Nach dem ersten theologischen Examen promovierte er mit Untersuchungen zum Verhältnis von Altem Testament und Neuem Testament in neueren biblisch-theologischen Entwürfen 1984 in Bonn bei dem niederländischen BultmannschülerAntonius H. Gunneweg. Anschließend übernahm er die Stelle des Studieninspektors am Evangelisch-Theologischen Stift an der Universität Bonn. Seine Habilitation erfolgte 1989 in demselben Fach mit einer exegetischen Arbeit über die Genealogien in dem alttestamentlichen Buch der Chronik. Von 1988 bis 1991 war er Pfarrer an der Kreuzkirche in Bonn sowie Privatdozent an der dortigen Universität. Von 1991 bis 1992 war er als Hochschulassistent in Mainz, von 1992 bis 1993 war er Heisenberg-Stipendiat der DFG. 1993 folgte er einem Ruf an die Universität Osnabrück. Seit 1996 ist er Professor in Heidelberg.[1]
Er ist als Vertrauensdozent der Studienstiftung des deutschen Volkes tätig und Mitglied in Senat und Kuratorium der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg.
Er ist Mitbegründer der Heidelberger Inspirationen am Abend, die seit 1998 an der Peterskirche stattfinden. Seit 2019 ist er ein Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste.[4]
Theologische Lehre
Oeming plädiert für eine differenzierte und mehrdimensionale Betrachtungsweise der Bibel. Besonders das Alte Testament sei äußerst vielfältig, es enthalte Geschichten von Gott (Offenbarungsgeschichten), Erzählungen, ethische, rechtliche und kultische Anweisungen, Glaubenszeugnisse, Gebete und Prophetien. Es ist in unterschiedlichen Stilen gehalten, einzelne Bücher wurden von mehreren Autoren geschrieben und redigiert und umfassen deshalb auch Wiederholungen und Widersprüche. Die späten Schriften des Alten Testaments öffnen den Fokus bereits von Israel zu den Völkern hin.[5]
Wie seine Zeitgenossen habe auch Jesus die Schrift nach gewissen Regeln interpretiert, so hat er auch die Pescher-Auslegungsmethode angewandt. Das Neue Testament ersetze das Alte nicht vollständig, weil es einen Eigenwert habe. Besonders bei Themen wie Politik, Spiritualität, Weisheit, Skepsis und Erotik ergänzen alttestamentliche Schriften das Neue Testament. So könne Israel und das Judentum als Bruder ernst genommen und wertgeschätzt werden.[6]
Oeming hat ein eigenes hermeneutisches Modell entwickelt, das den Facettenreichtum und die Sinnfülle biblischer Texte erschließen will. Darin unterscheidet er vier Seiten oder Richtungen, die zu einem ganzheitlichen Textverständnis beitragen: Autor/Sender, Textwelt (Sprachliche und literarische Fragen), Leser/Rezipient (Relecture) und Sache (Wahrheitsfrage und Wirklichkeitsgehalt). Jede dieser vier Seiten habe ihre Berechtigung und ihr Gewicht, keine Richtung kann für sich allein die Deutungshoheit beanspruchen. Bei der Wahrheitsfrage vertritt Oeming zudem die Auffassung, dass die biblischen Erzählungen einen historischen Kern und Gehalt haben, aber darüber hinaus auf eine existenziale Wahrheit und symbolische Interpretation zielen, wie sie von Martin Heidegger und Rudolf Bultmann bereits früher skizziert und vertreten worden sind.[7]
Publikationen (Auswahl)
Manfred Oeming auf Grabung 2009
Das wahre Israel. Die genealogische Vorhalle 1 Chr 1–9. BWANT 128, Stuttgart 1990.
mit Henning Schröer, Walter Schmithals: In Memoriam Antonius H. J. Gunneweg. Reden gehalten am 26. Juni 1991 bei der Gedenkfeier der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Alma Mater. Beiträge zur Geschichte der Universität Bonn 76, Bonn 1992.
Hermeneutik, Altes Testament und Tiefenpsychologie. 1995.
Das Alte Testament als Teil des christlichen Kanons? Studien zu gesamtbiblischen Theologien der Gegenwart, TVZ, Zürich 3. Auflage 2001, ISBN 978-3-907576-45-8
Gesamtbiblische Theologie der Gegenwart. Das Verhältnis von AT und NT in der hermeneutischen Diskussion seit Gerhard von Rad, Zürich, 3. Auflage. 2001. (Dissertation)
mit Konrad Schmid: Hiobs Weg. BThSt 45, Neukirchen-Vluyn 2001.
mit Oded Lipschits: Judah and the Judeans in the Persian Period. Winona Lake 2006.
M. Oeming, Konrad Schmid (Hrsg.): Der eine Gott und die Götter. AThANT 82, Zürich 2003.
Übersetzung mit Christiane Oeming: Brevard S. Childs: Die Theologie der einen Bibel. 2 Bände, Herder: Freiburg 2003.
Verstehen und Glauben. Exegetische Bausteine zu einer Theologie des Alten Testaments (Bonner Biblische Beiträge 142), Philo Verlag: Berlin 2003, ISBN 3-86572-325-X
Theologie in Israel und in den Nachbarkulturen: Beiträge des Symposiums „Das Alte Testament und die Kultur der Moderne“ anlässlich des 100. Geburtstags Gerhard von Rads (1901–1971), Heidelberg, 18.–21. Oktober 2001. Von Manfred Oeming, Gerhard von Rad, Andreas Schüle, Konrad Schmid. LIT, Berlin, Hamburg, Münster 2004, ISBN 3-8258-5456-6.
Oeming im Gespräch beim Schweizer Fernsehen, Sternstunde Religion am 3. Januar 2010: Wer versteht die Bibel richtig? Oeming macht mit einer internationalen Equipe archäologische Grabungen in Israel. Die antiken Funde erweitern und verändern sein Verständnis der biblischen Texte. Er plädiert für eine Methodenvielfalt wie sie der vierfache Schriftsinn oder der jüdische Pardes kennt.