Sinop (altgriechischΣινώπηSinópē, historisch Sinope), Hafenstadt und Badeort am Schwarzen Meer, ist die Hauptstadt der gleichnamigen türkischen Provinz Sinop im Norden Anatoliens. Sinop ist zugleich Zentrum eines direkt dem Gouverneur unterstellten Kreises, dem zentralen Landkreis (Merkez).
Sinop ist die nördlichste Kreisstadt Anatoliens und liegt ca. 300 Kilometer (Luftlinie) nordöstlich von Ankara. Die Stadt wird von der Schwarzmeerküstenstraße (D 10) tangiert und besitzt einen eigenen Flughafen.
Der zentrale Landkreis (Merkez) ist zugleich der nördlichste Landkreis Anatoliens grenzt an den Kreis Erfelek im Westen, den Kreis Boyabat im Süden und den Kreis Gerze im Südosten. Er ist der bevölkerungsreichste der Provinz und besteht neben der Kreisstadt aus 38 Dörfern (Köy) mit durchschnittlich 307 Bewohnern. Abalı (1004), Dibekli (807), Demirci (666) und Çiftlik (602) sind die größten, 14 Dörfer haben mehr Einwohner als der Durchschnitt. Vier ehemalige Dörfer (Bostancılı, Korucuk, Ordu und Osmaniye) wurden 2018 als eigene Stadtviertel (Mahalle) in die Stadt Sinop eingegliedert.
Mit einer Bevölkerungsdichte von 148,2 Einw. je km² liegt der Kreis beim fast Vierfachen des Provinzwertes, der urbane Bevölkerungsanteil beträgt 82,17 Prozent.
Nachfolgende Tabelle zeigt den vergleichenden Bevölkerungsstand am Jahresende für die Provinz, den zentralen Landkreis und die Stadt Sinop sowie den jeweiligen Anteil an der übergeordneten Verwaltungsebene. Die Zahlen basieren auf dem 2007 eingeführten adressbasierten Einwohnerregister (ADNKS).[2]
Jahr
Provinz
Landkreis
Stadt
absolut
anteilig (%)
absolut
anteilig (%)
absolut
2020
216.460
30,25
65.489
82,17
53.813
2019
218.243
30,17
65.845
82,41
54.260
2018
219.733
29,37
64.544
81,86
52.837
2017
207.427
30,47
63.205
66,83
42.242
2016
205.478
30,03
61.708
67,07
41.386
2015
204.133
29,82
60.880
66,80
40.667
2014
204.526
29,13
59.571
65,87
39.239
2013
204.568
28,35
58.005
66,30
38.459
2012
201.311
28,51
57.399
67,20
38.571
2011
203.027
27,93
56.711
68,25
38.705
2010
202.740
27,47
55.686
67,72
37.708
2009
201.134
27,37
55.056
66,72
36.734
2008
200.791
26,69
53.584
66,05
35.393
2007
198.412
26,54
52.667
65,99
34.755
Volkszählungsergebnisse
Zu den Volkszählungen liegen folgende Bevölkerungsangaben über die Stadt, den Kreis, die Provinz und das Land vor:[3] Ein Teil der Werte (1960 und davor sowie 1997) wurden PDF-Dokumenten entnommen, die über die Bibliothek des TÜIK abruf- und downloadbar sind[4].
Region
1945
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1997
2000
Stadt (Şehir)
4.995
5.780
7.307
10.214
13.354
15.096
16.098
18.328
23.148
25.537
28.257
30.502
zentraler Kreis (Merkez)00
40.721
45.064
50.677
33.751
38.663
37.979
39.056
42.745
47.437
49.844
37.259
49.839
Provinz (İl)
205.276
225.621
239.027
249.730
266.069
265.655
267.605
276.242
280.140
265.153
214.925
225.574
Türkei
018.790.174
020.947.188
024.064.763
027.754.820
031.391.421
035.605.176
040.347.719
044.736.957
050.664.458
056.473.035
062.865.574
067.803.927
Geschichte
Sinope hat über mehrere Jahrtausende eine bedeutende Rolle als Kultur- und Handelszentrum am Schwarzen Meer gespielt. Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung stammen aus der Bronzezeit. Sinope war eine frühe Schwarzmeerkolonie der an der Westküste Kleinasiens gelegenen griechischen Stadt Milet. Die ältesten archäologischen Zeugnisse griechischer Besiedlung stammen aus dem späten 7. Jahrhundert v. Chr., was zu dem von Eusebius überlieferten Gründungsjahr 631 v. Chr. passt.[5] Die Historizität einer noch deutlich früheren ersten Gründung vor der Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr., die einige antike Autoren erwähnen (Pseudo-Skymnos[6], indirekt Strabon), ist in der modernen Forschung umstritten.
Drachme aus Sinope, Adler über Delphin, ca. 365-322 v. Chr. geprägt
Bronzemünze aus Amisos Zeuskopf, ca. 120–80 v. Chr.
Rückseite der Münze mit Adler auf Blitz über Stadtnamen
Nach diesen Berichten hätten sich die Thessalier Autolykos, Deileon und Phlogios dort niedergelassen, nachdem sie sich an einem Feldzug gegen die Amazonen beteiligt hatten. Wenig später, noch vor Eintreffen der Kimmerer, sei es zu einer Neugründung durch den Milesier Abrondas gekommen. Eine sehr frühe erste Gründung könnte aus einer Stelle bei Strabon erschlossen werden, in der es heißt, dass in Sinope Autolykos als Stadtgründer verehrt worden sei und erst später eine Neugründung durch Milet erfolgte.[7] Träfe das frühe erste Gründungsdatum zu, wäre Sinope die älteste griechische Kolonie im Schwarzmeergebiet.[8] Im 7. Jahrhundert v. Chr. ließen sich Kimmerer, die um 700 v. Chr. in Kleinasien eingefallen waren, unter anderem „in der Gegend um Sinope“ nieder.[9] Dabei sollen sie die frühen griechischen Kolonisten vertrieben haben. Ein kimmerisches Grab, das die Anwesenheit der Kimmerier in dieser Gegend belegt, wurde vor einigen Jahren südlich von Sinop entdeckt. Nach der Vertreibung der Kimmerer durch die Lyder im letzten Drittel des 7. Jahrhunderts wäre es dann zur Besiedlung durch Milesier gekommen.
Sinope wurde zu einer der bedeutendsten Kolonien, und es wurden viele weitere Kolonien entlang der Schwarzmeerküste – so namentlich Amisos (das heutige Samsun), Kerasous (Giresun) und Trapezous (Trabzon) – von Sinope aus gegründet, die es selbst zu großer Bedeutung brachten. Sinope prägte auf seinen Münzen häufig die Nymphe Sinope auf der Vorderseite und einen Seeadler über einem Delphin auf der Rückseite.
Nachdem die Seldschuken die Stadt im Jahre 1214 eingenommen hatten, gewann die Stadt wieder an Bedeutung und gehörte seit 1458 zum Osmanischen Reich. Nach der vernichtenden Seeschlacht von Lepanto im Jahre 1571 ließ der osmanische SultanSelim II. in Sinope mehrere hundert Schiffe für die Flotte des Reiches bauen. Dafür wurden Arbeiter aus dem gesamten Osmanischen Reich nach Sinope gebracht, von denen sich viele in der Region ansiedelten. Sie trugen, wie auch Griechen (Pontosgriechen), Tscherkessen, Georgier, Bulgaren und Türken, zur kulturellen Vielfalt bei.
Am 30. November 1853, kurz nach Ausbruch des Krimkrieges, griff die russische Schwarzmeerflotte unter VizeadmiralNachimow den osmanischen Hafen Sinope mit Sprenggranaten an und schoss sämtliche dort liegenden Schiffe in Brand. Dabei brannten große Teile der Stadt nieder. Das Geschehen ist als Seeschlacht bei Sinope bekannt geworden.
Bedeutung für die Kunstgeschichte
Die Kreideproduktion aus der Gegend um Sinope war für Vorzeichnungen in der Malerei, besonders für die Freskenmalerei der italienischen Renaissance von großer Bedeutung. Aus Sinope bezogen die Maler eine besondere ockerfarbene Kreide, mit der sie Skizzen und Vorzeichnungen anfertigten. Das Pigment und die damit hergestellten Zeichnungen werden Sinopia oder Sinopie genannt (vgl. das Sinopienmuseum in Pisa).
In Sinop befindet sich die Balatlar-Kirche aus dem 7. Jahrhundert.
David H. French (Hrsg.): The Inscriptions of Sinope. Part I: Inscriptions (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien. Band 64). Habelt, Bonn 2004, ISBN 978-3-7749-3036-0.
Askold I. Ivantchik: Die Gründung von Sinope und die Probleme der Anfangsphase der griechischen Kolonisation des Schwarzmeergebietes. In: Gocha R. Tsetskhladze (Hrsg.): The Greek Colonisation of the Black Sea Area. Historical Interpretation of Archaeology (= Historia. Einzelschriften. Bd. 121). Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07302-7, S. 297–330.
Dominique Kassab Tezgör (Hrsg.): Sinope: The Results of Fifteen Years of Research. Proceedings of the International Symposium, 7–9 May 2009. Brill, Leiden 2011.
↑Ablehnend gegenüber einer Gründung vor dem späten 7. Jahrhundert v. Chr. u. a. Askold I. Ivantchik: Die Gründung von Sinope und die Probleme der Anfangsphase der griechischen Kolonisation des Schwarzmeergebietes. In: Gocha R. Tsetskhladze (Hrsg.): The Greek colonisation of the Black Sea area. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998, S. 299–330 (mit vielen Gegenargumenten und weiteren Belegen).
↑Zur Koloniegründung Axel Filges: Münzbild und Gemeinschaft. Die Prägungen der römischen Kolonien in Kleinasien (= Frankfurter Archäologische Schriften. Band 29). Habelt, Bonn 2015, ISBN 3-7749-3947-0, S. 30.