Der Bau der Kirche geht auf ein Gelöbnis des Grafen Adolph IV. zurück, das er in der Schlacht bei Bornhöved am 22. Juli 1227 gegeben hatte. Die Kirche wurde daraufhin im Jahr 1238 im gotischen Stil hoch gewölbt gebaut und dem heiligen Franz von Assisi geweiht.[1]
Die Kirche besteht aus dem Kastenchor mit zwei Jochen, dem dreischiffigen Kirchenschiff mit nur drei Jochen und dem vorgesetzten Westturm mit der Turmhalle als Eingangshalle. Aufgrund der Kürze des Kirchenschiffs und der nicht vorhandenen Fenster im Obergaden des Mittelschiffs wird diese Art eines Kirchenbaus als Stutz- oder Pseudobasilika bezeichnet.
Ältestes Bauteil der Stadtkirche ist ihr mit gotischer Malerei ausgestaltete Kastenchor, der 1238/1244 begonnen wurde. Er verfügt an der Nordseite über zwei spitzgotische Fenster, das Fenster an der Ostseite ist dreiluchig. Im Süden ist an das östlichste Joch des Chors die Sakristei mit Kreuzrippengewölbe angebaut.
Die drei Kirchenschiffe stammen aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Das Mittelschiff ist 17,30 Meter hoch, die Seitenschiffe 10,70 Meter.[2]
Der Westturm wurde am 22. Februar 1334 begonnen. Eine kaum mehr lesbare Tafel aus gotländischem Kalkstein mit gotischen Minuskeln weist auf den Baubeginn „nach Petri Stuhlfeier 1334“ hin. 1720 wurde die Spitze des Turms entfernt und der Turm schräg zugemauert. Ein kleiner Turm in der Mitte der Kirche brannte 1817 nieder.[1]
Der obere Teil des Kirchturms mit dem spitzen Turmhelm wurde zwischen 1844 und 1846 errichtet.
Der Umbau von der ursprünglichen Hallenkirche zur Stutzbasilika erfolgte ebenfalls ab 1334. Um 1350 besaß die Stadtkirche weitgehend ihre heutige Gestalt, denn die Ausmalung der Schiffe wird auf 1350 datiert. Diese waren Jahrhunderte unter einer weißen Innenausmalung verborgen und wurden erst 1957 wieder frei gelegt und teilweise ergänzt. Der Zwischenbau an der Südseite zwischen Sakristei und Süderschiff ist aus späterer Zeit, eine Inschrift eines Allianzwappens mit der Jahreszahl 1624 gibt den Hinweis auf den Zeitraum der Entstehung dieser angebauten Kapelle.
Ausstattung
Altar
Der große barocke Altaraufsatz wurde 1643 von dem Hamburger Bildhauer Zacharias Hübener († 1650)[3] für den Schleswiger Dom geschaffen. Er kam nach der Aufstellung des Brüggemann-Altars im Schleswiger Dom 1668 in die Stadtkirche.[1] Dargestellt sind Abendmahl, Kreuzigung, Grablegung, Auferstehung, außerdem Moses und Johannes der Täufer sowie Tugenden.[2] Sein Altar für den Schleswiger Dom gilt als bedeutendes Beispiel sakraler Bildhauerkunst des Hochbarock in Schleswig-Holstein.
Von Zacharias Hübener befindet sich noch ein weiteres Werk an der evangelisch-lutherischen St.-Christophorus-Kirche von Friedrichstadt, das Süderportal mit Wappen.
Kanzel
Die Renaissancekanzel der Stadtkirche stammt aus dem Jahr 1571. Sie ist als Emporenkanzel gestaltet. Auffällig ist der große rechteckige Schalldeckel über der Kanzel. Die Inschrift weist darauf hin, dass Otto von Ritzerow und seine Ehefrau Druide vom Gut Hasselburg die Kanzel gestiftet haben.[2]
Orgel
Die Orgel aus dem 17. Jahrhundert hatte 30 Stimmen, sie war eine der besten im Herzogtum.[1]
Der Orgelbauer Rowan West erbaute hinter dem denkmalgeschütztenProspekt eine neue Orgel im Stil einer norddeutschen Renaissance-Orgel mit etwa 2000 Pfeifen und einen Spieltisch mit drei Manualen.[2] Die Orgel wurde am 4. Advent 2009 eingeweiht. Eine Besonderheit dieses Instruments ist das Brustwerk, ein kleines „Pfeifenschränkchen“ mit fünf Registern, die mit Schwerthebeln bedient werden.
Die Farbfassung des Prospekts von 1614 (oder früher) wurde im Jahr 2017 restauriert.[4] Der Bund bezuschusste die Arbeiten mit 35.000 Euro.[5]
Das Triumphkreuz ist eine Arbeit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Patronatsloge an der Südwand ist eine Arbeit des 17. Jahrhunderts. Messing-Leuchter befinden sich an den Wänden.[2]
Die beiden Kronleuchter im Kirchen-Mittelschiff waren eine Stiftung des dänischen Königs Friedrich III. anlässlich des Stapellaufs des Kriegsschiffes Frederik III (mit 100 Kanonen und 500 Mann Besatzung) im Jahr 1649, das auf einer Neustädter Werft im Auftrag des Königs gebaut wurde.[6]
Glocken
Zwei Glocken aus gotischer Zeit haben sich in der Stadtkirche erhalten. Die Marienglocke wird vage auf das 14. Jahrhundert datiert. Die kleinere weist keine Datierungsmerkmale auf. Das derzeitige Geläut ist ein dreistimmiges „Te-Deum-Geläut“, d. h. in den Anfangstönen (e–g–a) des gregorianischenTe Deum gestimmt.
Grabsteine
Auffallend sind die Grabsteine, die in die Seitenwände der Turmhalle, aber auch im Kirchenschiff eingemauert sind. Die ältesten von ihnen stammen aus dem 14. Jahrhundert und dienten Geistlichen der Kirche. Die jüngeren entstammen dem 18. Jahrhundert und dienten Vertretern des Neustadt umgebenden Landadels als repräsentative Grabplatten.[7]
Epitaphe
Die Kirche verfügt an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes über ein großes Renaissanceepitaph der Familie Rantzau auf Gut Brodau aus Sandstein. Es entstand 1590 und bildet vier Familienmitglieder als Stifter vor einer Golgathalandschaft ab. Epitaphe befinden sich auch an den hinteren Pfeilern für die Familien Sißmer (1646) und Hartmann (1698).[2] Die Kirche verfügt weiter über diverse Pastorenbilder des 17. und 18. Jahrhunderts.
Literatur
Hartwig Beseler: Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, Neumünster 1974, S. 523–525.
Werner Waßner, Wolfgang Teuchert, Erich Märtz: Stadtkirche Neustadt · Holstein. Hrsg.: Kirchengemeinde Neustadt in Holstein. WFB-Druck, Oldenburg/Holstein 1957 (20 S., Broschüre aus Anlass der Renovierung der Stadtkirche im Jahr 1957).
Wolfgang Teuchert: Die Stadtkirche Neustadt/Holstein (= Große Baudenkmäler. Heft 288). Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1974 (Neuauflagen 1982, 1987, 1992).
Jürgen Hering: Kleiner Kirchenführer zum Mitnehmen. Die Stadtkirche zu Neustadt in Holstein. Faltblatt von ca. 2015.
Johannes Hugo Koch (Hrsg.): Heimatbuch Neustadt in Holstein. Selbstverlag J. H. Koch, Neustadt in Holstein 1967, S.82–87.
↑ abcd[1] Johannes von Schröder (Capitän im Schleswigschen Infanterie-Regiment, R. v. D.): Topographie des Herzogthums Holstein, des Fürstenthums Lübeck und der freien und Hanse-Städte Hamburg und Lübeck. Volume 2. Verlag Fränckel, Oldenburg in Holstein 1841.
↑ abcdefJürgen Hering: Kleiner Kirchenführer zum Mitnehmen. Die Stadtkirche zu Neustadt in Holstein. Faltblatt von ca. 2015.
↑Britta Butt: Engel, Löwen und Mauresken – Die Freilegung und Restaurierung der Renaissancefassung am Orgelprospekt der Neustädter Stadtkirche. In: Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein (Hrsg.): DenkMal! Zeitschrift für Denkmalpflege in Schleswig-Holstein. Nr.25. Boyens Medien GmbH, 2018, ISSN0946-4549, S.105–112.
↑Johannes Hugo Koch: Schleswig-Holstein – Zwischen Nordsee und Ostsee. Verlag DuMont Buchverlag, Köln 1987 (S. 255).
↑Beschreibung der einzelnen mittelalterlichen Grabplatten bei: Klaus Krüger: Corpus der mittelalterlichen Grabdenkmäler in Lübeck, Schleswig, Holstein und Lauenburg 1100–1600. Jan Thorbeke Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-7995-5940-X, S. 1033 ff.