Die Stadt liegt in der historischen Region Ostpreußen auf einer Höhe von drei Metern über dem Meeresspiegel,[2] etwa 40 Kilometer nordöstlich von Königsberg (Kaliningrad) und 55 Kilometer südwestlich von Tilsit (Sowjetsk) am Übergang der Hauptstraße und Eisenbahn über die Deime (rus. Deima; prußisch Deimena/ Deiwmena), kurz vor deren Mündung ins Kurische Haff. Nordöstlich der Stadt liegt das Hochmoorgebiet Großes Moosbruch.
Geschichte
Die Burg Labiau wurde nach der Eroberung des Samlandes zwischen 1258 und 1259 angelegt und sollte Königsberg vor Feinden schützen, die sich über das Haff näherten. 1277 brannten die Schalauer sie nieder. Die Burg wurde anschließend aus Stein als Komturei wieder errichtet. 1352 siegte Heinrich Schindekopf über die Litauer. Die Wasserburg galt als uneinnehmbar und wurde nach 1550 von Anna Maria, der zweiten Frau Herzogs Albrecht, bewohnt. Stadtrecht wurde ihr 1642 durch den Großen Kurfürsten verliehen. 1656 wurde in der Stadt der Vertrag von Labiau zwischen Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und König Karl X. Gustav von Schweden geschlossen.[3]
Ruine der Ordensburg
Ordensburg (2010)
Innenhof (2012)
Innenhof (2012)
Innenhof (2012)
Seitenflügel (2018)
Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Kreisstadt Labiau eine evangelische Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, eine Dampfbrauerei, Dampfsägemühlen und Fischhandel.[4]
1945 wurde Labiau von der Roten Armee besetzt und nach Kriegsende der Verwaltung der RSFSR, der russischen Teilrepublik der Sowjetunion, unterstellt. Die sowjetische Besatzungsmacht führte 1946 für Labiau die Ortsbezeichnung Polessk ein. Seit der Auflösung der Sowjetunion gehört der Ort zur Russischen Föderation. Von 2008 bis 2016 war Polessk Sitz der städtischen Gemeinde Polesskoje gorodskoje posselenie mit den beiden weiteren Siedlungen Podsobny (russischПодсобный) (Groß Reikeninken, 1938–1945 Reiken) und Tjulenino (russischТюленино) (Viehof).
Ortsname
In alten Urkunden auftretende Varianten des Ortsnamens sind:
Labegowe moter (1258), in terra Labigow (1261), Labigow/ Labiow (1300) und
Labiau/ Labiaw (1420). Vermutlich stehen diese Ortsbezeichnungen in Zusammenhang mit prußisch labs = gut, prußisch moter = sumpfiges Land, Areal, Beritt, oder auch mit litauisch labguvyna = Heilstein (cuprum aluminatum sive lapis divinus).[5]
Wappenbegründung: Das der Stadt Labiau 1642 vom Großen Kurfürsten verliehene Wappen mit Waldsymbol und Jägersymbol weist auf die Lage der Stadt und die Beziehungen des Großen Kurfürsten zum Wald und zur Auerochsenjagd in der Nähe Labiaus hin.
Die Labiauer Stadtkirche war neben dem Königsberger Dom die einzige dreischiffige Kirche im nordwestlichen Teil Ostpreußens. Als chorloseHallenkirche aus verputztem Feldstein wurde sie Ende des 14. Jahrhunderts mit vorgesetztem Westturm aus Ziegeln errichtet.[15] In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde sie u. a. mit Einbau des Zellengewölbes restauriert. 1701 erhielt die Kirche eine von Johann Josua Mosengel gebaute Orgel und 1870 einen Neubau von Wilhelm Sauer aus Frankfurt (Oder). Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde danach zweckentfremdet und verfiel. In den 1960er Jahren hat man das Gebäude abgetragen, um Baumaterial zu gewinnen. Die Fundamente fanden Verwendung für den Neubau eines fünfstöckigen Wohnhauses, das jetzt den Platz der Kirche einnimmt.
Die vor 1945 kleine römisch-katholische Gemeinde besaß als eigenes Gotteshaus die St.-Ansgar-Kapelle. Gebaut wurde sie 1928 nach Plänen des Königsberger Architekten Schönwald. Im Jahre 1925 gab es in der Stadt Labiau 25 Katholiken und 288 weitere im ganzen Kreisgebiet. Das Gebäude der Kapelle wird heute nicht mehr gottesdienstlich genutzt. Hier ist jetzt eine Musikschule untergebracht.
Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777 (Digitalisat S. 48–52).
Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I: Topographie von Ost-Preußen. Marienwerder 1785, S. 14 (Digitalisat Volltext).
Johann Georg Krünitz, Friedrich Jakob Floerken, Heinrich Gustav Flörke, Johann Wilhelm David Korth, Carl Otto Hoffmann und Ludwig Kossarski (Hrsg.): Labiau. In: Oekonomisch-technologische Encyklopädie. Band 58, Berlin 1792 (Digitalisat S. 46–47).
Leopold Krug: Die preußische Monarchie – topographisch, statistisch und wirtschaftlich dargestellt. Teil 1: Provinz Ostpreußen. Berlin 1833 (Digitalisat S. 241–245).
August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835 (Digitalisat S. 496–501, Nr. 95.)
Max Toeppen: Ueber preussische Lischken, Flecken und Städte. Ein Beitrag zur Geschichte der Gemeindeverfassungen in Preußen. In: Altpreußische Monatsschrift, Band 4, Königsberg 1867, S. 511–536, insbesondere S. 515–527 (Digitalisat Volltext)
Adolf Boetticher: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen. Band 1: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Samlandes. Königsberg 1898, S. 60–66 (Google Books).
Wilhelm Sahm: Geschichte der Stadt Labiau. Stadtverwaltung (Hrsg.), Labiau 1942.
Labiau, Kreisstadt, 3,5 km vom Kurischen Haff, an der Deime, wo der Große Friedrichsgraben abzweigt, Regierungsbezirk Königsberg, Provinz Ostpreußen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Labiau (meyersgaz.org).
↑ abТаблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
↑ abLabiau, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und alter Landkarte der Umgebung von Labiau).
↑Eduard Heyck: Deutsche Geschichte. Volk, Staat, Kultur und geistiges Leben. Velhagen und Klasing, Bielefeld und Leipzig 1905, Bd. 3, S. 126.
↑ abLabiau, Lexikoneintrag in: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 12, Leipzig und Wien 1908, S. 6.
↑Cuprum aluminatum wird auch Augenstein, Heiligenstein und Kupferalaun genannt und ist ein Chalcedon aus der Gruppe der Quarze.
↑ abcLeopold Krug: Die preußische Monarchie – topographisch, statistisch und wirtschaftlich dargestellt. Teil 1: Provinz Ostpreußen, Berlin 1833, S. 241.
↑Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I: Topographie von Ost-Preußen. Marienwerder 1785, S. 14.
↑ abcdAlexander August Mützell, Leopold Krug (Hrsg.): Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Fünfter Band. T–Z Und eine tabellarische Übersicht … der 857 kleinern Städte …. Bei Karl August Kümmel, Halle 1823, S.314 (Digitalisat – Z. 355).
↑August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger Verlag, Königsberg 1835, S. 496–501, Nr. 95.
↑Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung Verlag, Königsberg 1861, S. 146, Ziffer 124.
↑ abcdeMichael Rademacher: Ostpreußen – Landkreis Labiau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Rudolf Lembcke: Kreis Land Hadeln. Geschichte und Gegenwart. Hrsg.: Kreis Land Hadeln. Buchdruckerei Günter Hottendorff, Otterndorf 1976, S.70 (Wappenteil).
↑Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens. Band 2: Bilder ostpreußischer Kirchen. Göttingen 1968, S. 60, Abb. 199–201.
↑Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens. Band 3: Dokumente. Göttingen 1968, S. 464.