Der aus einem vierpassförmigenGranitbecken und fünf allegorischenBronzefiguren bestehende Neptunbrunnen war seinerzeit die größte und bedeutendste Brunnenanlage der Stadt. Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Schlosses als Sitz des Humboldt Forums wird über die Wiederaufstellung des Neptunbrunnens am ursprünglichen Ort diskutiert.
Begas ist durch diese zu den größten bildkünstlerischen Brunnenanlagen der Welt zählende Arbeit berühmt geworden. Bei der Ausführung unterstützten ihn sein Bruder Karl Begas (1845–1916) sowie seine (ehemaligen) Meisterschüler, die Bildhauer Karl Albert Bergmeier (1856–1897), Karl Bernewitz (1858–1934) und Johann Götz (1865–1934).[3]
Den Zweiten Weltkrieg hatte der 1942 eingemauerte Brunnen unbeschadet überstanden. Im Jahr 1946 freigelegt, beschädigten Buntmetalldiebe die Figuren. Nach der Sprengung des Schlosses, die weitere Schäden am Brunnen hinterließ, wurden die Figuren 1951 eingelagert und die bis dahin wie ein Spiegel wirkende Schale aus poliertem roten schwedischenMarmor zerstört.[4] Im Jahr 1969 wurde der Brunnen im Park am Fernsehturm, der anstelle des im Zweiten Weltkrieg zerstörten und danach abgerissenen Marienviertels entstand, zwischen Marienkirche und Rotem Rathaus neu aufgestellt.[5] Zuvor hatten der Bildhauer Hans Füssel und die Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer ab 1967 eine Restaurierung der Figuren ausgeführt.[6] Die neue Brunnenschale besteht aus rotem Jawlensker Granit (Region Transbaikalien), die Außenstufen aus grauem Granit. Seit der Neuaufstellung wurde er – den historischen Standort leugnend – Neptunbrunnen genannt.
Abmessungen und Beschreibung
Gesamtansicht aus der Luft
Der breiteste Durchmesser der Vierpass-Brunnenschale beträgt in der Ost-West-Achse 18 Meter und in der Nord-Süd-Achse 16,70 Meter; sie besteht aus rotem poliertem Granit. Das Mittelteil bis zum Scheitel Neptuns ist 8,50 Meter hoch und bis zum Dreizack 10 Meter.[7]
Im Zentrum der Brunnenschale steht ein Felssockel, umgeben von Meerestieren wie Hummern, Krebsen, Fischen und Polypen sowie wasserspeienden Meer- und Flusstieren: Seeschildkröte, Seehund, Krokodil und Schlange. Putten spielen mit dem nassen Element und vier wasserspeiende Tritonen nach Art der Zentauren tragen eine große Muschelschale mit der kraftvollen Gestalt des antikenrömischen Meergottes Neptun. Das Zeichen seiner Macht, den wogenstillenden Dreizack, hat er über die linke Schulter geworfen, den rechten Arm auf den Schenkel gestemmt. Vier Wassertiere im Becken speien ebenfalls Fontänen zum Zentrum der Anlage hin. Alle Figuren sind aus Bronze gegossen und durch eine künstliche hellgrüne Patina hervorgehoben.[8]
Auf dem Rand der Schale sitzen vier Frauengestalten als Personifikationen der vier großen Ströme Preußens, ergänzt durch Charakteristika der jeweils durchflossenen Landschaften:
Da Neptuns Dreizack an eine Forke erinnert, nannte der Volksmund seinerzeit den Brunnen „For(c)kenbecken“ in Anspielung auf den Berliner Oberbürgermeister Max von Forckenbeck, in dessen Amtszeit der Brunnen eingeweiht wurde. Es hieß auch: „Hier sitzen vier Berlinerinnen, die endlich 'mal den Rand halten“.[9] Erzählt wird, der Bildhauer sei mit dem Spruch „Begas, Begas, hast een wahret Wunder vollbracht, hast de ersten Berlinerinnen jeschaffen, die den Rand halten […]“ begrüßt worden.[10]
Standortdiskussion
Neptunbrunnen auf dem Schloßplatz (um 1900)Ansicht auf dem Straubeplan (1910)
Im Mai 2020 erklärte sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) für die Versetzung auf den Schloßplatz bereit, wenn das Konzept für einen Ersatz am bisherigen Ort steht.[21] Im August 2021 sprach sich auch seine spätere Amtsnachfolgerin Franziska Giffey (SPD) für die Rückkehr des Neptunbrunnens zum Schloßplatz aus. „Er gehört zum Schloss“, sagte sie bei einer Diskussion über die Zukunft der Stadtmitte.[22]
Kritiker einer Versetzung argumentieren dagegen mit der Gestaltungsfunktion des Neptunbrunnens auf dem Rathausvorplatz. Auch der rot-rot-grüneSenat von Berlin sprach sich für einen Verbleib des Brunnens an seinem heutigen Standort aus.[23]Andreas Otto, der baupolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, schlug alternativ eine Kopie des Neptunbrunnens auf dem Schloßplatz vor.[24] Im Mai 2021 teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mit, dass „kongenial zu den hochwertig kopierten Schlossfassaden“ auch ein „gleichartig gestalteter Brunnen als qualitätvolle Replik“ auf dem Schloßplatz möglich, jedoch bisher weder beschlossen noch finanziert sei.[25]
Laut einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Mai 2017 sprachen sich 47 % der Berliner (bundesweit 49 % der Befragten) für eine Versetzung des Neptunbrunnens an seinen ursprünglichen Standort auf dem Schloßplatz aus. 37 % befürworteten einen Verbleib am heutigen Standort auf dem Rathausvorplatz.[26]
In ihrem am 26. April 2023[27] unterzeichneten Koalitionsvertrag vereinbarten CDU und SPD, dass am historischen Standort des Neptunbrunnens eine Brunnenanlage errichtet wird.[28]
Sonstiges
Im Phantasialand bei Brühl stand bis 2008 eine Nachbildung des Neptunbrunnens im Maßstab 1:2.
Der elf Jahre vorher errichtete, deutlich kleinere Wrangelbrunnen personifiziert dieselben „preußischen Ströme“.
↑Der Neptunbrunnen. (PDF; 5,9 MB) Gesellschaft Berliner Schloss e. V.; abgerufen am 25. Dezember 2012
↑Esther Sophia Sünderhauf (Hrsg.): Begas. Monumente für das Kaiserreich. Eine Ausstellung zum 100. Todestag von Reinhold Begas (1831–1911). Sandstein, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-15-4, S. 225.
↑Thomas Topfstedt: Städtebau in der DDR 1955–1971. VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1988, ISBN 978-3-363-00364-2, S. 78.
↑Esther Sophia Sünderhauf (Hrsg.): Begas. Monumente für das Kaiserreich. Eine Ausstellung zum 100. Todestag von Reinhold Begas (1831–1911). Sandstein, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-15-4, S. 366.
↑Architekten-Verein zu Berlin und Vereinigung Berliner Architekten (Hrsg.): Berlin und seine Bauten. II. und III. Der Hochbau. Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin 1896. S. 39.
↑Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984, S.37ff.
↑Neptunbrunnen auf berlingeschichte,de, abgerufen am 30. März 2024.
↑Gisela Heller: Neuer märkischer Bilderbogen: Reporterin zwischen Havel und Oder. Verlag der Nation, Berlin 1986, ISBN 978-3-373-00113-3, S. 358.
↑Isabell Jürgens: Neptunbrunnen soll wieder vor dem Stadtschloss stehen. (morgenpost.de [abgerufen am 12. Mai 2018]).
↑Umfrage: Hälfte der Berliner ist gegen Einheitsdenkmal. Neptunbrunnen und Rossebändiger sollen laut Umfrage zurück. (bz-berlin.de [abgerufen am 4. Juni 2017]).