Kleinau, ein Straßendorf mit Kirche, liegt inmitten der Altmark, etwa 10 Kilometer südlich von Arendsee (Altmark), wo mit der B 190 die nächste Fernstraße verläuft. Die Gemarkung von Kleinau ist zum Teil von Kiefernwäldern bestanden und erstreckt sich abschnittsweise in einem Niederungsgebiet. Die Landschaft rund um Kleinau ist Standort zahlreicher Feuchtwiesen. Das Wirtschaftsleben wird durch den Anbau von Salat- und Kohlfeldern in der „Agrofarm Kleinau“ geprägt.
Zur Ortschaft Kleinau gehören die Ortsteile Kleinau, Dessau und Lohne.[2]
Weiterhin liegt die Wüstung des ehemaligen Ortes Buckau auf der Gemarkung Kleinaus. Das Dorf wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört.
Geschichte
Mittelalter bis 20. Jahrhundert
Im Jahre 1274 wurde der Ort als Cleinow erwähnt, als Bodo von Wallstawe der Marienkirche in Salzwedeletliche Wispel Roggen stiftete.[4][5] 1365 heißt es in villa Clenowe, als der Kirche diese Stiftung bestätigt wurde.[6] Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wird das Dorf als Cleinowe aufgeführt.[7] Weitere Nennungen sind 1600 Kleinow, 1687 Kleinow[8] und 1804 Kleinau, ein Dorf mit Schmiede, Windmühle und Krug.[9]
Landwirtschaft
Bei der Bodenreform wurden 1945 ermittelt: 46 Besitzungen unter 100 Hektar hatten zusammen 571 Hektar, drei Kirchenbesitzungen umfassten 40 Hektar und die Gemeinde hatte 0,6 Hektar Land. Im Jahre 1948 hatte aus der Bodenreform ein Vollsiedler über 5 Hektar und ein sechs Kleinsiedler unter 5 Hektar erhalten.
Heinrich Sültmann deutet die Namen 1274 cleinow, 1375 clenow, clynow als slawisch. Er schreibt: „clen“ ist der Ahorn, Kleinau „die Ahornstelle“.[10][11]
Am 20. Juli 1950 wurde die Gemeinde Dessau aus dem Landkreis Osterburg eingemeindet.[13] Am 25. Juli 1952 ist die Gemeinde Kleinau aus dem Landkreis Osterburg in den Kreis Osterburg umgegliedert worden. Am 1. Februar 1974 wurde die Gemeinde Lohne nach Kleinau eingemeindet.[14]
Durch einen Gebietsänderungsvertrag beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Kleinau am 18. Mai 2009, dass die Gemeinde Kleinau in die Stadt Arendsee (Altmark) eingemeindet wird. Dieser Vertrag wurde vom Landkreis als unterer Kommunalaufsichtsbehörde genehmigt und trat am 1. Januar 2010 in Kraft.[15][16]
Nach Eingemeindung der bisher selbstständigen Gemeinde Kleinau wurden Kleinau, Dessau und Lohne Ortsteile der Stadt Arendsee (Altmark). Für die eingemeindete Gemeinde wurde die Ortschaftsverfassung nach den §§ 86 ff. Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt eingeführt. Die eingemeindete Gemeinde Kleinau und künftigen Ortsteile Kleinau, Dessau und Lohne wurden zur Ortschaft der aufnehmenden Stadt Arendsee (Altmark). In der eingemeindeten Gemeinde und nunmehrigen Ortschaft Kleinau wurde ein Ortschaftsrat mit neun Mitgliedern einschließlich Ortsbürgermeister gebildet.[15] Seit Juli 2019 hat der Rat nur noch sechs Mitglieder.[17]
Markus Kosink ist seit Juli 2024 Ortsbürgermeister der Ortschaft Kleinau.[27]
Sven Schottenhammel war von Juli 2019 bis Juni 2024 Ortsbürgermeister. Sein Vorgänger als Ortsbürgermeister war Hans-Georg Kempcke, der auch letzte Bürgermeister der Gemeinde war.[28][15]
Ortschaftsrat
Bei der Ortschaftsratswahl am 9. Juni 2024 wurden 6 Sitze vergeben:[29]
3 Sitze Dorfgemeinschaft Dessau
2 Sitze Dorfgemeinschaft Lohne
1 Sitz Wählergemeinschaft „Kleinau-Lohne-Dessau“
Gewählt wurden 3 Frauen und 3 Männer.[27] Die Wahlbeteiligung betrug 67,05 Prozent.[29]
Auf der südlichen Seite der Dorfstraße nahe dem westlichen Ortseingang steht ein Steinkreuz, ein einfaches lateinisches Kreuz aus Muschelkalk. Walter Saal datierte es in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts.[31][32]
In der ehemaligen Schule gibt es ein Heimatmuseum, dort eingerichtet ab 1970 vom Lehrer und Bodendenkmalpfleger Otto Mewes und anderen Ehrenamtlichen. Der Verein „Junge Archäologen der Altmark e. V.“ hat sich zu einer Trägerschaft für das Museum bereit erklärt.[33][34]
Die Kirche steht auf dem Ortsfriedhof.
In Kleinau steht ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, eine abgestufte Sandsteinstele mit eingelassenen eisernen Kreuzen im oberen Teil.[35]
Es verkehren Rufbusse und Linienbusse der Personenverkehrsgesellschaft Altmarkkreis Salzwedel.[36]
Sagen
Das Steinkreuz in Kleinau
Beckmann schrieb 1753, man habe ihm erzählt, das mannshohe steinerne Kreuz sei zum Andenken an den Tod einer vornehmen Dame gesetzt worden, die aus dem Wagen gesprungen und überfahren worden war, als ihre Pferde an der Stelle scheuten.[37]
Alfred Pohlmann schilderte im Jahre 1901 die örtliche Überlieferung: Die Kleinauer erzählen, das Kreuz sei zur Sühne für einen Meuchelmord an einem französischen General im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) oder in den Freiheitskriegen (1813–1815) gesetzt worden.[38]
Paul Pflanz schrieb 1931: „Mir wurde von einer Frau, die dicht bei dem Kreuz wohnt, erzählt, dass man vor längeren Jahren beim Bau eines Hauses das Kreuz habe fortnehmen wollen, aber daran gehindert sei. Man habe am Fuß des Kreuzes auch einmal nachgegraben in der Erde, aber nichts als weißen Sand gefunden.“[39]
Die drei Korporale
Beckmann berichtete 1753 aus Kleinow. Um 1650, kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, gab es in Kleinau drei Räuber, junge Bauern, die sich zur Tarnung Korporale nannten. Der taube Korporal tat so, als könne er nicht hören, der stumme Korporal tat so, als könne er nicht reden, der krummmäulige Korporal verzog, wenn er reden sollte, den Mund. Beckmann schrieb: „Es habe aber Gott der Herr diese Bosheit augenscheinlich an ihren Kindern gestrafet.“ Als die Frauen der Räuber Kinder bekamen, konnten die des tauben Korporals nicht richtig hören, die des stummen Korporals konnten kaum sprechen, dem Sohn des krummmäuligen Korporal war der Mund ganz auf die eine Seite hingezogen. Die Kinder lebten noch im Jahre 1712.[37][40]
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1190–1195, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.181 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC1071081004, S.375, 77. Kleinau (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Einzelnachweise
↑ abc
Christian Ziems: Arendsee verliert über 100 Einwohner. In: Salzwedeler Volksstimme, Jeetze-Kurier Salzwedel. 25. Januar 2024, DNB954815971, S.16.
↑ ab
Hauptsatzung der Stadt Arendsee (Altmark). 21. Dezember 2022 (arendsee.info [PDF; abgerufen am 14. August 2024]).
↑
Hermann Krabbo: Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause. Hrsg.: Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. 1. Lieferung. Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S.268, Nr. 1067 (Online).
↑Johannes Schultze: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, S.386 (uni-potsdam.de (Memento vom 4. Oktober 2018 im Internet Archive)).
↑ abcd
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1178–1183, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
↑
Zweite Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen zum 27. April 1950 (GuABl. S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr.18, 5. August 1950, ZDB-ID 511105-5, S.274–281 (PDF).
↑ abc
Gebietsänderungsvertrag - Eingemeindung der Gemeinde Kleinau in die Stadt Arendsee (Altmark) mit Genehmigung des Altmarkkreises Salzwedel vom 12. August 2009. In: Altmarkkreis Salzwedel (Hrsg.): Amtsblatt Altmarkkreis Salzwedel. 15. Jahrgang, Nr.8, 26. August 2009, S.228–230 (altmarkkreis-salzwedel.de [PDF; 308kB; abgerufen am 7. Mai 2022]).
↑
Satzung über die 1. Änderung der Hauptsatzung der Stadt Arendsee (Altmark). 29. Oktober 2018 (arendsee.info [PDF; 7,1MB; abgerufen am 7. Mai 2022]).
↑ abcWilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.181 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
↑ abcdefghi
Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung der Gemeinden nach Kreisen 1964 – 2007 (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Statistische Berichte / A / I / 103). Halle (Saale) Februar 2009 (statistischebibliothek.de [PDF]).
↑ ab
Bevölkerung der Gemeinden (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Statistische Berichte / A / I / A / II / A / III / 102). Halle (Saale) – (statistischebibliothek.de). (Jahr anklicken)
↑ ab
Christian Ziems: Arendsee im Aufwind. In: Salzwedeler Volksstimme, Jeetze-Kurier Salzwedel. 5. Januar 2022, DNB954815971, S.18.
↑
Einheitsgemeinde Stadt Arendsee (Altmark) (Hrsg.): Einwohnerdaten der Jahre 2011 bis 2017. 12. Januar 2018.
↑
Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S.24 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
↑
Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S.2 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
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Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S.264–265.
↑Lothar Mittag: Sagenhafte Steine. Großsteingräber, besondere Steine und Steinkreuze in der altmärkischen Sagenwelt (= Schriften zur Regionalgeschichte der Museen des Altmarkkreises Salzwedel. Band5). 2006, ISBN 3-00-020624-8, S.82.
↑Flurdenkmale. Kleinau. In: suehnekreuz.de. 2007, abgerufen am 7. Mai 2022.
↑
Eckehard Schwarz und Helga Räßler: Besucheransturm im Kleinauer Museum. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Salzwedel. 8. April 2014 (volksstimme.de [abgerufen am 7. Mai 2022]).
↑
Helga Räßler: Kleinau feiert Museumsarbeit und Sammellust. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Salzwedel. 15. August 2018 (volksstimme.de [abgerufen am 7. Mai 2022]).
↑
Paul Pflanz: Die Sühnekreuze in der Altmark. Hrsg.: Paul Kupka im Auftrag des Altmärkischen Museumsvereines zu Stendal (= Beiträge zur Geschichte, Landes- und Volkskunde der Altmark. Band VI., Heft 6). 1931, ZDB-ID 212026-4, S.43–44.