Luciano Baldessari, Sohn des Schuhmachers Leopoldo Baldessari und dessen Frau Maria Casetti, war das sechste von neun Kindern der Familie. Nach dem frühen Tod seines Vaters im Jahr 1906 kam er in ein Waisenhaus, wo er sich bald mit Fortunato Depero anfreundete. Bereits mit 13 Jahren, noch während des Schulbesuchs wurde er Schüler von Luigi Comel, einem Kunstmaler mit Lehrauftrag an der k.k. Elisabethanischen Oberrealschule in Rovereto.[1]
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs übersiedelte Baldessari erst nach Schardenberg, dann nach Brunau, schließlich begann er in Wien ein Studium der Architektur. Noch kurz vor Ende des Krieges trat er in die österreichisch-ungarische Armee ein. 1919 kehrte Luciano Baldessari nach Italien zurück, um sein Studium an der Universität Mailand fortzusetzen. Am 14. Dezember 1922 erhielt er sein Diplom.
In Berlin blieb Baldessari aber nur bis 1927, dann kehrte er nach Italien zurück, wo er sich der Gruppe 7 der italienischen rationalistischen Architekten anschloss.
Außer an Bauwerken arbeitete Baldessari auch an Innenausstattungen, so entwarf er 1926 die StehleuchteLuminator, von der Gestalt einer Schneiderpuppe inspiriert.
Im Jahr 1927 begründete er die nationale Seidenausstellung in der Villa Olmo in Como. Im folgenden Jahr eröffnete Baldessari sein erstes Architekturbüro in Mailand, das sich über der Kirche Santa Marta befand. Zusammen mit Gio Ponti konzipierte er die italienischen Beiträge zur Expo 1929 in Barcelona, wo sein Luminator erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.[1]
Anschließend betätigte sich Baldessari als Industriedesigner für das Italcima-Werk in Mailand sowie für die Firmen Giuseppe Visconti di Modrone, Tatiana Pavlova und Enzo Ferrieri.
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wanderte Baldessari in die USA aus und verdiente seinen Lebensunterhalt mit Malereien und als Bühnenbildner, weil sein Architekturdiplom hier nicht anerkannt wurde. In New York traf er wieder mit Gropius und Van der Rohe zusammen, lernte Fernand Léger, Alfred Barr und Amédée Ozenfant kennen. Den Aufenthalt in Amerika nutzte er auch zu Bildungsreisen.[1]
Nach Beendigung des Krieges in Europa nahm Baldessari seinen Wohnsitz ab 1948 wieder in Italien und konnte neue Pavillons für die Mailänder Messe (1951, 1953) realisieren. Er lud andere Architekten und Ingenieure, unter anderem Marcello Grisotti, Erminio Gosso, Giuseppe Dal Monte sowie Künstler wie Lucio Fontana, Umberto Milani, Attilio Rossi zur Teilnahme an der Messe ein.
Für die Triennale in Mailand entwarf und baute er die große Treppe.[1]
Weitere Ausstellungen kuratierte er in den 1970er Jahren wiederum in Mailand: zu Roberto Crippa (1971), Lucio Fontana (1972) und zur Thematik La ricerca dell'identità (dt.: „Die Suche nach Identität“; 1974).
Zwischen 1955 und 1957 plante Baldessari für die in West-Berlin stattfindende Ausstellung Interbau 1957/58 ein 17-etagiges Wohnhochhaus und leitete die Bauarbeiten (Bartningallee 5), siehe Bild.
Im Juni 1982 heiratete er seine Kollegin Zita Mosca, mit der er langjährig zusammen gearbeitet hatte. Im gleichen Jahr starb Baldessari in Mailand und wurde dort beigesetzt.
Werke (Zusammenfassung, Auswahl)
Bauwerke
Die realisierten Bauten[1] von Baldessari werden den Stilen des Futurismus und Rationalismus zugeordnet.
1927: Einrichtung der Notari-Bibliothek (Libreria Notari), Mailand
1928–1933: Varese-Schuhfabrik (Calzaturificio di Varese), Mailand
1931/1932: Daf-Bürogebäude (Palazzo per uffici Daf), Mailand
Mailand 1978 in der Galleria Schettini und in der Corrente-Stiftung
Paris 1981 im Kulturinstitut
Archiv
Der Nachlass von Luciano Baldessari wurde in drei Bereiche aufgeteilt und unterschiedlichen Einrichtungen übergeben:[1]
Im Centro di alti studi sulle arti visive (CASVA) im Mailänder Castello Sforzesco befinden sich die künstlerischen Dokumente aus dem Zeitraum 1915 bis 1980.