Siegward Rüdiger Lönnendonker (* 18. April 1939 in Rheydt; † 3. September 2022 in Berlin)[1] war ein deutscher Soziologe und Experte für die Geschichte der Außerparlamentarischen Opposition. Das ab 1963 durch Sammlung von Lönnendonker aufgebaute Archiv Außerparlamentarische Opposition und soziale Bewegungen, kurz APO-Archiv, wurde 2004, mit rund 800 laufenden Regalmetern Umfang, in den Bestand des Universitätsarchivs der Freien Universität Berlin übernommen.[2] Bis zu seinem Tod war Lönnendonker als ehrenamtlicher Mitarbeiter im Archiv tätig.[3]
Lönnendonkers Familie zog 1942 nach Bielefeld, wo sein Vater Karl Lönnendonker in der Rüstungsindustrie tätig war.[4] Nach schweren Bombardements wurde er mit seiner Mutter Maria und seiner Schwester Hiltrud nach Halle (Westf.) evakuiert. Im Herbst 1945 wurde er in Bielefeld eingeschult, besuchte dort ab 1947 eine katholische Bekenntnisschule und anschließend von 1949 bis 1958 das staatlich-städtische Gymnasium zu Bielefeld, wo er das Abitur bestand. Ab 1958 studierte er zunächst Physik und Mathematik, ab 1963 dann Soziologie, Politologie und Psychologie an der Freien Universität Berlin.
1963 wurde er Hilfsassistent im damaligen „Institut für politische Wissenschaft“ (später: „Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung“) der Freien Universität und sammelte – vorerst privat – Materialien der sich entwickelnden studentischen Revolte. 1963 wurde er Mitglied der Deutsch-Israelischen Studiengruppe (DIS), Vorsitzender der FU-Gruppe und arbeitete im israelischen Kibbuz Nachal-Oz. Seit 1962 war er im SDS.
1970 absolvierte Lönnendonker das Diplom in Soziologie mit einer Arbeit über den Berliner SDS. Von 1970 bis 1977 war er Assistent am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung (ZI 6, ehemals Institut für politische Wissenschaft) der FU Berlin, ab 1978 dort wissenschaftlicher Angestellter und zugleich Gründer und Leiter des Archivs „APO und soziale Bewegungen“, heute „APO-Archiv der Freien Universität“. 1987 promovierte er mit einer Arbeit zur Geschichte der Freien Universität Berlin. Er war lange Zeit Mitglied des Kuratoriums der FU.
Lönnendonker war Mitglied des Malteser Kreises, der das Redaktionskollegium der „Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte der Freien Universität Berlin“ bildete.[5]
1998/99 veranstaltete Lönnendonker zusammen mit Karol Kubicki zum 50-jährigen Jubiläum der FU eine Universitätsvorlesung über deren politische Geschichte mit beteiligten Zeitzeugen.[6]
Angesichts der Fülle von Darstellungen über die „Rote Kaderschmiede FU“ sah er – selbst Ko-Autor von Büchern über die Studentenbewegung – seine vorrangige Aufgabe darin, mit den anderen Mitgliedern des Malteser Kreises eine bisher nicht vorhandene Dokumentation über die wissenschaftlichen Arbeiten der Freien Universität zu erstellen: die „Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte der Freien Universität Berlin“, die 2015 mit dem siebenten Band abgeschlossen wurden.
Zur „Humboldt-Universität“ während der DDR-Zeit äußerte sich Lönnendonker kritisch: Die im Jahre 1949 erfolgte Umbenennung der alten „Friedrich-Wilhelms-Universität“ in „Humboldt-Universität“ sei einer „der größten Etikettenschwindel in der Geschichte der deutschen Universität“ gewesen. Als juristische Neugründung der Kommunisten mit dem Ziel der Umwandlung in eine „Parteihochschule sowjetischen Typs“ habe die HU „nicht mehr das Geringste mit den Vorstellungen von Humboldt zu tun“ gehabt. Das Ergebnis waren nach Lönnendonker „Unterdrückung und Verfolgung jeglicher Opposition durch Verhaftung und Verschleppung, Bespitzelung und Terror bis in die Hörsäle“.[7] Die Freie Universität habe mit ihrer Gründung die Ideale Humboldts gerettet. Nach der Auszeichnung der FU im Elitewettbewerb bilanzierten Kubicki und Lönnendonker: „Nur die Weiterführung der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität im Humboldtschen Geiste der Freiheit von Lehre und Forschung konnte die Fortführung der wissenschaftlichen Tradition mit ihren Spitzenleistungen garantieren.“[8]
Seit Juli 2004 war Siegward Lönnendonker „aktiver Rentner“.