Als Marksteinzeuge (auch Grenzsteinzeuge oder Grenzzeuge, heutzutage auch Untervermarkung oder unterirdische Sicherung[1]) wird ein Gegenstand bezeichnet, mit dem eine Abmarkung gesichert wird. Dazu wird während des Abmarkens unter den Grenzstein ein zusätzlicher Gegenstand vergraben, um bei Grenzstreitigkeiten oder bei Verlust des Steins dessen genaue Lage bezeugen zu können.
Marksteinzeugen bestehen meist aus gebranntem Ton (sogenannter Tonzeuge), glasiert oder unglasiert, manchmal aber auch aus Porzellan, Glas, Beton oder Kunststoff. In Württemberg wurde oft einfacher Ziegelbruch oder ein Stück Kohle verwendet. In manchen Gegenden wurden oder werden auch mit dem Boden nach oben vergrabene Glasflaschen oder ein Drainagerohr als Zeugen verwendet.[2] Die meisten Gemeinden, ab Mitte des 19. Jahrhunderts, verwendeten zuerst Ziegelbruchstücke, später kamen Tonplättchen mit den Anfangsbuchstaben der Gemeinden und zum Teil auch der Jahreszahl in Gebrauch. In der Spätphase der „Verzeugung“ Mitte des 20. Jahrhunderts wurden überwiegend Zeugen mit Darstellungen der Gemeindewappen verwendet.
Für das Verlegen der Zeugen unter die Grenzsteine waren die Feldgeschworenen (lokal „Untergänger“, „Siebener“, „Hoagmoar“) zuständig. Damit stellten die Feldgeschworenen einen gewichtigen kommunale Rechtsträger dar. Sie entschieden bei Grenzstreitigkeiten mit Hilfe ihres „Zeugengeheimnisses“ (auch: Siebenergeheimnis) über den Standort eines Steins.[3][4] Zu ihren Aufgaben gehörte auch der Grenzgang, bei dem in regelmäßigem Turnus der Grenzverlauf abgegangen wurde.
Beispiele
Grabenstetten, Kreis Reutlingen, 1846
Grenze Yach (jetzt Elzach) – Oberwinden (jetzt Winden), Kreis Emmendingen
Neuhausen, Kreis Esslingen
St. Blasien, Landkreis Waldshut
Walddorf (Gmde. Walddorfhäslach), Landkreis Reutlingen, Abmessungen: ca. 6,5 × 6,3 × 1,3 cm
Häslach (Gmde. Walddorfhäslach), Landkreis Reutlingen, Abmessungen: Durchmesser ca. 3,6 cm, Länge ca. 14,7 cm
Rübgarten (Gmde. Pliezhausen), Landkreis Reutlingen, Abmessungen: Durchmesser ca. 5,6 cm, Höhe ca. 1,3 cm
Pliezhausen (Gmde. Pliezhausen), Landkreis Reutlingen, Abmessungen: Länge ca. 8,9 cm, Seitenlängen ca. 6,0 cm und 6,3 cm, Höhe ca. 1,3 cm
Heute werden Grenzpunkte per Differential-GPS beziehungsweise Echtzeitkinematik auf den Zentimeter genau vermessen. Meist werden die Grenzpunkte zusätzlich durch umliegende Vermessungspunkte gesichert. Dadurch kann ein verschobener oder verschwundener Grenzstein wieder rekonstruiert werden. In Deutschland wird das Korrektursystem SAPOS verwendet.
Literatur
Horst Bäuerle: Geheime Grenzsteinzeugen: Dokumentation der Vielfalt von Grenzsteinzeugen im Landkreis Freudenstadt (den ehemaligen Landkreisen Freudenstadt und Horb) sowie anderen Ländern (Bayern, Schweiz, Thüringen), Herrschaften, Städten und Gemeinden. dbb Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-87863-174-3.
Franz Burger: Grenzsteinzeugen aus dem Großherzogtum Baden. Selbstverlag, Neuhausen 2014.