Das Gebiet des Kreises war 850,84 km² groß und lag nordöstlich von Allenstein. Die vier Städte des Kreises, Rößel, Bischofsburg, Seeburg und Bischofstein, lagen in den vier Ecken des Kreises und förderten das Wirtschaftsleben. Ein eindeutiges Zentrum hatte der Kreis aber nicht.
Von den Höhenlagen des Baltischen Höhenrückens geht die Landschaft nach Norden in die Schippenbeiler Tiefebene über. Der südwestliche Bereich wird von der Allensteiner Seenplatte berührt, der 10 km² große Daddaisee (heute Jezioro Dadaj) und der Lauternsee (Jezioro Luterskie) waren die größten Seen des Kreises. Nahe dem Lauternsee im Zentrum des Kreises befand sich mit dem 220 Meter hohen Voigtsdorfer Berg der höchste Punkt. Der Nordosten wird vom Fluss Zaine berührt, dem einzigen nennenswerten Fluss des Kreises. Weite Gebiete sind mit Wäldern bedeckt.
Der Kreis Rößel gehörte zu den flächenmäßig kleineren Kreisen Ostpreußens, war jedoch mit zeitweise 61 Einwohnern pro km² der am dichtesten besiedelte Kreis. 1939 lebten im Kreis 51.086 Menschen, davon 88,3 Prozent katholischen Glaubens. Gab es 1890 noch 339 Juden, ging deren Zahl danach ständig zurück: 1925 waren es 132, 1933 nur noch 108. Die polnische Minderheit wurde 1900 mit 14 Prozent angegeben.
Die Geschichte des Kreises wurde lange Zeit durch das Bistum Ermland bestimmt, das über mehrere Jahrhunderte ein geistlich-souveränes Territorium darstellte. Es entstand 1243 und wurde verwaltungsmäßig in zehn Kammerämter aufgeteilt, von denen sieben dem ermländischen Bischof und drei dem Domkapitel unterstellt waren. Das Gebiet des späteren Kreises lag in den Kammerämtern Rößel und Seeburg, die zum bischöflichen Herrschaftsbereich gehörten. Im Ergebnis des zweiten Thorner Friedens von 1466 kam das gesamte Bistum Ermland unter polnische Oberhoheit, die bis zur ersten polnischen Teilung von 1772 andauerte. Danach kam es zu Preußen und verlor gleichzeitig seine Selbständigkeit.
Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da die 1752 bzw. 1773 eingerichteten Kreise sich als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Im Ermland wurde aus dem südöstlichen Teil des alten Kreises Heilsberg mit Wirkung vom 1. Februar 1818 der neue Kreis Rößel gebildet.[2] Er umfasste im Wesentlichen das Gebiet der vormaligen ermländischen Kammerämter Rößel und Seeburg, nämlich die katholischen Kirchspiele:
Zunächst wurde Rößel als Kreisstadt bestimmt, 1862 wurde das Landratsamt jedoch nach Bischofsburg verlegt. Anfangs unterstand der Kreis dem preußischen Regierungsbezirk Königsberg; am 1. November 1905 erfolgte die Zuordnung zum neu gegründeten ostpreußischen Regierungsbezirk Allenstein.
Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis heute
Bei der nach dem Ersten Weltkrieg im Versailler Vertrag vorgeschriebenen Volksabstimmung über die Zugehörigkeit zum Deutschen Reich oder zu Polen entschieden sich am 11. Juli 1920 88,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen Verbleib bei Ostpreußen.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte Ende Januar 1945 die Rote Armee ohne wesentliche Kampfhandlungen den Kreis Rößel. Erst nach der Besetzung wurden die Städte und Dörfer von Truppen der Roten Armee zum Teil durch Brandstiftung zerstört.
Im März 1945 unterstellte die Rote Armee das Kreisgebiet zusammen mit der südlichen Hälfte Ostpreußens der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Diese besiedelte es nach Flucht und Vertreibung nahezu der gesamten einheimischen Bevölkerung mit Polen, die zum Teil aus den an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen.
Im Jahre 1908 umfasste der Kreis 118 Städte, Gemeinden und Gutsbezirke. Zum Ende seines Bestehens im Jahr 1945 umfasste der Kreis Rößel noch vier Städte und 81 Landgemeinden:[6][13]
Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft 1: Regierungsbezirk Allenstein. Berlin 1912, S. 56–61, Kreis Rössel.
Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 214–220.
Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg. Berlin 1966, 19. Kreis Roessel.
A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 603.
Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 118–125.
Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Rössel. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Königsberg (Digitalisat [abgerufen am 9. September 2020]).
↑Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S.304 (Digitalisat).
↑ abcdefgMichael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Rössel. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900