pater Alfons Mandorfer: Das Gymnasium im Rückspiegel. In: 142. Jahresbericht des Stiftsgymnasiums. Kremsmünster 1999, S.43–56.
↑Pater Tassilo Boxleitner: Vor 200 Jahren: Gründung des Konvikts im Jahr 1804. In: 147. Jahresbericht des Stiftsgymnasiums. Kremsmünster 2004, S.87–93.
↑Heiner Keupp, Florian Straus, Peter Mosser, Wolfgang Gmür, Gerhard Hackenschmied: Schweigen – Aufdeckung – Aufarbeitung: Sexualisierte, psychische und physische Gewalt im Benediktinerstift Kremsmünster. Springer VS, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-14653-5.