Der Naturraum wird durch die Marsch-, Moor- und Schwemmlandschaft der Hamme- und Wümme-Niederung und die eiszeitlich geprägte Geestlandschaft mit ihren Sand- und Lehmböden bestimmt.
Gemeindegliederung
Die heutige Gemeinde Ritterhude besteht aus folgenden ehemals selbstständigen Orten (in Klammern die Einwohnerzahl mit Stand 04/2013):
1182 wurde Ritterhude als Hude (PlattdeutschHu’e) erstmals in einer Urkunde des Klosters Osterholz erwähnt. Die Hude-Orte gehören zu einer Gruppe weniger noch bestehender Ortsnamen wie Hude (Oldenburg) oder Hude (Nordfriesland). Zudem sind einige Hundert Präfixe (Vorsilben) und Suffixe (Nachsilben) zu Ortsnamen gebildet worden, die in Norddeutschland, in den Niederlanden (-hijde) und in England (-hithe) verbreitet sind.
Mittelalter
Das Geschlecht von der Hude wurde 1185 erstmals in einer Urkunde genannt. Die Burg Hude diente 1309, gemäß dem Bremer Urkundenbuch, zur Bewachung der Furt über die Hamme als einzigen Heerweg von Hamburg nach Bremen. Ab 1350 diente Ritterhude dem Piraten Johann Hollemann als wichtiger Stützpunkt und Beutelager. Er wurde 1366 gehängt.
1380 gelobten die Ritter und Knappen von der Hude, dass „unze Slot“ ein offenes Schloss sein soll und so entging es der Zerstörung.
Neuzeit
Nach dem ältesten Register der freien Dämme lebten 1568 auf dem Damthor Hude 52 Familien. Die Zahl stieg gemäß der Schatz- und Contributionsbeschreibung bis 1635 auf 89 Familien.
1712 vernichtete ein Großbrand 56 Gebäude, darunter eine Wasser-Mühle. 1757 wurden Schloss und Dammbrücke im Siebenjährigen Krieg zerstört.
Im Jahre 1774, nach dem Tode von Friedrich August von der Hude, dem letzten seines Stammes in Ritterhude, erwarb Georg Gröning, späterer Ratsherr, Senator und Bürgermeister von Bremen, das Dammgut. Er und sein Sohn Heinrich v. Gröning, ebenfalls Bürgermeister und Präsident des Obergerichtes in Bremen, bauten die wiederhergestellte Wasserburg zum Herrenhaus um, das sie durch Anbau des Nordflügels zu einem dreiflügeligen Bau erweiterten. Nachfahren (Familie von Rex von Gröning) bewohnen diesen bis heute.
1850 wurde das Gericht Ritterhude mit den Orten Ritterhude, Osterhagen-Ihlpohl und Werschenrege (mit Erve, Loge, Ovelgönne), Heilshorn, Hülseberg/Isehorn, Buschhausen und Vor-Scharmbeckstotel mit dem Amt Osterholz vereint. 1854 durfte in Ritterhude erstmals ein Gemeinderat gewählt werden.
Von 1900 bis 1945
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden folgende Gebäude erstellt: 1912 die Turnhalle, 1925 die Linden-Apotheke, 1927 das Pfarrhaus mit Konfirmandensaal, 1930 die Riesschule und 1931 das Postamt. Außerdem wurde um 1926/30 die Landstraße zwischen Schlossbrücke und Nordseite ausgebaut. Seit 1911 gibt es in Nordseite eine Brücke über die Wümme, zunächst als Holzbrücke, seit 1933 als Betonbrücke.[2]
Ab 1929 stiegen die Arbeitslosenzahlen in Ritterhude stark an. Die Weltwirtschaftskrise warf ihren Schatten, fast 30 Prozent der ca. 2400 Ritterhuder mussten Ende 1932 von öffentlichen Mitteln leben. Das erste Mal tauchte die NSDAP mit 29 Stimmen bei der Reichstagswahl Dezember 1924 auf. Im September 1930 erreichte sie 183 und im Juli 1932 488 Stimmen, sank aber bei der Wahl am 6. November 1932 um nahezu die Hälfte (auf 257) und damit erheblich stärker als im Reichsmaßstab. Die NSDAP kam in Ritterhude nicht an die Spitzenwerte der SPD heran. Bis zur Reichstagswahl März 1933 blieb die SPD die führende Partei in Ritterhude, leistete allerdings keinen großen organisierten Widerstand. Die DZP, DDP und DVP spielten bei den Ritterhuder Wahlen keine große Rolle. Die DHP erhielt 1920/1924 noch um die 200 – vermutlich bäuerliche – Stimmen, doch danach ging es steil bergab. Die rechts gerichtete DNVP zählte bis 1930 im Schnitt nur 80 Wähler, aber ab der Juli-Wahl 1932 stieg die Anzahl: Im November gaben ihr 217 Ritterhuder ihre Stimme. Wie die NSDAP profitierte sie wohl vom Trend der bürgerlichen Wählerschaft nach rechts.[3]
Der Bürgermeister von Bremen-Lesum, Hauptsturmführer Fritz-Johann Köster, trieb in der Reichspogromnacht 1938 persönlich die jüdische Familie ter Berg aus Ritterhude in die Hamme-Niederung. Die SA-Männer brachten die Familie mit Kösters Wagen zur Erschießung auf ein freies Feld. Köster und sein Truppenführer wagten es jedoch letztlich nicht, alle Familienmitglieder zu erschießen. Stattdessen ließen sie die ter Bergs unter Abgabe eines Schreckschusses zunächst laufen (Quelle: Götz Aly: Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Bd. 2″, S. 391).[4]
Seit 1999
1999 erfolgte der Umbau der Mehrzweckhalle zu einem Veranstaltungszentrum. Das Rathaus von 1927 wurde 2000 umgebaut. Seit 2004 darf Ritterhude auch den plattdeutschen Ortsnamen Hu’e offiziell auf den Ortseingangstafeln führen.
Am Abend des 9. September 2014 beschädigte eine schwere Detonation auf dem Gelände eines ortsansässigen Entsorgungsunternehmens rund 40 Häuser eines benachbarten Wohngebiets.[5][6][7] Ein Mitarbeiter des Unternehmens erlag rund eine Woche später den Verletzungen, die er sich infolge der Detonation zugezogen hatte.
Eingemeindungen
Am 1. März 1974 wurden die Gemeinden Lesumstotel, Osterhagen-Ihlpohl, Platjenwerbe, Stendorf und Werschenrege eingegliedert.[8]
Einwohnerentwicklung
Gemeinden, aus denen im Jahr 1974 die Einheitsgemeinde Ritterhude gebildet wurde
Der Gemeinderat der Gemeinde Ritterhude besteht aus 30 Ratsfrauen und Ratsherren. Dies ist die festgelegte Anzahl für eine Gemeinde mit einer Einwohnerzahl zwischen 12.001 und 15.000 Einwohnern.[10] Die 30 Ratsmitglieder werden durch eine Kommunalwahl für jeweils fünf Jahre gewählt. Die aktuelle Amtszeit begann am 1. November 2021 und endet am 31. Oktober 2026.
Gemeinderatswahl 2021
Wahlbeteiligung: 59,37 %. Ratsvorsitzender Hans Rudolf Gfrörer.
HauptamtlicherBürgermeister der Gemeinde Ritterhude ist Jürgen Kuck (SPD). Bei der Stichwahl am 26. September 2021 wurde er mit 66,04 % der Stimmen als Nachfolger für Susanne Geils ins Amt gewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,26 %.[11]
Wappen
Das Wappen der Gemeinde zeigt auf Rot über grünem Schildfuß einen nach links springenden Ritter in silberner Rüstung auf silbernem, goldgezäumten Pferde, die Lanze eingelegt, auf dem Schild, Helm und Satteldecke die Farben des von der Hude’schen Wappens silber – schwarz – gelb.[12]
Flagge
Die Farben der Gemeinde sind silber – schwarz – gelb. Die Flagge der Gemeinde besteht aus drei gleich breiten Querstreifen, oben silber, in der Mitte schwarz, unten gelb, mittig im Vordergrund befindet sich das Wappen der Gemeinde.[12]
Zum alljährlichen Hammefest werden entlang der Riesstraße, in welcher das Hammefest gefeiert wird, diese Flaggen an den Straßenlampen aufgehängt.[13]
Im Zentrum der Gemeinde prägen Gebäude in Backsteinarchitektur das Ortsbild, welche von den in Ritterhude gebürtigen und Ende des 19. Jahrhunderts in die USA ausgewanderten Gebrüdern Ries gestiftet wurden. Es handelt sich um die Turnhalle (1912), die Apotheke (1926), das Rathaus (1928), das Pfarrhaus (1929), die Ries-Schule (1930) und die Post (1932).[14]
Die evangelische St.-Johannes-Kirche wurde 1792 anstelle eines Vorgängerbaus aus Fachwerk errichtet und 1908 sowie 1929 umgebaut. Unter anderem wurde das Fachwerk der Außenwände durch Backsteinmauern ersetzt. Der Turm in Ziegelbauweise wurde 1892 angebaut und 1936 aufgestockt.
Die baulichen Ursprünge des von einer Graft umgebenen Hauptgebäudes des Dammgutes, eines Adelssitzes, reichen bis in das 14. Jahrhundert zurück.
Die im Ortszentrum befindliche ehemalige Windmühle, von der der 1876 bis 1880 errichtete Unterbau erhalten ist, wurde nach der im April 2006 begonnenen Instandsetzung am 3. August 2007 eingeweiht und wird seitdem für kulturelle Zwecke genutzt.
Die Ritterhuder Schleuse an der Hamme wurde 1874/75 errichtet und steht seit 1985 unter Denkmalschutz.
Auf dem jüdischen Friedhof Ritterhude an der Ecke Am Schafkoven/Lesumstoteler Straße, der von 1780 bis 1938 belegt wurde, sind 29 Grabsteine vorhanden. Der Friedhof ist ein geschütztes Baudenkmal.
Regelmäßige Veranstaltungen
Jährlich in der Gemeinde ausgerichtet werden das Hammefest am ersten September-Wochenende auf der Riesstraße (2015 zum 30. Mal), das Osterfeuer am Schützenplatz, das Schützenfest und das Erntefest in Lesumstotel/Werschenrege.
Seit 2006 gibt es die Ritterhuder Torfnacht, ein Open-Air-Konzert auf dem Außengelände des Hamme Forum (ehemals Ritterhuder Veranstaltungszentrums) und den Internationalen Ritterhuder Judo-Hamme-Pokal der Mädchen und Jungen.
Wirtschaft und Verkehr
Wirtschaft
Ritterhude ist Teil der europäischen Metropolregion Nordwest. Von den 3549 Beschäftigten kommen aus den Bereichen Produzierendes Gewerbe 33 Prozent, Handel, Gastgewerbe und Verkehr 31 Prozent sowie Dienstleistungen 36 Prozent. Ritterhude verzeichnet 2930 Einpendler und 4491 Auspendler; vornehmlich aus und nach Bremen (alle Zahlen aus 2010).
Von dem Netz von Gewerbegebieten mit Flächen von 1,3 bis 27,1 Hektar sind zu nennen
der Gewerbepark Ritterhude,
das Gewerbegebiet Ihlpohl,
das Gewerbegebiet Auf dem Radberg/Stendorfer Straße,
sowie die kleineren, in die Siedlungsstruktur integrierten, Gewerbegebiete Kiepelbergstraße, Am Großen Geeren, An der Ihle, Lesumstotel und
das Sondergebiet Heidkamp für den Einzelhandel.
Als größere und ältere Firmen sind in Ritterhude zu nennen
die Linpac Packaging GmbH in der chemischen Industrie,
die Lubrizol Deutschland GmbH in der chemischen Industrie,
die Asel AG für Metall-, Maschinen- und Stahlbau sowie Autokran-Baumaschinenvermietung
die Thiele & Fendel Bremen GmbH & Co. KG für Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen,
die Klenke Elektrotechnik GmbH & Co. KG für Elektro- und Sicherheitstechnik
die Kähler Baumaschinen GmbH & Co.KG
die BKE Jens Fislage Büro- und Kommunikationseinrichtungen.
Verkehr
Die Gemeinde liegt verkehrsgünstig an der A 27 (Cuxhaven–Bremerhaven–Bremen–Walsrode) und der B 74 (Bremen–Stade). Die Anschlussstelle Ritterhude Süd der A 27 befindet sich auf Höhe des Autobahndreiecks zur A 281, welche als zukünftige Weserquerung eine wichtige Rolle in der verkehrstechnischen Anbindung des nordwestdeutschen Raumes (z. B. Richtung Oldenburg) einnimmt.
Außerdem verkehren zu bestimmten Zeiten einige Schulbusse, wie die Linie 656 (nach Stendorf), 659 (nach Platjenwerbe) und 663 (nach Osterholz-Scharmbeck).
In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird im Nachtbusverkehr die Linie N62 stündlich zwischen Bremen Hauptbahnhof und Osterholz-Scharmbeck angeboten. Sie hat auch Haltestellen in Ritterhude.
Öffentliche Einrichtungen
Allgemein
Rathaus Ritterhude
Freiwillige Feuerwehr in Ritterhude mit den Ortsfeuerwehren Ihlpohl, Lesumstotel/Werschenrege, Platjenwerbe, Ritterhude und Stendorf sowie den Jugendfeuerwehren Ritterhude und Ihlpohl und der Kinderfeuerwehr in Stendorf
Polizei Ritterhude
Bildung
Grundschule Ritterhude
Grundschule Ihlpohl
Grundschule Platjenwerbe
Schulzentrum Moormannskamp: Gymnasium Ritterhude (von der Organisation von Haupt- und Realschule abgetrennt) Haupt- und Realschule Ritterhude (eröffnet 1977)
Gymnasium Ritterhude, seit 2007/2008 auch Oberstufe
Riesschule: seit 2008 Oberstufe des Gymnasiums
Zivildienstschule Bremen/Ritterhude
Sozialeinrichtungen
Krankenhauswesen: nächstgelegene Akutkrankenhäuser: Klinikum Bremen-Nord, Residenz-Klinik Lilienthal und Kreiskrankenhaus Osterholz.
Kindertagesstätte Goethestraße
Kindergarten Lehmbarg
Kindertagesstätte Stendorf
Jugendfreizeitheim Ritterhude
Sozialstation der Gemeinde Ritterhude
Bellvita Sozialeinrichtungen
Seniorenzentrum Haus Christian
Wohnpark Am Dammgut
Kirchen
ev.-luth. Kirchengemeinde St. Johannes
ev.-luth. Kirchengemeinde Werschenrege
kath. Kirchengemeinde St. Birgitta (zur Gemeine Hl. Familie in Osterholz-Scharmbeck, Kirche in Bremen-Marßel)
Karl-Heinz Geils (* 20. Mai 1955), ehemaliger deutscher Bundesliga-Fußballspieler
Ulrike Gutheil (* 11. Dezember 1959), Juristin, seit 2016 Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg
Helga Müller: Das Dorf Ritterhude – die Einwohner und ihre Wohnstätten, [Ritterhude] 2011. [ca. 250] Bl. + 1 CD.[16]
Dietbrandt Cassel: Beiträge zur Geschichte des Ortes Ritterhude, Ritterhude 1969. 101 Bl. : Ill., Kt.[17]
Friedrich Kühlken: Zwischen Niederweser und Niederelbe – Eine Heimatkunde des Landes Bremen und des Niedersächsischen Regierungsbezirks Stade, Osterholz-Scharmbeck, 1950.
Bernard Lange: Chronik der Polizei Ritterhude, Diem und Neumann, 1978.
↑Ritterhude.: Vom adligen Gericht zur Gemeinde Ritterhude Alt-Ritterhude, Ihlpohl, Lesumstotel, Platjenwerbe, Stendorf, Werschenrege. Simmering, 1996, ISBN 3-927723-31-2.