GR ist das Kürzel für den Kanton Graubünden in der Schweiz. Es wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Splügenf zu vermeiden.
Aus dem Seitental zum Splügenpass fliesst bei Splügen der Hüscherabach in den Hinterrhein. Gegenüber teilt der etwas kleinere Sustabach (auch Stutzbach oder Safierbach genannt) den alten Dorfkern in zwei Teile.
Blasonierung: In Rot über silber (weiss) bordiertem blauen Wellenbalken ein silberner Zinnenturm
Das Flussband, das als Motiv in nahezu allen Rheinwaldgemeinden vorkommt, wird ergänzt durch den Zinnenturm als Hinweis auf die Burg in Splügen. Die Farben des Wappens leiten sich vom Wappen der Freiherren von Vaz her.
Geschichte
Der Ortsname taucht als Speluca in einem nur als Abschrift aus dem 16. Jahrhundert erhaltenen Verzeichnis der karolingischen Kaiser von 831 auf,[4] im 13./14. Jahrhundert erscheint er als Speluga/Spluͥgen/Spluͥga. Er geht zurück auf lat.spelunca, Höhle, das in Dialekten Italienischbündens noch als splüg, überhängender Fels/Höhle, erhalten ist.[5]
Die ursprünglich in romanischem Sprachgebiet liegenden Orte im Rheinwald wurden im späten 13. Jahrhundert von deutschsprachigen Walsern von Süden her über den San-Bernardino-Pass besiedelt.[3] Vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert bildete der Warentransport die Haupteinkommensquelle für die einheimische Bevölkerung; die meisten lebten direkt oder indirekt vom Säumerwesen.
1716 wurde das Dorf Splügen durch einen Brand weitgehend zerstört. Es wurde auf den verbliebenen Grundmauern wieder aufgebaut. Eine zweite Feuersbrunst 1751 brachte sechs Familien um ihre Habe.[6]
Von 1818 bis 1823 wurden die Saumpfade über den Splügen und den San-Bernardino-Pass fast gleichzeitig zu sogenannten Kommerzialstrassen ausgebaut, was zu einem Aufschwung des Waren- und Personentransits führte.[6] Der Grund war die Rivalität des Piemont und der österreichischen Lombardei, sodass die Lombardei den Splügenpass auf eigene Rechnung ausbaute, während sich Piemont nur am Bündner Projekt beteiligen musste – ein nur kurzes Wahrzeichen war die dem König Vittorio Emanuele gewidmete Brücke südlich von San Bernardino. Das Projekt einer Bahnverbindung durch Graubünden hatte sich auf den Lukmanierpass verschoben und unterlag der Gotthardbahn.
Mit der Eröffnung des Gotthardtunnels 1882 wurde vielen Einheimischen die Arbeits- und Verdienstmöglichkeit zunichtegemacht; der Warentransport sank innert kurzer Zeit von 14'000 Tonnen auf 1000 Tonnen. Viele wanderten aus und suchten ihr Glück in den USA oder Neuseeland.[6]
Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges bestand die Absicht, Splügen, Medels und Nufenen in einem riesigen Stausee versinken zu lassen. Der 700 Meter lange und 150 Meter hohe Staudamm wäre bei der Burgruine Splügen gebaut worden; ein kleinerer Damm bei Sufers. Heftige Gegenwehr der Bevölkerung verhinderte das Projekt.[7] Am 29. November 1946 wurde das Stauseeprojekt Rheinwald nach jahrelangem Rechtsstreit vom Bundesrat abgelehnt.[8]
Während des Zweiten Weltkriegs wurde im Dorf und bei der Burg die Sperrstelle Splügen erstellt.
Ein neues Kapitel in der Geschichte des Passdorfes Splügen begann 1967 mit der Eröffnung des Strassentunnels durch den San Bernardino. Splügen profitierte vom erhöhten Verkehrsaufkommen und entwickelte sich zu einem Winter- und Sommerferienort. Fortan wurde es auf dem im Winter geschlossenen Splügenpass sehr ruhig, weshalb er sich für kulturhistorisch Interessierte aufgrund der erhalten gebliebenen Kunstbauten der ersten Strasse ausgezeichnet als Anschauungsbeispiel eignet.[9]
Für den Erhalt des historischen Ortsbildes engagierten sich die Schweizer 1973 durch den Kauf von Schoggitalern. 1995 erhielt Splügen den Wakkerpreis, der vom Schweizer Heimatschutz für beispielhaften Schutz des Ortsbildes verliehen wird.
Zu Splügen gehörte seit dem 1. Januar 2006 auch die bis dahin selbständige Gemeinde Medels im Rheinwald. Medels liegt zwischen Splügen und Nufenen und war zuvor sowohl flächenmässig wie bezüglich der Bevölkerung die kleinste politische Gemeinde im Tal. Auf den 1. Januar 2019 fusionierte Splügen mit Hinterrhein und Nufenen zur Gemeinde Rheinwald.
Die Gemeinde wurde um 1290 von Walsern besiedelt und gehört daher zu den seit Jahrhunderten deutschsprachigen Orten des Kantons Graubünden. Deutsch ist einzige Behördensprache. Die Entwicklung in Splügen (mit Medels) der vergangenen Jahrzehnte zeigt folgende Tabelle:
Von den 401 Bewohnern Ende 2005 der (alten) Gemeinde waren 353 (= 88 %) Schweizer Staatsangehörige. Von den (mit Medels im Rheinwald) 446 Einwohnern waren 395 (= 89 %) Schweizer Staatsbürger.
Verkehr
Splügen liegt an der Autostrasse A13 und ist mit der Postautolinie (Chur–)Thusis–Bellinzona ans Netz des öffentlichen Verkehrs angeschlossen. Busse der italienischen Gesellschaft STPS fahren über den Splügenpass ins Valle San Giacomo und nach Chiavenna.
Wirtschaft
Nach wie vor ist Splügen durch die Landwirtschaft geprägt. Vier Hotels und einige Restaurants bieten Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten an. Zum Einkaufen stehen eine Bäckerei, eine Metzgerei[11], ein Volg und die Sennerei Splügen[12] zur Verfügung, wo lokale Produkte angeboten werden. Mehrere Bauernhöfe betreiben einen Hofladen. Vor allem im Winter spielt der Tourismus eine wesentliche Rolle: Mehrere Bahnen führen ins Skigebiet am Pizzo Tambo.[13] Der Ort hat sich zu einem kleinen Wintersportort entwickelt und zieht auch wegen des intakten historischen Dorfkerns Touristen an.
Geht man von der Rheinbrücke kommend entlang der Italienischen Strasse aufwärts, gelangt man über die 2016 renovierte Safierbachbrücke[14] auf den Bodenplatz mit dem Hotel Bodenhaus. Das wuchtige Gebäude wurde im Jahr 1722 ursprünglich als Lagerhaus erbaut, bot aber vermutlich schon damals Kost und Logis an.[3] Überquert man den Bodenplatz und geht den Bodawäg hoch, so erblickt man die markante Häuserfront des alten Dorfkerns auf der anderen Seite des Sustabachs. Am oberen Ende, gleich auf der anderen Seite der Brücke, steht das Schorsch-Haus, ein Herrenhaus der Familie von Schorsch mit italienischen Stilelementen.[4] Es diente in den 1970er-Jahren als Motiv für eine Schweizer Briefmarke.[15] Hinten an das Schorsch-Haus angebaut steht das Albertini-Haus, dessen Baustil ebenfalls italienische Einflüsse zeigt.[3] Ein Gang mit Kreuzgewölbe führt zwischen den Häusern hoch zum Safierberg.
Wendet man sich vor dem Schorsch-Haus nach links, führt der steile Weg Susta abwärts Richtung Rhein, früher der Saumpfad zum Splügenpass.[4] Auch hier stehen einige gut erhaltene und denkmalgeschützte Häuser. Das oberste Haus direkt am Bach ist das Haus Camastral. Auf einen gemauerten dreigeschossigen Sockel wurde ein Strickbau mit Laube aufgesetzt. Es diente in den Zeiten des Saumwesens dem Teiler, der die ankommenden Waren auf die Säumer aufteilen musste, als Wohn- und Arbeitsort.[16][3] Sehr markant, weil zuoberst auf dem Vorsprung, steht das Hotel Alte Herberge Weiss Kreuz. Das Gebäude wurde früher als Sust genutzt.[4] Zwischen dem Hotel Weiss Kreuz und dem Dorfplatz steht das heutige Gemeindehaus[17], das ebenfalls Sitz eines Zweigs der Familie von Schorsch war. Es gilt als das kunsthistorisch bemerkenswerteste der Schorschhäuser[4] und beherbergt heute nebst der Gemeindeverwaltung das Heimatmuseum.
Folgt man am Dorfplatz der Fahrstrasse talaufwärts, geht man auf der früheren Route zum San-Bernardino-Pass.[4] Auch in diesem Dorfteil stehen zahlreiche Walserhäuser und Ställe in Strickbauweise.
Talabwärts entlang der alten Splügenstrasse, der heutigen Büelstrasse, erblickt man linkerhand ein weiteres mächtiges Steinhaus, ebenfalls von einem Zweig der Familie von Schorsch, wie am Wappen über dem Eingang ersichtlich. Es ist älter als die anderen Häuser und wurde noch vor dem Brand 1716 erbaut, wie die Jahreszahlen 1674 und 1617 am Haus belegen. Weiter entlang der Büelstrasse gelangt man zur reformierten Kirche und schliesslich auf der alten Splügenstrasse zur Burg Splügen.
↑Andres Kristol: Splügen GR (Hinterrhein) in: Dictionnaire toponymique des communes suisses – Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen – Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri (DTS|LSG). Centre de dialectologie, Université de Neuchâtel, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, p. 848.