Maria Juliana Anna Guleke (* 1. Märzjul. / 13. März 1816greg. in Salisburg, Gouvernement Livland; † 15. Apriljul. / 27. April 1892greg. in Riga) war eine deutsch-baltische Pastorentochter und Übersetzerin des ersten lettischen Romans. Sie wird gelegentlich falsch zitiert als M. Gulecke.
Leben
Maria Guleke war die Tochter des Pastors Friedrich Ernst Guleke und seiner Ehefrau Anna Catharina, geb. v. Riemann.[1] Sie wuchs auf in der Kleinstadt Salisburg am Ufer der Salis (lett. Salaca).
In späteren Jahren lebte sie im Pastorat Alt-Pebalg (lett. Vecpiebalga) bei ihrem Vetter, dem Pastor Rudolf Karl Eduard Guleke (1831–1901). Dort hatte sie Kontakt zu den Literaten und Künstlern der Hügellandschaft um Pebalg, insbesondere den Brüdern Reinis Kaudzīte (1839–1920) und Matīss Kaudzīte (1848–1926).[2][3] Diese hatten den ersten Roman in lettischer Sprache geschrieben: Mērnieku laiki (1879, Landvermesserzeiten). Maria Guleke übersetzte diesen Roman ins Deutsche und veröffentlichte ihn in gekürzter Fassung in der Tageszeitung Rigaer Tageblatt im Jahr 1883 (Nr. 26–61). Als Übersetzer wurden lediglich die Initialen 'M. G.' angegeben. Der damalige deutsche Titel war Die Revisorenzeit. Ein Roman von lettischen Autoren war zu dieser Zeit so ungewöhnlich, dass die Redaktion der deutschen Zeitung Bedenken hegte wegen der Fähigkeit lettischer Autoren, einen Roman nach deutschen Maßstäben zu verfassen. Deshalb wurde der letzten Folge ein Nachwort beigefügt, das die städtischen Leser mit dem bäuerlich-ländlichen Milieu und dem aufkommenden lettischen Nationalgefühl vertraut machen sollte.[4]
Maria Guleke blieb unverheiratet und starb im Jahr 1892 in Riga. Sie wurde auf dem Jacobi-Friedhof (Jēkaba kapi) begraben.[5]
Schicksal des Romans
Die lettische Ausgabe des Romans erlebte viele Auflagen, wurde verfilmt und für die Bühne adaptiert. Übersetzungen ins Russische, Litauische und Estnische verbreiterten die Rezeption. Maria Gulekes Arbeit blieb bis ins 21. Jahrhundert die einzige für deutsche Leser verfügbare Ausgabe. Eine neue deutsche und vollständige Übersetzung erschien 2012 unter dem Titel Landvermesserzeiten.
Quellen
- Viljars Tooms: Vidusvidzemnieku biogrāfiskā vārdnīca. Verlag Kultūras biedrība Harmonija, Cēsis 2003. (Im Eintrag Johann Heinrich Guleke wird korrekt auf die Schwester M. Guleke als Übersetzerin hingewiesen. Fälschlich wird aber Rudolf Karl Eduard Guleke als Bruder erwähnt. In Wahrheit ist er ein Vetter, was aus dem Kirchenbuch von Salisburg hervorgeht.)
- Kaudzītes Reinis un Matīss: Mērnieku Laiki. Stāsts. Verlag Liesma, Rīga 1980. Eine lettische Ausgabe mit den Illustrationen von Eduards Brencēns. Im Literaturverzeichnis steht bei der deutschen Ausgabe: „Tulkojusi Vecpiebalgas mācītāja R. Gulekes māsa“. Das ist eine Wiederholung des Irrtums. Nicht die Schwester, sondern die Cousine des Pastors hat den Roman übersetzt.
- Friedrich Scholz: Die Literaturen des Baltikums. Ihre Entstehung und Entwicklung. Westdeutscher Verlag, Opladen 1990. ISBN 3-531-05097-4. Seite 296 führt die Übersetzungen des Romans auf.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Kirchenbuch Salisburg (Mazsalaca) 1680–1833 Lettische, Deutsche, Geborene, Getraute, Gestorbene (Seite 35, 1916 Nr. 1): d. 11. Februar wurde a. d. Pastorat geb. u. d. 1. März get. des Pastors loci Friedrich Ernst Guleke u. sr. Eheg. Anna Catharina, geb. Riemann, Tochter Maria Juliana Anna.
- ↑ Līgotņu Jēkabs: Kaudzītes Reinis (PDF; 1,8 MB). Der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Jēkabs Līgotnis (1874–1942) berichtet über die Kontakte zwischen den Familien Kaudzīte und Guleke.
- ↑ Reinis Kaudzīte schrieb das Buch Garīgs skolas draugs (Geistiger Schulfreund, 1880) nach einer Vorlage von Rudolf Guleke.
- ↑ Das Nachwort schließt mit den Worten: „[...]Dennoch hoffen wir, daß manche ansprechende Scene und mancher treuherzige oder belustigende Character die Theilnahme auch solcher Leser erregt haben werden, welche unserem Landvolke fremd gegenüberstehen. Möge die Bekanntschaft mit den liebenswürdigen Seiten des lettischen Volkscharakters, welche uns diese Erzählung vermittelt hat, den nicht unberechtigten Unwillen über die Verirrungen desselben in der Gegenwart mildern und eine versöhnlichere Stimmung anbahnen helfen!“
- ↑ Kirchenbuch Riga, St.Jacobi (Rīgas sv. Jēkaba) 1892–1904 Deutsche, Gestorbene (Seite 10, Nr. 72: Marie Guleke, Fräulein, ledig, am 15. April 1892 im Alter von 76 Jahren an Herzschlag gestorben; geboren in Salisburg, beerdigt am 18. April auf dem Jacobi-Friedhof).