Dieser Artikel behandelt das Pferd. Für die Versnovelle siehe Märe.
Die Mähre (von ahd.meriha) bezeichnete ursprünglich ein weibliches Pferd, das heute Stute genannt wird.
Verwandte Begriffe kommen auch in anderen germanischen Sprachen vor. Eine Stute wird im Niederländischen „merrie“, im Englischen „mare“ und im Plattdeutschen „Mähr“ oder „Fohlenmähre“ genannt.[1]
Bis ins 16. Jahrhundert bezeichnete Mähre eine Stute, die bereits ein Fohlen hat, also eine Mutterstute. Diese Bedeutung hat sich in Marstall, Marschall oder dem häufigen Ortsnamen Marbach erhalten.
Später wandelte sich die Semantik zu Schindmähre, einem alten, abgetriebenen, abgemagerten, lahmen Pferde,[2] das bald auf den Schindanger gehört. Die heutige Bedeutung ist ab dem 17. Jahrhundert nachzuweisen[3] und entwickelte sich, weil mit Stuten bis ins hohe Alter gezüchtet werden kann, auch wenn sie lahm sind und für normale Arbeit nicht mehr geeignet sind. Nach ihrer sportlichen Laufbahn werden Stuten häufig zur Zucht eingesetzt, beispielsweise die SpringstutenHalla, Noltes Küchengirl und Ratina Z, die GalopperKincsem, Nereide und Danedream, die TraberstuteGoldsmith Maid, die CuttingstutePoco Lena oder die DressurstuteBlue Hors Matiné. Der Preis, den ein Fohlen erzielt, ist von seiner Qualität und Genetik abhängig und wenig vom Allgemeinzustand seiner Mutter.[4]
Auch mit Hengsten kann bis ins hohe Alter gezogen werden. Zuchthengste werden jedoch nicht durch Trächtigkeit und Laktation belastet und bauen zudem leichter Muskulatur auf als Stuten. Ein lahmer, ausgemergelter Hengst in schlechtem Zustand erhält weniger Zuspruch von Stutenbesitzern.[5] Ein alter, lahmer Wallach, der nicht mehr zur Arbeit eingesetzt werden kann, ist ebenfalls eine wirtschaftliche Belastung. Da Pferdehaltung sehr aufwändig ist, wurden in der Zeit vor Einführung des Automobils unwirtschaftliche Pferde meist abgetan und erhielten nur selten ein Gnadenbrot. Ein altes, lahmes Pferd in schlechtem Allgemeinzustand, war zu diesen Zeiten deshalb meist eine alte Mähre.
Im Obersächsischen ist als Dialektausdruck noch die Bezeichnung mähren für trödeln oder auch Mährliese, Mährfritze oder Mährsack für eine langsam arbeitende Person bekannt und geläufig.
In Literatur und Kultur
Die Bedeutung "Stute mit Fohlen" lässt sich 1794 bei Goethe nachweisen:
„Fraget mir doch, verkauft uns die Stute nicht etwa das Fohlen?
Und wie teuer? Da ging ich zu ihr und wagte das Stückchen.
Liebe Frau Mähre, sagt ich zu ihr: das Fohlen ist Euer,
Wie ich weiß; verkauft Ihr es wohl? Das möcht ich erfahren.
Sie versetzte: Bezahlt Ihr es gut, so kann ich es missen,
Und die Summe, für die es mir feil ist, Ihr werdet sie lesen,
Hinten steht sie geschrieben an meinem Fuße.“
Kleist verwendet 1810 den Begriff Mähre im Zusammenhang mit schlechtem Allgemeinzustand, insbesondere schlechtem Pflege- und Fütterungszustand:
„Wie groß war aber sein Erstaunen, als er, statt seiner zwei glatten und wohlgenährten Rappen, ein Paar dürre, abgehärmte Mähren erblickte; Knochen, denen man, wie Riegeln, hätte Sachen aufhängen können; Mähnen und Haare, ohne Wartung und Pflege, zusammengeknetet: das wahre Bild des Elends im Tierreiche! Kohlhaas, den die Pferde, mit einer schwachen Bewegung, anwieherten, war auf das äußerste entrüstet, und fragte, was seinen Gaulen widerfahren wäre?“
Im Brockhaus von 1903 wird eine Mähre als „altes abgetriebenes Pferd“ bezeichnet.[8] 1905 wird der Begriff Mähre von Morgenstern im Zusammenhang mit Müdigkeit verwendet:
„Nein! Es ist des Galgenstrickes dickes Ende, welches ächzte, gleich als ob im Galopp eine müdgehetzte Mähre nach dem nächsten Brunnen lechzte, der vielleicht noch ferne wäre.“