Michael Tschesno-Hell stammte aus einer verarmten jüdischen Kleinbürgerfamilie in Wilna, der Hauptstadt des russischenGouvernements Wilna.[1] Der Vater hieß wahrscheinlich Noah. Die Familie emigrierte nach dem Ersten Weltkrieg aus der von Polen annektierten Heimatstadt nach Deutschland. Schon in der Jugend schloss sich Tschesno-Hell kommunistischen Verbänden an. Später studierte er Jura an den Universitäten in Jena und Leipzig und trat 1922 als Werkstudent der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. Während der Weimarer Republik arbeitete Tschesno-Hell für verschiedene kommunistische Zeitungen, war als Übersetzer sowie als Fabrik- und Landarbeiter tätig.
Das seinem Namen hinzugefügte Pseudonym Tschesno spielte auf das russische Wort tschestno (,ehrlich‘) an.[2] Seit Anfang der 1930er Jahre war er für den sowjetischen Militär-Nachrichtendienst GRU unter den Decknamen Mischa und Swetly (russisch: ,Hell‘) tätig. Er veröffentlichte unter dem Pseudonym Michael Swetly und verwendete außerdem die Namen Mischa Tschesno und Alexander Chesnow.[3]
Gingold wurde im September 1940 aus dem Lager entlassen, und Tschesno-Hell konnte 1942 zusammen mit seiner Familie in die Schweiz flüchten, wo er bis 1945 lebte. Hier wurde er gemeinsam mit Stephan Hermlin und Hans Mayer Herausgeber der Schrift Über die Grenzen. Zum Kriegsende ging er in die Sowjetische Besatzungszone, wo er 1945 als Vizepräsident der Zentralverwaltung für Umsiedler eingesetzt wurde. 1947 wurde Hell zum Leiter des neu gegründeten Verlag Volk und Welt in Ostberlin berufen, den er selbst mitgegründet hatte. Seit 1950 war Hell, der seit 1946 der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) angehörte, als Schriftsteller und Drehbuchautor tätig und wohnte auch in der sogenannten „Intelligenzsiedlung“ in Berlin-Schönholz, zu der auch die Straße 201 gehört.[5] Grundhaltung der Werke Tschesno-Hells war dabei die Glorifizierung der Sowjetunion und der Roten Armee sowie die Heroisierung der kommunistischen Bewegung und von Funktionären der KPD wie Karl Liebknecht und Ernst Thälmann.
Bis etwa 1950 war er mit Rita Tschesno verheiratet.[6] Von 1951 bis 1954 war er mit der Illustratorin Ingeborg Meyer-Rey verheiratet.[7] Mit seiner langjährigen Ehefrau Ursula Tschesno-Hell schrieb er gemeinsam an Drehbüchern, darunter Die Mutter und das Schweigen.[8]
Ralph Hammerthaler: Der Bolschewist. Michael Tschesno-Hell und seine DEFA-Filme, Schriftenreihe der DEFA-Stiftung, Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2016.[11]
Tschesno-Hell, Michael, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur 1980, S. 769
Tschesno-Hell, Michael. In: Ernst Fischer: Verleger, Buchhändler & Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933: Ein biographisches Handbuch. 2. Auflage. Berlin : De Gruyter, 2020, S. 522f.
↑Michael Tschesno-Hell Kalliope; der Vatersname Nohimovič und der Geburtsort Wilna, sowie die Emigration 1933 weisen auf eine wahrscheinliche jüdische Herkunft, vgl. Archiv von Günter Peter Straschek, mit dieser Namensform
↑Konrad Hugo Jarausch, Hannes Siegrist: Amerikanisierung und Sowjetisierung in Deutschland 1945-1970: Konrad Jarausch, Hannes Siegrist (Hg.). Campus Verlag, 1997, ISBN 978-3-593-35761-4, S.342.
↑Walter Benjamin: Gesammelte Briefe: 1931-1934. Suhrkamp, 1995, ISBN 978-3-518-58270-1, S.338.
↑Peter Gingold: Paris – Boulevard St. Martin No. 11. Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik, PapyRossa Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-89438-407-4, S. 63–67