Proustit entwickelt meist durchscheinende bis undurchsichtige und oft flächenreiche Kristalle mit kurz- bis langprismatischem, rhomboedrischem oder skalenoedrischemHabitus sowie flach- oder spitzpyramidalen Enden. Daneben findet er sich aber in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate, krustiger Überzüge oder Dendriten. Sichtbare Kristallflächen weisen einen diamantähnlichen Glanz auf.
Nach Franz Xaver Zippe (1857) und Franz von Kobell (1864) wurden die Begriffe Rothgiltigertz beziehungsweise rotgüldenes Ertz bereits von Basilius Valentinus im 14. Jahrhundert verwendet. Georgius Agricola beschreibt 1546 ein Rotgolderz (Argentum ruderubrum) während Conrad Gesner das Mineral 1565 Argentum rubricoloris, also Rotgüldenerz nennt.[10]
Die Bezeichnung Rotgültig bzw. Rotgültigerz (auch Rotgültigertz, nach Mathesius 1562), roth Güldig Ertz (nach Ercker 1580) und Rothgüldenerz (nach Henckel 1754) wurde mindestens seit dem 16. Jahrhundert unter Bergleuten für reiche Silber-Erze mit rötlicher Farbe und starkem, blendeartigem Glanz verwendet. Durch Johann Friedrich Henckel ist seit 1754 auch die Bezeichnung Rothgüldenerz überliefert.[11]
Abraham Gottlob Werner unterschied zwar bereits 1789 zwischen Dunklem und Lichtem Rotgiltigerz[11], allerdings konnte der Chemiker Joseph Louis Proust erst 1804 durch seine chemischen Analysen klären, dass die Rotgültigerze von Antimon (Dunkel, Ag3SbS3) und Arsen (Licht, Ag3AsS3) zwei eigenständige Minerale sind.[12]
Während das häufiger vorkommende Dunkle Rotgültigerz 1831 durch Ernst Friedrich Glocker den Namen Pyrargyrit (von griech. πῦρ [pûr] „Feuer“ und ἄργυρος [argyros] für „Silber“) erhielt[11], benannte François Sulpice Beudant 1832 das Lichte Rotgültigerz nach Proust, um dessen Leistung zur Aufklärung der Zusammenhänge um die Rotgültigerze zu würdigen.[9]
Da der Proustit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Proustit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[3] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Proustit lautet „Prs“.[1]
Da für Proustit keine Typlokalität definiert ist, gibt es auch kein historisches Typmaterial zu diesem Mineral. Ein Neotypmaterial ist bisher nicht definiert (Stand 2024).[13]
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Proustit die System- und Mineralnummer 03.04.01.01. Dies entspricht ebenfalls der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfosalze“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis 3 > z/y und der Zusammensetzung (A+)i (A2+)j [ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ in der „Proustitgruppe“, in der auch Pyrargyrit eingeordnet ist.
Chemismus
In der idealen, stoffreinen Zusammensetzung von Proustit (Ag3AsS3) besteht das Mineral aus Silber (Ag), Arsen (As) und Schwefel (S) im Verhältnis von 3 : 1 : 3. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichtsprozent) von 65,41 Gew.-% Ag, 15,14 Gew.-% As und 19,44 Gew.-% S.[15]
Die Analyse von natürlichem Proustit aus Cobalt in der kanadischen Provinz Ontario ergab leicht abweichende Werte von 64,12 Gew.-% Ag, 15,90 Gew.-% As und 19,28 Gew.-% S sowie als Fremdbeimengung 0,08 Gew.-% Antimon (Sb) und 0,75 Gew.-%Kupfer (Cu) nicht weiter differenzierte Anteile.[6]
Ähnliches Material aus der Veta Rica mine bei Coahuila in Mexiko enthielten 64,65 Gew.-% Ag, 15,25 Gew.-% As und 20,18 Gew.-% S sowie ebenfalls Spuren von Sb und 0,70 Gew.-% Cu.[6]
Die Kristallstruktur besteht aus einer rhomboedrischen Elementarzelle, deren Ecken und Zentrum durch AsS3-Gruppen besetzt werden. Diese Gruppen bilden flache Pyramiden mit As als Spitze, in den Lücken sich die Ag-Atome befinden, wobei jedes S-Atom jeweils zwei Ag-Atome als nächste Nachbarn hat.
Eigenschaften
Die Farbe von frischen Proustitproben variiert zwischen Scharlach- und Zinnoberrot. Unter Lichteinwirkung dunkelt das Mineral mit der Zeit nach und wird fast schwarz. Gleichzeitig „ergraut“ es aufgrund eines feinen Silberüberzuges. Von dem sehr ähnlichen, ebenfalls nachdunkelnden Pyrargyrit lässt er sich allerdings durch seine hellere, zinnoberrote Strichfarbe unterscheiden.[8]
Vor dem Lötrohr schmilzt Proustit auf Kohle zu einem Silberkorn, wobei sich Arsengeruch bemerkbar macht.[8]
Als eher seltene Mineralbildung kann Proustit an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 860 Vorkommen dokumentiert.[16] Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Proustitfunde ist vor allem die Silberlagerstätte bei Chañarcillo im Kleinen Norden von Chile, wo bis zu 10 cm lange Kristalle zutage traten.[17] Der mit über 12 cm bisher längste, bekannte Kristall wurde allerdings 1936 bei Schneeberg (Sachsen, Deutschland) gefunden[18] und die „Poorman Mine“ bei Banner im Boise County (Idaho, USA) gab 1865 Funde von kristallinen Massen mit einem Gewicht von über 250 kg bekannt[17].
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P. Engel, W. Nowacki: Die Verfeinerung der Kristallstruktur von Proustit, Ag3AsS3, und Pyrargyrit, Ag3SbS3. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1966, S.181–184.
Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S.42.
A. G. Betechtin (А. Г. Бетехтин): Lehrbuch der speziellen Mineralogie. 2. Auflage. VEB Verlag Technik, Berlin 1957, S.232–234 (russisch: Курс минералогии. Übersetzt von Wolfgang Oestreich).
Proustite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF); abgerufen am 4. Juli 2024 (englisch).
↑ abcdeHugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S.119 (englisch).
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Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
↑ abDavid Barthelmy: Proustite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 4. Juli 2024 (englisch).
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Proustite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 51kB; abgerufen am 4. Juli 2024]).
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↑ abF. S. Beudant: Proustite, argent antimonié sulfuré en partie. In: Traité Élémentaire de Minéralogie. 2. Auflage. Paris 1832, S.445–447 (französisch, rruff.info [PDF; 125kB; abgerufen am 4. Juli 2024]).
↑Localities for Proustite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 4. Juli 2024 (englisch).
↑ ab
Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S.50.