In der Geschichte der Vereinigten Staaten ist Philadelphia eine der bedeutendsten Städte. Nach New York City und vor Washington, D.C. war sie von 1790 bis 1800 Nationalhauptstadt und damals die größte Stadt der USA sowie nach London die zweitgrößte englischsprachige Stadt der Welt. In Philadelphia tagte der erste und teilweise auch der zweite Kontinentalkongress sowie der Verfassungskonvent von 1787, die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung (4. Juli 1776) wurde hier verkündet und die Verfassung beschlossen.
Philadelphia wird umgangssprachlich Philly oder City of Brotherly Love genannt. Der Name der Stadt ist dem mehrerer antiker Städte (altgriechischΦιλαδέλφειαPhiladélpheia, von Philádelphos, dem Beinamen des pergamenischen Königs Attalos II.) nachempfunden und wurde vom Stadtgründer William Penn wohl auch direkt auf das unabhängig gebildete Substantiv (φιλαδελφίαphiladelphía, deutsch ‚Bruderliebe‘) bezogen. Er ist zusammengesetzt aus den Wurzeln von φιλέωphiléō, deutsch ‚lieben‘ oder φιλίαphilía, deutsch ‚Liebe‘ und letztlich φίλοςphílos, deutsch ‚lieb, teuer, liebevoll, freundlich‘ sowie ἀδελφόςadelphós, deutsch ‚Bruder‘, bedeutet also eben ‚Ort brüderlicher Liebe‘ oder ‚Bruderliebe‘.
Philadelphia befindet sich im Südostteil des Bundesstaates Pennsylvania, zwischen den Flüssen Schuylkill und Delaware, etwa 210 km nordöstlich von Washington D.C., 90 km nordwestlich von Atlantic City und 180 km südwestlich von New York City.
Geologie
Die durchschnittliche Höhe Philadelphias beträgt 12 Meter über dem Meeresspiegel. Der niedrigste Punkt der Stadt liegt bei drei Metern. Der Höchste ist der Chestnut Hill in der Nähe von German Town mit 136 Metern über Normalnull.[4] Die Stadt liegt auf der Fall Line, die die Atlantische Küstenebene von Piedmont trennt.[5]
Philadelphia gliedert sich in sieben Stadtbezirke, ähnlich den Boroughs in New York, und diese wiederum in einzelne Quartiere.
Liste der Stadtbezirke in Philadelphia:
Philadelphia ist eine der ältesten Städte der USA. Sie war vom Stadtgründer William Penn 1681 als Hauptstadt der Quäker-Kolonie Pennsylvania geplant. Penn gab der neuen Stadt einen biblischen Namen: In Offb 3,7–13 EU ist Philadelphia die einzige der sieben Gemeinden, die dem Lamm Gottes (d. h. Jesus Christus) auch in der Zeit der Verfolgung uneingeschränkt treu bleibt.
In Philadelphia wurde am 4. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung beschlossen und verkündet, wie auch die Verfassung am 17. Juli 1787. Bis ins frühe 19. Jahrhundert war Philadelphia auch die größte Stadt der USA und zeitweise die größte englischsprachige Stadt westlich von London. Zu der Zeit wurde dort mit der Permanent Bridge die erste Brücke über den Schuylkill River und mit der Colossus Bridge auch die seinerzeit größte Bogenbrücke der Welt gebaut.
Johannes Nepomuk Neumann, ein böhmisch-deutscher Priester und Missionar, wurde 1852 zum Bischof von Philadelphia geweiht. Er baute in nur acht Jahren Amtszeit die Grundlagen für das bis heute bestehende System kirchlicher Schulen in den Vereinigten Staaten auf. 1977 wurde er von Papst Paul VI. heiliggesprochen, als erster US-amerikanischer Bischof. Ab 1854 war der deutsche Maler Paul Weber in Philadelphia tätig und beeinflusste die Hudson River School.
Die berühmte Freiheitsglocke, Liberty Bell, die zuvor als Symbol der Unabhängigkeitskriege durch das Land gereist war, befindet sich seit 1915 wieder in der Stadt und hängt seit 2003 in einem eigens zu diesem Zweck geschaffenen Ausstellungsgebäude; zusammen mit der Independence Hall, in der sie einst hing, beherbergt Philadelphia damit zwei der wichtigsten symbolischen Stätten der Vereinigten Staaten.
In Philadelphia befinden sich das älteste Postamt sowie die beiden ersten Banken der USA und der erste Zoo Amerikas.
Die Einwohnerzahl erreichte um 1950 ihren Höhepunkt bei über zwei Millionen, begleitet von Wohnungsnot; viele Wohnungen stammten aus dem 19. Jahrhundert und verfügten nicht über zeitgemäße sanitäre Einrichtungen. Dann nahm die Bevölkerung im Stadtgebiet kontinuierlich bis rund 1,5 Millionen ab, während die der Metropolregion anwuchs. Zwischen 1890 und 1950 war Philadelphia nach New York und Chicago die drittgrößte Stadt der USA, bis 1960 Los Angeles diese Stellung übernahm. Mit der Volkszählung 1990 wurde Houston die viertgrößte Stadt vor Philadelphia. Inzwischen belegt Philadelphia hinter Phoenix den sechsten Rang der größten US-amerikanischen Städte.
Jahr
Einwohner
1790
28.522
1800
41.220
1810
53.722
1820
63.802
1830
80.462
1840
93.665
1850
121.376
1860
565.529
Jahr
Einwohner
1870
674.022
1880
847.170
1890
1.046.964
1900
1.293.697
1910
1.549.008
1920
1.823.779
1930
1.950.961
1940
1.931.334
Jahr
Einwohner
1950
2.071.605
1960
2.002.512
1970
1.948.609
1980
1.688.210
1990
1.585.577
2000
1.517.550
2010
1.526.006
2020
1.603.797
Die folgende Tabelle zeigt die Einwohnerentwicklung der Metropolitan Statistical Area Philadelphia – Camden – Wilmington nach der Definition des U.S. Census Bureau 2015, die sich über die Bundesstaaten Pennsylvania, New Jersey, Delaware und Maryland erstreckt:
Jahr
Einwohner¹
1990
5.435.550
2000
5.686.329
2010
5.065.662
2020
6.245.051
¹ 1990–2020: Volkszählungsergebnisse;
Zusammensetzung der Bevölkerung
Nach der Volkszählung (U.S. Census) des Jahres 2010 waren 41 % der Bevölkerung Weiße, 43,4 % Afroamerikaner, 6,3 % waren Asiaten, 12,3 % waren Hispanics unterschiedlicher „Rasse“. Damit lebten in Philadelphia erstmals mehr schwarze als weiße Bewohner, was vor allem daran liegt, dass viele Angehörige der weißen Mittelschicht das Stadtzentrum verlassen haben, eine Entwicklung, die seit den 1950er Jahren in fast allen US-amerikanischen Großstädten zu beobachten ist. Die Zusammensetzung der europäischstämmigen Bevölkerung der Stadt zeigt die lange Einwanderungsgeschichte der USA: 13,6 % sind irischer, 9,2 % italienischer, 8,1 % deutscher, 4,3 % polnischer und 2,3 % englischer Herkunft.
Politik
Bürgermeister
Der Bürgermeister ist Hauptgeschäftsführer der Stadtverwaltung von Philadelphia; derzeitiger Amtsträger ist seit Januar 2016 der DemokratJim Kenney.
Seitens der Justiz sind folgende Behörden für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung verantwortlich: Das Philadelphia Police Department, der Court of Common Pleas sowie die Staatsanwaltschaft Philadelphias.
Die hohe Verbrechens- und Mordrate und einige überregional Aufsehen erregende Mordfälle und Auseinandersetzungen führten zu öffentlichen Debatten.[11] Es ging dabei um die Einäugigkeit der Polizeikräfte gegenüber Afroamerikanern wie auch Klagen über die mangelnde Bereitschaft der schwarzen Gemeinde, insbesondere der Männer, sich an der öffentlichen Sicherheit zu beteiligen.
Am 12. September 2007 rief Polizeichef Sylvester Johnson 10.000 Afroamerikaner Philadelphias auf, entlang der Straßen der Stadt zu patrouillieren, um Verbrechen zu verhindern. Johnson unternahm diese Aktion namens „Call to Action: 10,000 Men, It’s a New Day“, um den unproportional hohen Anteil schwarzer Mordopfer zu verringern. Dennis Muhammad als lokaler Vertreter der Nation of Islam und Philadelphias Bürgermeister John F. Street unterstützten das Projekt.[12]
Aufstände
Wahlaufstand von 1742: Konflikt zwischen den Quäkern und der aufstrebenden deutsch-amerikanischen Minderheit
Lombardstraßenaufstand (Lombard Street riot, 1842): Dreitägige Straßenschlacht zwischen Vertretern der schwarzen und der irischen Gemeinde
Philadelphia Nativist Riots (1844): Antikatholische Ausschreitungen (vgl. Nativismus)
Philadelphia race riot (1964): Rassenunruhen in Nordphiladelphia, gravierende Zerstörungen, Vielzahl von Verletzten; wichtiger Anstoß für die Bürgerrechtsbewegung.
Wirtschaft
Die Metropolregion von Philadelphia erbrachte 2016 eine Wirtschaftsleistung von 417,7 Milliarden US-Dollar. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt bei 62.817 US-Dollar.[13] Bei einer Studie aus dem Jahr 2014 belegte Philadelphia Platz 28 unter den wirtschaftsstärksten Großräumen weltweit und Platz 8 innerhalb der Vereinigten Staaten.[14] Die Arbeitslosenrate betrug 5,8 % (Stand: März 2018) und lag damit über dem nationalen Durchschnitt. Die Wirtschaft der Stadt wird weitestgehend vom Dienstleistungssektor bestimmt.[15]
Independence National Historical Park: Im Independence National Historical Park sind mehrere historische Bauwerke zusammengefasst, die gemeinsam als Gedenkstätte vom Typ eines National Historical Parks unter Verwaltung des National Park Service ausgewiesen werden. Es gibt ein zentrales Besucherzentrum und die einzelnen Ausstellungen:
Auf der John F. Kennedy Plaza, auch LOVE-Park genannt, befindet sich seit 1976 – dauerhaft seit 1978 – die berühmte LOVE-Skulptur des Künstlers Robert Indiana. Der Park war bis zum Verbot durch die Stadt ein bekannter Skateboarding-Spot.[16]
Please Touch Museum, seit 1976, ein Museum für Kinder
Die Skyline Philadelphias wird von vielen Wolkenkratzern bestimmt. Lange Zeit über durfte kein Gebäude die 167 Meter des Rathausturmes überschreiten. Das erste Gebäude, das höher war, ist das One Liberty Place von 1987. Seitdem wurden zehn weitere Hochhäuser jenseits dieser Höhenmarke errichtet. Diese werden hier aufgeführt.
Seit dem Jahr 1900 beherbergt die Stadt das Philadelphia Orchestra, das unter Leopold Stokowski zu Weltruhm aufstieg. Der Name der Stadt war außerdem der Ursprung des Phillysounds, der in den 1960er Jahren entstand.
Essen
Philadelphia ist bekannt für das von hier stammende „Philly Cheesesteak“. Ein prominentes Restaurant für dieses Gericht ist das 1930 von Pat Olivieri in South Philadelphia gegründete Pat’s King of Steaks, das anfangs nur ein einfacher Hot-Dog-Stand war.[17] 1933 soll Olivieri hier mit seinem Bruder Harry das Philly Cheesesteak erfunden haben.[18]
Philadelphia liegt im Zentrum des von der Southeastern Pennsylvania Transportation Authority (SEPTA) betriebenen öffentlichen Verkehrsnetzes. Es umfasst U-Bahn, Straßenbahn- und auch Trolleybuslinien und gehört zu den größten öffentlichen Netzen der USA und bedient mit 9000 Mitarbeitern eine Region mit 3,9 Millionen Einwohnern.
Philadelphia gehört zu den derzeit zwölf Städten der USA, die in jeder der vier großen Sportarten (American Football, Eishockey, Baseball und Basketball) mit einem Team in der jeweils höchsten Liga vertreten sind.
In Philadelphia spielt die legendäre Screwball-Komödie The Philadelphia Story (1940; deutsch Die Nacht vor der Hochzeit). Bedeutende Filme und Serien, die ganz oder teilweise in Philadelphia gedreht wurden, sind:
Andrew Heath: In Union There Is Strength: Philadelphia in the Age of Urban Consolidation. University of Pennsylvania Press, Philadelphia 2019, ISBN 978-0-8122-5111-1.
Roger W. Moss: Historic Landmarks of Philadelphia. University of Pennsylvania Press, Philadelphia 2008, ISBN 978-0-8122-4106-8.
Alice L. George: Old City Philadelphia: Cradle of American Democracy. Arcadia, Charleston 2003, ISBN 0-7385-2445-X.
Edward Digby Baltzell: Puritan Boston and Quaker Philadelphia. Neuauflage der Erstausgabe von 1979. Transaction Publishers, New Brunswick 1996, ISBN 1-56000-830-X.
↑Beide Gruppen lebten so eng zusammen, dass nicht klar ist, ob die Krefelder Auswanderer den Mennoniten oder den Quäkern zuzurechnen seien. Siehe hier zu auch den Artikel auf THE INDEPENDENT FRIEND (Memento vom 21. Juni 2018 im Internet Archive).
↑US Department of Commerce, BEA, Bureau of Economic Analysis: Bureau of Economic Analysis. Abgerufen am 4. Juli 2018 (amerikanisches Englisch).
↑Alan Berube, Jesus Leal Trujillo, Tao Ran, and Joseph Parilla: Global Metro Monitor. In: Brookings. 22. Januar 2015 (brookings.edu [abgerufen am 4. Juli 2018]).