Die erste geschichtliche Erwähnung des Ortes als einer Abtei „meserici“ stammt aus dem Jahr 1005 in der Beschreibung einer Schlacht zwischen Bolesław I. dem Tapferen und König Heinrich II. durch Thietmar von Merseburg.[1] Der Ort hatte eine strategisch wichtige Bedeutung, da er an den Wegen von Gnesen nach Magdeburg und von Stettin nach Breslau und Krakau lag. 1094 eroberten die Polen die „Burg“ an der Mündung der Packlitz in die Obra von den Pommern zurück. Am 29. Januar 1230 wurde offiziell das Zisterzienserkloster Paradies gegründet, welches von Mönchen aus dem brandenburgischen Kloster Lehnin besiedelt wurde. Die Großpolnische Chronik des Posener Bischofs Bogufał erwähnte in Zusammenhang mit einem Zehnterlass der Deutschen von Meseritz (Theutunicis de Medzyrzecz) den Ort 1248 als Stadt. Eine Stadtrechtsurkunde existiert nicht. 1474 wurde der Ort von Matthias Corvinus zerstört, aber wieder aufgebaut. Kasimir IV. bestätigte 1485 die Stadtrechte von Meseritz. 1606 wütete ein großer Brand in der Stadt. In den Schwedenkriegen 1655–1660 und 1700–1721 wurde der Ort mehrfach verwüstet.
Mit der Zweiten Polnischen Teilung fiel der Ort 1793 an Preußen. Am 26. November 1806 hielt sich Napoleon in der Stadt auf, es wurde ein Attentat auf ihn geplant.[2] 1807 kam der Ort zum Herzogtum Warschau. Die Einwohnerzahl sank während dieser Zeit noch weiter auf 3500. Nach Ende der Befreiungskriege fiel Meseritz durch den Wiener Kongress 1815 wieder an Preußen und wurde am 1. Januar 1818 Sitz der Verwaltung des gleichnamigen Landkreises in der Provinz Posen. Bei der Volkszählung 1905 hatte die Stadt 5800 Einwohner, darunter 1859 Katholiken und 171 Juden.[3] Im gesamten Landkreis gaben 1900 20,2 % der Einwohner Polnisch als Muttersprache an.[4] Zwischen 1919 und 1938 gehörten Stadt und Kreis Meseritz zur Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen und nach deren Auflösung am 1. Oktober 1938 bis 1945 zur Provinz Brandenburg.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Meseritz eine evangelische Kirche, eine altlutherische Kirche, eine katholische Kirche, eine Synagoge, eine Präparandenanstalt, ein Gymnasium und war Sitz eines Landgerichts.[3]
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wurde Meseritz zum Knotenpunkt für insgesamt fünf Bahnlinien. Davon waren im Jahr 2008 nur noch zwei in Benutzung. An der Wiederherstellung der Bahnlinie aus Richtung Jordan-Paradies wird aktuell mit EU-Mitteln gearbeitet.
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatte die deutsche Wehrmacht im nahe gelegenen Nipter die Bunkeranlagen der „Grenzschutzbefestigungsanlage III“ („Regenwurmlager“) im Zusammenhang mit der „Festungsfront Oder-Warthe-Bogen“ errichtet. Diese Anlage hatte eine Gesamtlänge von etwa 65 Kilometern und war mit einem 30 Kilometer langen Verbindungstunnel ausgestattet.
In der 1904 erbauten[5]Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde wurden während des Zweiten Weltkriegs etwa hundert bis tausend Menschen im Rahmen der Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus systematisch ermordet. Im ersten der sogenannten „Ärzte-Prozesse“ wurden eine Ärztin und eine Krankenpflegerin der Anstalt am 25. März 1946 in Berlin des Mordes an mindestens 100 Menschen für schuldig befunden, zum Tode verurteilt und im Januar 1947 hingerichtet[6].
Im Zweiten Weltkrieg eroberte die Rote Armee Meseritz am 31. Januar 1945 und unterstellte es im März 1945 der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Infolge der Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Mittel- und Osteuropa und der Besiedlung mit Polen kam es in Meseritz bis 1947 zu einem Bevölkerungsaustausch. Die Stadt wurde in Międzyrzecz umbenannt.
Międzyrzecz wurde am 15. März 1945 Sitz eines Powiats und gehörte ab dem 7. Juli 1945 zur Woiwodschaft Posen, ab 1950 dann bis 1975 zur Woiwodschaft Zielona Góra und anschließend bis 1999 zur Woiwodschaft Gorzów. Im Jahr 1994 erfolgte die Renovierung des Rathauses. 1997 wurde der Adler im Stadtwappen, der 1924 mit den preußischen Insignien versehen worden war, durch den polnischen ersetzt. 1999 wurde der Ort durch eine erneute Verwaltungsreform wieder Sitz eines Powiats.
Der evangelische Friedhof existiert nicht mehr. An ihn erinnert ein Lapidarium und eine Schrifttafel.
Sehenswürdigkeiten
Ruine des Schlosses mit Torhaus, erbaut im 13. Jahrhundert, heute Museum
Rathaus am Markt, erbaut von 1743 bis 1752, 1831 erhielt das Gebäude seine heutige klassizistische Form
Kirche St. Johannes der Täufer, gotischer Backsteinbau, errichtet um 1500
St.-Adalbert-Kirche, 1834 im klassizistischen Stil errichtet, bis 1945 evangelisch, 1947 katholisch geweiht
Kirche der Erhöhung des Heiligen Kreuzes, neugotischer Backsteinbau, errichtet von 1901 bis 1904
Griechisch-katholische Kirche der Heiligen Kyrill und Method, neugotischer Bau aus dem 19. Jahrhundert, errichtet für die Gemeinde der Altlutheraner, seit 1958 Gotteshaus der Griechisch-katholischen Kirche in Polen
darunter 6713 Evangelische, 3818 Katholiken, 79 sonstige Christen und 79 Juden[8]
Gemeinde
Zur Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Międzyrzecz gehören die Stadt selbst und 18 Dörfer mit Schulzenämtern. Sie hat eine Fläche von 315 km².
Friedrich Wilhelm Buttel (1796–1869), deutscher Architekt und Hofbaumeister des (Groß-)Herzogtums Mecklenburg-Strelitz, wuchs in Meseritz auf und legte dort als Sohn eines Maurermeisters am 23. November 1813 seine Gesellenprüfung zum Maurer ab
Friedrich Hermann Loew (1807–1879), deutscher Entomologe und Lehrer, wirkte als Professor und Direktor der Realschule in Meseritz
Samuel Gottfried Kerst (1804–1875), deutscher Militär, Politiker und Beamter. Direktor der Realschule, Kommandant der Bürgerwehr in Meseritz und Abgeordneter des Wahlbezirks Birnbaum-Meseritz zur Frankfurter Nationalversammlung
Wilhelm Anderson (1880–1940), Astrophysiker, † 26. März 1940 in der Landesheilanstalt Meseritz-Obrawalde
Wilhelm Dirksen (1894–1967), evangelischer Pfarrer und Superintendent von 1934 bis 1945
Heinrich Haack (1899–?), deutscher Politiker (NSDAP), war in der NS-Zeit Bürgermeister von Meseritz
Der Mittagsmörder Klaus G. ist bis 1945 in Meseritz aufgewachsen.
Literatur
Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 365–367 (online).
Esaias Zachert (wahrscheinlicher Autor): Nachricht von der Stadt Meseritz. Einleitung von Christian Meyer. In: Zeitschrift für Geschichte und Landeskunde der Provinz Posen, Band 1, Posen 1862, S. 1–64 (Digitalisat).
Paul Becker: Geschichte der Stadt Meseritz (= Grenzmärkische Heimatblätter, 6. Jahrgang, 2. Heft). Comenius, Schneidemühl 1930.
Hans-Jürgen Karp, Hans Jockisch (Hrsg.): nach Vorarb. Konrad Rittershausen: Das Bürgerbuch von Meseritz, 1731–1851. Międzyrzecz (Polen) (= Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas, Nr. 114). Johann-Gottfried-Herder-Institut, Marburg 1981, ISBN 3-87969-163-0.
Jürgen W. Schmidt: Die kommunale Polizei der preußischen Klein- und Mittelstädte und ihre Probleme von der Mitte des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. In: Jürgen W. Schmidt (Hrsg.): Polizei in Preußen im 19. Jahrhundert. Ludwigsfelder Verlags-Haus, Ludwigsfelde 2011, ISBN 978-3-933022-66-0, S. 8–46 (speziell zu Meseritz S. 32–41).
Izabela Taraszczuk: Grünberg und Meseritz ehren das Kulturerbe der deutschen und polnischen Juden. In: Schlesien heute. Nr. 7/2013. Senfkorn Verlag Alfred Theisen, Görlitz S. 48–49.
↑Ein Steuerrat und ein Maurermeister wollten ihn mit einem Büchsenschuss durch das Fenster des Gefängnisturms am Rathaus aus einer Entfernung von etwa sechs Metern töten, wenn er sein Quartier, das Vollmersche Haus, verlässt. „Im letzten Augenblick“ nahmen sie „wegen der großen Truppenmacht in und um Meseritz“ davon Abstand. Becker (Literatur), S. 180 f.
↑Kerstin Freudiger, Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Mohr-Siebeck-Verlag Tübingen 2002, S. 110 ff.
↑ abcHeinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 365–367.
↑ abcdeMichael Rademacher: Meseritz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900