Die Spreizende Melde (Atriplex patula), auch Ruten-Melde, seltener Ausgebreitete Melde, Gemeine Melde, Gewöhnliche Melde oder Spreizmelde genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Melden (Atriplex) in der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae).
Weitere für die Pflanzenart belegte deutschsprachige Trivialnamen sind Milten, Mistmilten, Scheißmilten und Schissmalter.[1]
Die Spreizende Melde ist eine einjährigekrautige Pflanze. Der aufrechte, im oberen Teil deutlich gerippte und gestreifte Stängel erreicht eine Länge von (10 bis) 30 bis 100 (bis 150) cm. Er ist stark verzweigt mit langen, waagerecht oder schräg abgespreizten bis bogenartig aufsteigenden Ästen, die dunkelgrün und kahl sind.
Die wechselständig (die untersten auch gegenständig) am Stängel angeordneten Laubblätter sind in Blattspreite und Blattstiel gegliedert. Der Blattstiel ist 5 bis 12 mm lang. Die Blätter besitzen eine Länge von 25 bis 120 mm und eine Breite von meist 3 bis 40 (bis zu 75) mm. Die beidseitig grüne Blattspreite der unteren Blätter ist länglich dreieckig-rhombisch, spießförmig oder schwach dreilappig, mit keilförmigem Blattgrund oder mit basalen Spießecken und am Rand gezähnt. Die Blattspreite der oberen, auf der Unterseite manchmal gräulichen Blätter ist lanzettlich und meist ganzrandig.
Blütenstand und Blüte
In unterbrochenen ährigen Blütenständen stehen die Blüten in Knäueln aus vier bis zehn Blüten zusammen. Die Spreizende Melde ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch) oder fast diözisch.
Die männlichen Blüten besitzen vier bis fünf längliche, grüne Blütenhüllblätter (Tepalen) und vier bis fünf Staubblätter. Die weiblichen Blüten werden von zwei grünen, rhombischen Vorblättern umhüllt, Blütenhüllblätter sind nicht vorhanden, sie enthalten nur einen vertikalen Fruchtknoten mit zwei fadenförmigen Narben.
Frucht und Samen
Die vertikale Frucht wird von den krautigen, im unteren Drittel (bis fast zur Mitte) miteinander verwachsenen Vorblättern umhüllt, die sich zur Fruchtreife schwarz verfärben können. Sie sind 2 bis 7 (bis zu 20) mm lang, rhombisch oder rhombisch-dreieckig, an der breitesten Stelle mit nach oben gestreckten Seitenecken und ganzrandig oder gezähnt. Auf ihrer Rückseite tragen sie meist Anhängsel.
Die häutige Fruchtwand umgibt den Samen. Es gibt zwei verschiedene Samenformen (Heterokarpie): Hellbraune, etwas konkave Samen mit einem Durchmesser von 1,8 bis 3 mm, sowie rötlich-schwarze, flache oder konvexe Samen mit einem Durchmesser von nur etwa 1,5 (bis zu 2) mm.
Die Blütezeit reicht in Deutschland von Juli bis Oktober, Fruchtreife ist von September bis Oktober. Die Bestäubung erfolgt in der Regel durch den Wind oder durch Selbstbestäubung, selten auch durch Insekten.[4] Die die Frucht umgebenden Vorblätter verlängern sich nach der Blüte und dienen als Flugorgan für die Windausbreitung; daneben erfolgen Schwimmausbreitung und Menschenausbreitung als Ruderalpflanze. Die Pflanze ist ein Wintersteher.[5]
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Spreizenden Melde umfasst ganz Europa[9], Nordafrika, Westasien und Sibirien bis zum chinesischen Xinjiang. Als eingeführte Art ist sie auch in anderen Teilen von China zu finden. In Nordamerika ist die Spreizende Melde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingeführt worden und heute dort weit verbreitet. Auch in Südamerika kommt sie eingeschleppt vor.
Ihr Lebensraum sind fast überall Ruderalgesellschaften, nur selten wächst die Spreizende Melde auch an Meeresküsten oder in sandigen Steppen. In Deutschland ist die Spreizende Melde ein Archäophyt oder war eventuell auch ohne Zutun des Menschen bereits einheimisch.[6] Sie besiedelt kurzlebige Unkrautfluren in Äckern und Gärten, an Schuttplätzen oder Wegen, oder wächst an trockenfallenden Flussufern. Dabei bevorzugt sie frische, nährstoffreiche, lockere Ton- und Lehmböden mit neutralem Boden-pH. Von der Ebene dringt sie bis zu einer Höhenlage von 1100 Meter vor.
In den Allgäuer Alpen steigt sie in Vorarlberg nahe dem Hochhäderich bis zu 1250 m Meereshöhe auf.[10]
Im System der Pflanzensoziologie ist sie eine Kennart der Klasse Chenopodietea, und eine Differentialart des Verbands Chenopodion rubri.
Systematik
Die Spreizende Melde (Atriplex patula) zählt innerhalb der Gattung Atriplex zur Sektion TeutliopsisDumort.[3]
Die Erstveröffentlichung von Atriplex patula erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum 2, S. 1053–1054[11]Synonyme von Atriplex patulaL. sind Atriplex angustifoliaSm., Atriplex patula subsp. producta(Guss.) Giardina & Raimondo sowie Atriplex amanaPost, Atriplex erectaHuds., Atriplex macrodiraGuss., Atriplex patula subsp. amana(Post) Aellen, Atriplex patula subsp. erecta(Huds.) Arcang. und Atriplex patula subsp. macrodira(Guss.) Arcang.[9] In der Flora of North America werden auch Atriplex hastata subsp. patula(L.) S.Pons, Atriplex hastata var. patula(L.) Farwell und Teutliopsis patula(L.) Celak. als Synonyme genannt.
Nutzung
Die jungen Blätter der Spreizenden Melde sind essbar und können roh oder gekocht wie Spinat zubereitet werden. Ihr milder, etwas ausdrucksloser Geschmack kann durch Zugabe von Gewürzkräutern verbessert werden. Auch die Samen sind zum Verzehr geeignet, wenn auch etwas mühsam zu ernten. Sie können gemahlen zum Andicken von Suppen oder als Mehlzusatz verwendet werden.[12]
Die frischen reifen Samen sollen ein wirksames Abführmittel sein[12].
Volksmedizinisch werden verriebene Samenstengel gegen Krampfadern eingesetzt.
Quellen
Literatur
Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4, S.92 (Abschnitt Beschreibung).
Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 5., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1983, ISBN 3-8001-3429-2, S.348 (Abschnitt Vorkommen).
Alexander P. Suchorukow: Zur Systematik und Chorologie der in Russland und den benachbarten Staaten (in den Grenzen der ehemaligen USSR) vorkommenden Atriplex-Arten (Chenopodiaceae). In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien, Serie B. Band 108, 2007, S. 342–344 (zobodat.at [PDF; 32,1 MB]; Abschnitte Beschreibung, Vorkommen).
Stanley L. Welsh: Atriplex patula. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 4: Magnoliophyta: Caryophyllidae, part 1. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2003, ISBN 0-19-517389-9, S.333 (englisch, Abschnitt Beschreibung, Vorkommen).
Einzelnachweise
↑Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 51 (online).
↑ abGudrun Kadereit, Evgeny V. Mavrodiev, Elizabeth H. Zacharias, Alexander P. Sukhorukov: Molecular phylogeny of Atripliceae (Chenopodioideae, Chenopodiaceae): Implications for systematics, biogeography, flower and fruit evolution, and the origin of C4 Photosynthesis. In: American Journal of Botany. Band 97, Nr. 10, 2010, S. 1664–1687.
↑Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S.131–132.
↑ abPertti Uotila: Chenopodiaceae (pro parte majore). In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Atriplex patula, 2011. Eintrag bei PESI-Portal.