Seit 1938 Teil von Steyr (1945–58 Status unklar); XI. Stadtbezirk (ehem. Bezeichnung bis 1992) ehemals zwei Ortsch. Münichholz und Hinterberg (ab 1923) und Kat.Gem. Ramingdorf und Hammer von Behamberg NÖ; diese heute Statistische Zonen 16. Münichholz und 17. Hinterberg/Hammer; alter Zählbezirksname (bis 2000er): XI.Bez.:Münichholz Quelle: STAT: Ortsverzeichnis; BEV: GEONAM; DORIS; Stadt Steyr: Statut,[1][2] Statistik[3]
Die Ortslage befindet sich nordöstlich vom Stadtzentrum, auf der rechten (östlichen) Seite der Enns am östlichen Stadtrand direkt an der niederösterreichischen Landesgrenze. Er liegt flussabwärts der Ramingbachmündung, auf um die 290–310 m ü. A. Höhe.
Münichholz im eigentlichen Sinne ist das westliche Siedlungs- und Augebiet direkt am Ennsknie, Hinterberg das östliche Industriegebiet auf der Terrasse am Fuß des Wachtbergs und Heubergs.
Der Stadtteil mit 394,2 Hektar umfasst etwas unter 1400 Adressen mit knapp 6500 Einwohnern.
Hier befand sich schon in der Römerzeit ein Gehöft, vielleicht in Verbindung mit Eisenbearbeitung. Es wurde in den 1990ern bei der Notgrabung im Zuge der Errichtung der Steyrer Nordspange (B122a) befundet.[4] Sonst fehlen in Steyr aber Belege einer mutmaßlichen Straßenstation.
Das Minichholz war ursprünglich das Waldgebiet an der Ramingbachmündung bei Ramingdorf.[5] Diese Ortschaft gehörte zu Haidershofen, das bis 1784 Stiftspfarre des Klosters Gleink war.[6] Darauf bezieht sich der Name (‚Mönchswald‘).[7] Hier sind für 1437 13 Häuser urkundlich.[8] Der Ramingdorfer Althof datiert ins 9. Jahrhundert, der Edelsitz Ramingdorf erscheint schon an der Wende des 13./14. Jahrhunderts, die Herrschaft war meist in Händen Steyrer Familien.
Neben Münichholz mit einer Fläche von 1,84 km² wurde um 1830 hier auch die Steuergemeinde Hinterberg gebildet, inzwischen eigenständigere Ortslagen.[5] Zu der Zeit hatte Münichholz 23 Häuser mit 135 Einwohnern, Hinterberg 13 Häuser mit 74 Einwohnern, Hammer 7 Häuser mit 25 Einwohnern, und Ramingdorf 19 Häuser mit 129 Einwohnern.[7][8]
Mit Schaffung der Ortsgemeinden1848/49 wurden beide Katastralgemeinden Teil der unterennsischen politischen Gemeinde Behamberg, gehörig zum Viertel ober dem Wienerwald.[9]
Die beiden entsprechenden Ortschaften hießen aber Ramingdorf respektive Hammer, erst in den 1920ern erscheinen die Ortschaftsnamen Münichholz und Hinterberg.[10]
Schon 1922 begann die Österreichische Waffenfabriksgesellschaft zu Ennsdorf (1924 Steyr-Werke AG, 1934 Steyr-Daimler-Puch AG) in Hammer mit der Produktion von Kugellagern, das Werk (ehemals Steyr Wälzlager) ist seit 1988 SKF Steyr.[11] Aus den Anlagen für den Motorenbau entstand das heutige BMW Motoren-Werk.[12] 1956 verlagerte Steyr-Daimler-Puch auch eine Gießerei hierher (seit 1988 SLR-Guss).[13]
Einen entscheidenden Einschnitt in die Geschichte von Münichholz brachte der Einmarsch der Nationalsozialisten am 13. März 1938 in Österreich. Der Stadtteil in seiner jetzigen Form steht in engem Zusammenhang mit der Aufrüstung der Wehrmacht und den Aufgaben, die der Stadt Steyr und den Steyr-Werken zugedacht waren. Diese wurden den Hermann-Göring-Werken angeschlossen, und auf Rüstungsindustrie umgestellt.
Auch zwecks Errichtung einer Großsiedlung wurde Münichholz per 15. Oktober 1938[14][15] der Stadt Steyr angegliedert. Gleichzeitig wurden die beiden Ortschaftsbestandteile Münichholz und Hinterberg – letzteres umfasste das heutige Industriegebiet – zum XI. Stadtbezirk[1] und der Ortschaft Münichholz und der flächengleichen Katastralgemeinde Hinterberg vereinigt.[6][3]
Zu der Zeit hatte die Ortschaft 221 Bewohner, vorwiegend Bauern.
In der Zeit vom 22. September 1938 bis zum 18. August 1939 wurden die Bewohner von 29 Anwesen (Bauernhöfen) ausgesiedelt.
Das Regime errichtete eine nationalsozialistische Mustersiedlung, die Werksiedlung Münichholz, die im Endausbau bis zu 20.000 Menschen Wohnungen bieten sollte. Daneben gab es an der Haagerstraße mit dem KZ-Nebenlager Steyr-Münichholz auch ein Außenlager des KZ Mauthausen, mit bis zu 3090 Häftlingen. Diese wurden bei den Steyrwerken zu Bauarbeiten sowie bei der Stadtgemeinde Steyr zum Hallen- und Straßenbau und zur Erstellung von Luftschutzstollen herangezogen. Dabei gab es vielerlei Übergriffe, Misshandlungen und „Erschießungen auf der Flucht“.
Als 1938 mit dem Bau von Münichholz begonnen worden war, war für Administration belanglos, dass dieses Gebiet zu Niederösterreich gehörte. Die Reichsgaue (Oberdonau und Niederdonau) wurden ohne viel Aufhebens anders eingeteilt. Nach Kriegsende wurde an und für sich das österreichische Recht als Ganzes in den Zustand von vor dem Anschluss zurückversetzt (Rechts-Überleitungsgesetz 1945), was sich aber nur auf grundlegende demokratische Werte bezog. Sonstige Regelungen wurden „bis zur Neugestaltung“ in Geltung gesetzt (§ 2 R-ÜG). Damit war der Status der Verschiebung der Landesgrenze, die auch die Grenze der amerikanischen und sowjetischen Besatzungszone war, unklar. Bis August 1945 war die Stadt gänzlich an der Steyr geteilt, dann wurde die Grenze auf die heutige Landesgrenze zurückgenommen,[16] Münichholz gehörte aber zur sowjetischen Besatzungszone.
Am 7. Juli 1948 beschloss der oberösterreichische Landtag ein Stadtstatut von Steyr, in dem Münichholz als ein Teil von Steyr genannt wird.[1] Niederösterreichischerseits wurde es aber noch als Behamberger Gemeindeteil geführt. Nach Abschluss des Staatsvertrages 1955, mit dem auch die ursprünglichen Landesgrenzen wieder in Kraft traten,[17] begannen Verhandlungen über Münichholz, welches nun laut Landesrecht zu Steyr und Oberösterreich, aber nach dem Bundesgesetz zu Niederösterreich gehörte. Laut Bundesverfassungsgesetz vom 16. Dezember 1958, rückwirkend mit 1. Mai 1945 in Kraft getreten, kam Münichholz von Niederösterreich endgültig zu Oberösterreich und der Stadt Steyr.[15] Die Überlassung wurde mit 25 Millionen Schilling (etwa knapp 2 Mio. Euro) abgegolten.[18]
Der Stadtteil hat einen hohen Anteil von Wald- und Grünflächen, mit dem Münichholzer Wald als noch geschossenes Auwaldgebiet. Das Ennsknie mit dem Konglomerat-Steilabfall zum Fluss liegt in der letzten freien Fließstrecke der Enns in Oberösterreich.[21]
Leo-Gabler-Straße mit Blockbebauung
Karl-Punzer-Straße mit Turm der Neuen Pfarrkirche. Rechts: Hans-Wagner-Straße
Das Ennsknie mit dem Konglomerat-Steilabfall
Wald in Münichholz
Literatur
Helmut Retzl: Münichholz – ein Stadtteil im Wandel der Zeit. Steyr 1986 (= Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr 37; ähnlich auch Veröffentlichung des Bildungs- und Kulturarbeitskreises Münichholz, 1985).
Helmut Retzl, Günter Rammerstorfer: Steyr-Münichholz – Mustersiedlung, Glasscherbenviertel, Zukunftsmodell, Ennsthaler Verlag, 2018, ISBN 978-3-85068-991-5.
↑ abcZwecks interner Statistik werden die beiden Teile noch getrennt geführt: Statistischer Bezirk: 20 Münichholz/Hinterberg (Zählbezirk 20 XI.Bez.:Münichholz der Statistik Austria, welche seit den 2000ern keine Namen mehr gibt); Statistische Zonen 16. Münichholz und 17. Hinterberg/Hammer im Umfang der ursprünglichen Katastralgemeinden; siehe Statistische Bezirke.Statistische Zonen.Statistische Zählsprengel. Magistrat Steyr, Planungdatum 2008 (alle pdf, abgerufen am 8. Juli 2018).
↑ abKarl Hohensinner, Richard Reutner, Peter Wiesinger, unter Mitarbeit von Hermann Scheuringer, Michael Schefbäck: Die Ortsnamen der Politischen Bezirke Kirchdorf an der Krems, Steyr-Stadt und Steyr-Land (Südöstliches Traunviertel) (= Ortsnamenbuch des Landes Oberösterreich. Band 7). Wien 2001, ISBN 978-3-7001-2997-4, S. 213, Nr. 7.9.1.9 (Münichholz).
↑ abKurt Klein (Bearb.): Historisches Ortslexikon. Statistische Dokumentation zur Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte. Hrsg.: Vienna Institute of Demography [VID] d. Österreichische Akademie der Wissenschaften. Oberösterreich Teil 1, Steyr (Stadt): Stadtbezirke: 11. – Münichholz; Statistische Zonen
, S.14 (Onlinedokument, Erläuterungen. Suppl.; beide PDF – o.D. [aktual.]). Spezielle Quellenangaben: urkundlich (1437): Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. 1. Bd., 1964, 113 ff. •
1830: Meist Angaben aus der Militär-Konskription 1830/37, teils älter. Nach op.cit. Schweickhardt 1838. •
1869 und später: Statistische Central-Commission/Bundesamt für Statistik/Österreichisches Statistisches Zentralamt/Statistik Austria (Hrsg.): Ortsverzeichnis. (Ergebnisse der Volkszählungen, ab 2011 Registerzählungen).
↑Landes-Regierungsblatt 1/1855 über die neue Gebietseintheilung […] des Erzherzogthumes Niederösterreich, Beilage Nr. 2 Alphabetisches Verzeichnis sämmtlicher Orte des Kronlandes Niederösterreich. Listeneinträge Münichholz (R u. KG), S. 584; Hinterberg (3.,R u. KG), S. 356; Hammer (R), S. 322; Ramingdorf (R), S. 716 (Digitalisat, Google, vollständige Ansicht).
↑Im Ortsverzeichnis 1923; Angabe Österreichischer Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, Ludwig Boltzmann-Institut für Stadtgeschichtsforschung (Hrsg.): Forschungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs. Band 2, Verlag J. Wimmer, 1989, Behamberg, S. 259; vergl. op.cit. Klein.
↑Vgl. Nachkriegswirtschaft in OÖ. In: ooegeschichte.at. Virtuelles Museum Oberösterreich, abgerufen am 7. August 2022.
↑Josef Fuchshuber: Aus der Geschichte und der neuen Zeit von Behamberg. In: Heimatkundliche Beilagen zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Amstetten 13, 142, 1984, S. 1–4. (Artikel online, auf heimatforschung-noe.blogspot.co.at, 2012).