Sein erstes Kurienamt hatte er bis zum 2. Dezember 1995 inne, als er zum Titularerzbischof von Naissuspro hac vice und zum Präsidenten des Päpstlichen Rates „Cor Unum“ ernannt wurde. Nach dem Tode Papst Johannes Pauls II. wurde Cordes von Benedikt XVI. am 21. April 2005 im Amt bestätigt.
Sein aus Altersgründen vorgebrachtes Rücktrittsgesuch nahm Benedikt XVI. am 7. Oktober 2010 an.[4]
Vom 12. März 2013 bis zum 13. März 2013 nahm Paul Josef Kardinal Cordes am Konklave zur Wahl eines neuen Papstes als Nachfolger von Benedikt XVI. teil, aus dem Jorge Mario Bergoglio als Papst hervorging.
Das Jubiläum zum 40. Jahrestag seiner Bischofsweihe feierte er 2016 in seiner Heimatgemeinde St. Peter und Paul in Kirchhundem.[5] Am 19. Mai 2018 wurde er unter Beibehaltung seiner Titeldiakonie als Titelkirchepro hac vice zum Kardinalpriester ernannt.[6]
Paul Josef Cordes starb am 15. März 2024 in einer Klinik in Rom und wurde in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in seinem Heimatort Kirchhundem beigesetzt.[3]
Ehrungen und Auszeichnungen
Im Jahr 2000 zeichnete die Fu Jen Catholic University in Taipeh Cordes mit der Ehrendoktorwürde aus. Am 1. Februar 2006 wurde ihm im Vatikan durch den deutschen Botschafter am Heiligen Stuhl das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland überreicht. BundespräsidentHorst Köhler würdigte damit Cordes’ herausragendes Engagement und sein Bemühen um internationale humanitäre Einsätze und um internationale Verständigung und interreligiöse Kooperation.
Am 4. Dezember 2006 gab die Stadt Trier die Vergabe des Oswald-von-Nell-Breuning-Preises für das Jahr 2007 an Cordes (stellvertretend für Cor Unum) bekannt.
Auf Beschluss des Rates der Gemeinde Kirchhundem vom 13. Dezember 2007 wurde Paul Josef Kardinal Cordes am 27. April 2008 die Ehrenbürgerschaft verliehen. Wenige Wochen vor seinem Tod 2024 gab es öffentliche Überlegungen in der Gemeinde, ob Cordes wegen seiner Haltung zu Missbrauchsvorwürfen der Ehrenbürgerwürde noch gerecht werden könne.[7]
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Cordes besonders durch seine Untersuchung zur Rolle der Väter in der modernen Gesellschaft bekannt: Die verlorenen Väter – ein Notruf. Freiburg (Herder) 2002. Cordes analysiert Familienstruktur, Eherecht und Vaterrolle und kommt unter Berücksichtigung psychologischer Studien zu dem Ergebnis, dass die „Korrekturen“ der männlichen Identität verheerende Auswirkungen auf die seelische Gesundheit von Männern, Kindern und auf die Partnerbeziehungen hätten.
Besonders brisant und umstritten ist dabei Cordes’ Darstellung der möglichen Beziehung zwischen Vaterrolle, Gewaltbereitschaft von Vätern, Rechtsextremismus von Jugendlichen, Essstörungen und klinischer Depression bei Mädchen: „‚Frauenzentrierte Familien‘ lösen … gewaltförmige, demonstrative Männlichkeit unter Jugendlichen aus“ (S. 31). Cordes fordert daher die Rückkehr zu einem religiös fundierten Verständnis der Rollen von Männern und Vätern. Die Rolle des Mannes werde bestimmt durch die Ablösung von der Frau bzw. Mutter. „Der Junge muss lernen, nicht zur Frau zu werden“ (S. 32). Die Rolle des Vaters bestehe darin, die Beziehung des Kindes zur Mutter zu „entmischen“ (S. 25): „Es ist schließlich erst das Dazwischentreten des Vaters, durch das eine Mutter ihrem Kind zum Du wird. Sonst bildet sie mit dem Kind einen unauflösbaren Kokon, und hindert es, selbständig zu werden und sich der Wirklichkeit zu nähern.“ (S. 25) Im Anschluss an Erik Erikson betont Cordes die Unersetzlichkeit des Vaters für den Aufbau einer Identität und die Entstehung der Selbstachtung des Kindes: „‚Es gibt nämlich etwas, was nur ein Vater vermag: nur er kann das drohend Gebietende seiner Erscheinung durch das Hüteramt seiner leitenden, lenkenden Stimme ausgleichen.‘“ (S. 50, Zitat aus Eriksons Lutherstudie, S. 134)
Der Hauptteil der Darstellung befasst sich jedoch mit der religiösen Fundierung der Vaterrolle. In Abgrenzung zu Islam und Judentum arbeitet Cordes das Vaterbild des trinitarischen Gottesbegriffs heraus und vertritt die These, dass hinter der Vaterrolle in der Familie das christliche Gottesverständnis stehen müsse, um Orientierung zu geben und zugleich den Horizont zur transzendentalen Bedeutung des menschlichen Lebens hin zu öffnen. Damit sei Vaterliebe (in ihren zwei Bedeutungen) immer zugleich „Gottesliebe“.
Brisant ist seine Abgrenzung gegenüber dem Islam, wenn indirekt (in einer Berufung auf John Henry Newman), Theologen die Exkommunikation zugeordnet wird, falls sie den islamischen Gott mit dem christlichen identifizieren und den Islam als Offenbarung anerkennen (wahrscheinlich eine Anspielung auf Hans Küng) (S. 170f, Anm. 82, zu S. 140).
Zur Publikation Helfer fallen nicht vom Himmel. Caritas und Spiritualität, die von Jürgen Rüttgers und Franz Müntefering 2008 in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, schreibt Papst Benedikt XVI. im Geleitwort: „Ich freue mich, dass Kardinal Cordes mit großer Energie den Impuls aufgreift und ausfaltet, den ich mit meiner Enzyklika Deus caritas est anzustoßen versucht habe. Als einen Teil dieses seines Mühens begrüße ich sein Buch Helfer fallen nicht vom Himmel. Caritas und Spiritualität, in dem von vielen Seiten her gezeigt wird, was alles in dem Grundwort Caritas (Liebe) enthalten ist. So wünsche ich dem Buch ein aufmerksames Zuhören, das in die Herzen dringt und über das Hören und Lesen hinaus zum Tun der Liebe wie zu vertiefter Gemeinschaft mit Jesus Christus führt.“
In einer Rezension von Cordes’ Buch Besiege das Böse mit dem Guten. Grenzen der Psychologie und die Kraft des Glaubens (Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009) in der FAZ heißt es: „Vor nicht allzu langer Zeit hätte man ein solches Buch als unpolitisch und höchst unaktuell betrachtet. […] Vielleicht bedurfte es der Erschütterung in den westlichen Gesellschaften durch eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise, um den ersten Satz des Buches von Kardinal Cordes richtig zu verstehen: ‚Wohl niemand wird bestreiten, dass uns das Böse fasziniert.‘ Oder einen weiteren: ‚Die grausame Niedertracht von Zeitgenossen lässt uns immer neu schockartig erwachen.‘ Wieso ‚das Böse‘, wieso ‚die Niedertracht‘, hätte man vor kurzem noch unschuldig gefragt und mit flinken Erklärungen das Betreffende genauso (vermeintlich) entsorgt wie faule Kredite.“[8]
Positionen und Kritik
In einem Interview mit der Tagespost sagte Paul Josef Cordes im Jahr 2019 über die Protestbewegung Maria 2.0: „Das Erbe Judith Butlers, der Prophetin des modernen Feminismus, in den Namen der Gottesmutter Maria hineinzudeuten, ist ein freches Lügenmanöver. Offenbar ist diesen Initiatoren zudem entgangen, dass ihre Urmutter inzwischen ins Lager der Moslems übergelaufen ist. Ob sie ihr immer noch nacheifern wollen?“ Er verwies auf das von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1988 veröffentlichte Apostolische Schreiben „Mulieris Dignitatem“ (Würde der Frau). Dort gehe der Papst ausführlich auf die „zwei einzelnen Dimensionen der Berufung der Frau im Licht der göttlichen Offenbarung“ ein, die der Mutterschaft und der Jungfräulichkeit.[9][10] Mit diesen Aussagen stieß er bei Aktivistinnen der Reformbewegung auf Kritik und Ablehnung.[11]
Am 10. März 2023 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Leserbrief von Cordes zum sexuellen Kindesmissbrauch.[12] Darin verteidigt er das Verhalten der Bischöfe gegenüber verdächtigen Priestern. Am 15. März 2023 folgte eine Reihe von Reaktionen darauf.[13] Noch wenige Wochen vor seinem Tod gaben Bürgermeister und Gemeinderat von Kirchhundem Überlegungen bekannt, Cordes aufgrund seiner Aussagen die 2008 verliehene Ehrenbürgerschaft zu entziehen.[7]
Paul Josef Cordes: Den Geist nicht auslöschen. Charismen und Neuevangelisierung. Herder, Freiburg 1990, ISBN 3-451-22094-6.
Paul Josef Cordes: Die verlorenen Väter. Ein Notruf. Herder, Freiburg 2002, ISBN 3-451-27786-7.
Rez. von Manfred Hermanns zu Paul Josef Cordes: Den Geist nicht auslöschen. Freiburg 1990. In: Karl Hugo Breuer (Hrsg.): Jahrbuch für Jugendsozialarbeit, Bd. XII, Köln 1991, S. 342–344, ISSN0721-6084.
Paul Josef Cordes (Hrsg.): Helfer fallen nicht vom Himmel. Caritas und Spiritualität. Herder, Freiburg 2008, ISBN 978-3-451-29870-7.
Paul Josef Cordes: Besiege das Böse mit dem Guten. Grenzen der Psychologie und die Kraft des Glaubens. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009, ISBN 978-3-86744-088-2.
mit Manfred Lütz: Benedikts Vermächtnis und Franziskus’ Auftrag. Entweltlichung. Ein Streitgespräch. Herder, Freiburg im Breisgau 2013, ISBN 978-3-451-21977-1.
Paul Josef Cordes: Drei Päpste. Mein Leben. Herder, Freiburg im Breisgau 2014, ISBN 978-3-451-33519-8.
Paul Josef Kardinal Cordes: Dein Angesicht, Gott, suche ich. Media, Illertissen 2017. ISBN 978-3-945401-36-1.
Paul Josef Kardinal Cordes: Glut unter der Asche. Jüngste Irrwege und verlässliche Wege der Kirche. Mit einem philosophischen Essay von Rocco Buttiglione. Be+Be-Verlag, Heiligenkreuz 2021, ISBN 978-3-903602-24-3.
Paul Josef Kardinal Cordes / Andrzej Kucinski: Mut zum Christ sein. Ein Gespräch über Glaube und Kirche. fe-medienverlag, Kissleg 2024, ISBN 978-3-86357-400-0.
Biografische Notiz zu Kardinal Cordes In: Presseamt des Heiligen Stuhls: Documentation – The College of Cardinals, abgerufen am 25. März 2023 (englisch)