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Das Neoarchaikum ist ein geologischesZeitalter. Es stellt innerhalb des erdgeschichtlichen Äons des Archaikums das letzte von vier Zeitaltern (Neoarchaikum = neues Archaikum) dar. Es beginnt vor 2800 Millionen Jahren mit dem Ende des Mesoarchaikums und endet vor 2500 Millionen Jahren mit dem Beginn des Paläoproterozoikums.
Die Wortzusammensetzung Neoarchaikum ist abgeleitet vom Altgriechischenνέοςnéos „neu, frisch“ und ἀρχαῖοςarkhaîos „beginnend, ursprünglich“. Neoarchaikum bedeutet somit „Neues Ursprüngliches“.
Im Zuge des Abrückens von rein radiometrisch bestimmten Altersgrenzen, willkürlich festgelegt durch GSSAs, machten Felix M. Gradstein und Kollegen im Jahr 2012 den Vorschlag, das GSSP-Prinzip so weit wie möglich auch im Präkambrium anzuwenden.[1] Das Neoarchaikum ist nach wie vor rein chronologisch über die Absolutalter 2800 und 2500 Millionen Jahre definiert. Eine stratigraphisch orientierte Neugliederung war 2012 von Martin Van Kranendonk und Kollegen erarbeitet worden.[2]
Demnach enthält das Neoarchaikum folgende zwei Perioden:
Methanium mit einer Dauer von 2780 bis 2630 Millionen Jahre
Siderium mit einer Dauer von 2630 bis 2420 Millionen Jahre.
Gemäß diesem Vorschlag beginnt das Methanium 20 Millionen Jahre nach dem Beginn des Neoarchaikums, hingegen endet das Siderium 80 Millionen Jahre nach Ende des Neoarchaikums. Beide neudefinierten Perioden zusammen genommen sind somit 60 Millionen Jahre länger als das 300 Millionen Jahre umfassende klassische Neoarchaikum.
Dieser Vorschlag ist aber bis jetzt (Stand 2022) von der ICS noch nicht aufgegriffen bzw. ratifiziert worden.
Einführung
Ab 2780 Millionen Jahre trat der Planet Erde in ein Stadium umwälzender, irreversibler Veränderungen ein. Dieser Reifeprozess transformierte die junge, heiße, sehr rasch konvektierende Erde – die nur kleine, vorwiegend untergetauchte Kontinente aufwies und so gut wie keine Plattentektonik – und mit Prokaryoten nur einfache Lebensformen kannte – in einen wesentlich kühleren Erdball. Erstmals entstanden jetzt große, rigide, herausragende, kontinentale Landmassen, Plattentektonik mit einem Superkontinentzyklus setzte ein und das Leben wurde mittels neu entstandener Eukaryoten komplexer.[3]
Die globalen geologischen Veränderungen waren offensichtlich mit chaotischen Auswirkungen in der Biosphäre verknüpft – erkennbar an den allzeit größten, biologisch verursachten, geochemischen Abweichungen (Isotopenexkursionen) sowie an der Entstehung bedeutender Erzlagerstätten – darunter riesige Ablagerungen von Bändererzen ab 2630 Millione Jahre.
Diese Periode absoluter Instabilität sollte bis um 2420 Millionen Jahre BP andauern.
Charakterisierung
Viskositätszunahme
Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass erstmals im Neoarchaikum die Voraussetzungen für das Entstehen höherer Gebirge gegeben waren. In den Zeitaltern davor war die kontinentale Lithosphäre aufgrund ihrer geringeren Viskosität (hohe Temperatur und damit geringere Dicke) für topographische Erhöhungen von mehr als 2.500 Metern noch nicht ausreichend tragfähig.[4]
Dieses enorme Krustenwachstum wurde von Taylor und McLennan (1985) auf rund 40 % des heutigen Krustenbestandes eingeschätzt. Ihnen zufolge soll sich die Erdkruste ausgehend von 30 % des heutigen Werts bei 2700 Millionen Jahren auf 70 % bei 2500 Millionen Jahren ausgedehnt haben.[5] Modellrechnungen zeigen, dass fast 100 % der kontinentalen Kruste bereits um 2500 Millionen Jahre oder schon etwas früher geformt worden war[6] – und sämtliches später erfolgende Anwachsen durch die Effekte Subduktion/Erosion ausbalanziert wurde.[7]
Die Ursache des enormen Magmatismus ist möglicherweise in einer katastrophalen Umwälzbewegung des Erdmantels (engl. flush instability) zu suchen.
Spätarchaisches Superereignis und Methanfreisetzung
Bedingt durch den gestiegenen Vulkanismus dieses so genannten spätarchaischen Superereignisses (engl. Late Archean superevent) wurde u. a. auch verstärkt Methan in die Erdatmosphäre freigesetzt, welche zu diesem Zeitpunkt noch praktisch keinen freien Sauerstoff vorweisen konnte (der Methangehalt betrug zum damaligen Zeitpunkt 1000 ppm, der Sauerstoffgehalt weit weniger als 1 % des heutigen Niveaus).
Lagerstättenbildung
In direktem Zusammenhang mit dem spätarchaischen Superereignis dürfte auch die meist etwas später erfolgende Bildung orogener Goldlagerstätten stehen, die weltweit um 2650 Millionen Jahre in Grünsteingürteln mineralisierten. Im Englischen als Global gold event bekannt, entstanden zu dieser Zeit auf mehreren Kratonen riesige Goldvorkommen (engl. Giant gold deposits).[8]
Bändererze
Die letzte Phase des Neoarchaikums wird durch die weltweite Bildung von Bändererzen charakterisiert. Ein Großteil des in den Ozeanen gelösten Eisens wurde dadurch gefällt, so dass ab dem Paläoproterozoikum die Sauerstoffkonzentration im Meerwasser und schließlich auch in der Erdatmosphäre ansteigen konnte (siehe hierzu auch Große Sauerstoffkatastrophe).
Entwicklung des Lebens
Das Neoarchaikum erlebte eine Erhöhung in der atmosphärischen Sauerstoffkonzentration, nachdem Cyanobakterien bereits im Mesoarchaikum zur oxygenierten Photosynthese übergegangen waren. Die fortlaufend veränderten Umweltbedingungen im Neoarchaikum setzen es von den vorangegangenen Ären ab – wie beispielsweise drastische Unterschiede in der Zusammensetzung der Erdatmosphäre sowie und in der Bodenbeschaffenheit. Dies ermutigte die Metabolismen der Mikroben, sich weiterzuentwickeln und weiter zu differenzieren.
Auf den neugebildeten, ausgedehnten Kontinentalschelfen siedelten sich in dieser Zeit Stromatolithen an und im Intervall 2780 bis 2420 Millionen Jahre vermehrten sich förmlich explosionsartig Mikroben, darunter insbesondere die methanotrophen Bakterien. Diese zum Teil chaotischen Veränderungen in der Biosphäre finden ihren Niederschlag in geochemischen Proxys (Stellvertretern), die für das Neoarchaikum teils sehr deutliche Anomalien (bzw. Exkursionen) aufweisen.
Hilfreich war möglicherweise die Zufuhr präbiotischer organischer Moleküle in Form von Meteoriten und Kometen oder auch durch rein abiotische Reaktionen. Das Wachstum juveniler kontinentaler Kruste und der Beginn von Plattentektonik während des Archaikums ermöglichte es Mikroorganismen, eine gestiegene Anzahl von Umweltnischen zu besiedeln, da jetzt eine größere Gesteinsvielfalt mit komplexerer Oberflächenchemie vorhanden war.[9] Manche Metaboliker florierten, da sie an bestimmte Metalle gelangen konnten, wohingegen andere dies nicht konnten und sozusagen am Hungertuch nagten. So hat beispielsweise die Verfügbarkeit von Kupfer im Neoarchaikum wahrscheinlich Aerobier befördert.
Im vorangegangenen Archaikum war die Photosynthese womöglich noch durch Phosphormangel benachteiligt, welcher auf schlechtem biologischen Recycling unter anaerobischen Bedingungen beruhte. Dieser Engpass wurde im Neoarchaikum aber durch phosphorreiche Magmatite wettgemacht. Zusammen mit einer geodynamisch bedingten höheren Versenkungsrate an organischer Materie und höheren Oxidationsstufen in vulkanischem Schwefel und magmatischem Eisen wurde eine Konzentrationserhöhung an atmosphärischem Sauerstoff erzielt, der schließlich zu Beginn des Paläoproterozoikums in die Große Sauerstoffkatastrophe einmünden sollte.
Der früheste Hinweis auf mikrobielle Schwefeloxidation stammt aus der 2520 Millionen Jahre alten Gamohaan-Formation Südafrikas – schwefeloxidierende Bakterien hatten sich somit bereits vor der Großen Sauerstoffkatastrophe entwickelt.[10]
Die ersten Eukaryoten finden sich in neoarchaischen Ablagerungen Südafrikas. Sie sind zwischen 2800 und 2700 Millionen Jahre alt und ähneln heutigen siphontragenden Mikroalgen. Die Gleichstellung dieser Mikrofossilien mit Eukaryoten wird jedoch kontrovers diskutiert und bleibt weiter umstritten.[11]
Wachstum der Kontinente
Während des Neoarchaikums soll sich vor 2700 Millionen Jahren der Superkontinent Kenorland gebildet haben.[12] Das besondere Interesse an Kenorland sind seine im Kanadischen Schild gelegenen, vulkangebundenen, massiven Sulfid- sowie Gold- und Uranvorkommen. Neuere Forschungen stellen jedoch die Existenz von Kenorland in Frage und propagieren andere Superkontinente im Neoarchaikum wie beispielsweise Superia oder auch Vaalbara. Neuere geologische Erkenntnisse deuten jetzt darauf hin, dass sich die Churchill Province – ein Teilabschnitt von Kenorland – erst nach dem Neoarchaikum vor 1900 Millionen Jahren zu einem eigenen Kontinent Nuna formiert hatte. Dies fußt auf einer Untersuchung der paläoproterozoischen Deckschichten des nördlichen Kenorlands sowie auf der Sutur zwischen dem Rae- und dem Hearne-Kraton.
Der Superkontinentzyklus kann ausgehend von Pangäa anhand der Muster studiert werden, welche aus der Erhaltung der Kontinentfragmente und ihrer mineralischen Ablagerungen resultieren. Die bereits früher im Archaikum einsetzende Plattentektonik lieferte den Motor für Metamorphosen und Magmatismus, die ihrerseits wiederum einen sehr großen Beitrag zur kontinentalen Entwicklung beisteuerten. Das Studium des Auseinanderbrechens von Superkontinenten und ihre Neukonfigurierung verknüpft sowohl Prozesse im tiefen Erdinnern mit Prozessen an der Erdoberfläche. Inkorporiert werden hierbei auch sehr unterschiedliche geodynamische Modelle des frühen Paläoproterozoikums.[12]
Das neugebildete Krustenmaterial bestand aus großen Granittrakten, die zwischen Grünsteingürtel eingelagert waren, aber auch aus hochgradigen Gneiszügen.[13] In beiden Terranen finden sich gute Hinweise auf Plattentektonik.[14]
Es wird angenommen, dass die damaligen Plattenbewegungen mindestens so schnell wie heute oder bis fünf mal schneller als im Phanerozoikum erfolgten.[15]
Neben der direkten Krustenerzeugung aus Subduktions- und Akkretionsprozessen gibt es direkte Hinweise für die Bildung von archaischer Granit-/Grünsteinkruste unmittelbar aus Manteldiapiren (engl. mantle plumes).[16] Manche Modellanschauungen schlagen auch Krustenbildung aus einer Überlagerung dieser beiden geodynamischen Prozesse (Manteldiapir- und Plattentektonik) vor.[17]
Geochemische Proxys
Charakteristisch sind beispielsweise sehr stark negative δ13C-Werte (bis zu – 15 ‰ VPDB, in organischen Kohlenwasserstoffen sogar bis – 61 ‰ VPDB).[18] Gleichzeitig erreichen Spitzenwerte mit + 4 ‰ VPDB bereits ein etwas höheres Niveau als im vorangegangenen Archaikum. Auch die δ56Fe-Werte sanken sehr deutlich ab, so erreichten Minimalwerte ausgehend von – 1,5 ‰ zu Beginn des Neoarchaikums schließlich – 3,1 ‰. Ähnlich auch δ34S, dessen Minimalwerte von Werten um 0 ‰ auf – 20 ‰ zurückgingen. Im Gegensatz hierzu erhöhten sich die Δ33S-Werte von 0 ‰ auf + 8 ‰ gegen 2650 Millionen Jahre.[19]
Diese mit einer sehr großen Streubreite versehenen Proxys belegen eindeutig das Ungleichgewicht der damaligen Biosphäre gegenüber geologischen Prozessen sowie die reduzierende Natur der Erdatmosphäre.[20] Erst gegen 2450 Millionen Jahre sollte sich mit weiterer Auskühlung der Erde (sinkende Manteltemperaturen, siehe Archaikum-Proterozoikum-Grenze) und allmählichem Sauerstoffanstieg in der Erdatmosphäre ein erneutes Gleichgewicht einstellen.
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