Ab Mitte der 1930er Jahre wurden John Carradines Rollen langsam größer. Er wurde während dieser Zeit einer der Lieblingsschauspieler des Regisseurs John Ford; Ford und Carradine arbeiteten von 1936 bis 1964 bei insgesamt elf Filmen zusammen.
In John Fords Filmklassiker Ringo (1939), durch den John Wayne zum Filmstar wurde, verkörperte Carradine eine seiner bekanntesten Rollen: den eleganten Glücksspieler Hatfield, der am Ende von den Apachen getötet wird. Ähnlich bekannt ist auch seine Rolle in Früchte des Zorns (1940), Fords Verfilmung des gleichnamigen Romans von John Steinbeck, hier spielte er an der Seite von Henry Fonda den ehemaligen Prediger Casey, der mutig für die Rechte der Arbeiter eintritt und dafür von einem Farmer getötet wird. In dem Drama Das letzte Hurra (1958) mit Spencer Tracy und Basil Rathbone verkörperte John Carradine den Politiker Amos Force. Danach drehte er unter Fords Regie noch den Western Der Mann, der Liberty Valance erschoß (1962), an der Seite von James Stewart, John Wayne und Lee Marvin, und zuletzt Cheyenne (1964) mit Richard Widmark in der Hauptrolle sowie Karl Malden und Edward G. Robinson in weiteren Nebenrollen.
John Carradine spielte üblicherweise in Nebenrollen, galt in diesen aber als einer der vielseitigsten in der „Goldenen Ära Hollywoods“. Er spielte viele Schurken, wie etwa mit seiner Verkörperung von Reinhard Heydrich in Hitler’s Madman von Douglas Sirk (1943), aber auch ehrenhafte und sympathische Charaktere wie US-Präsident Abraham Lincoln in Of Human Hearts (1938).[1] Er arbeitete mit vielen berühmten Kollegen zusammen, zum Beispiel mit Frederic March in Die Elenden (1935), einer Verfilmung des gleichnamigen Romans von Victor Hugo und in Die Abenteuer Mark Twains (1944), einem Film über das Leben von Mark Twain. Mit Peter Ustinov trat er in Sinuhe der Ägypter (1954) auf, mit Jerry Lewis und Peter Lorre in Die Heulboje (1964), einer seiner seltenen Komödien. Mit Peter Lorre drehte John Carradine auch den Abenteuerfilm Hell Ship Mutiny (1957), in dem Carradine den Verbrecher Malone und Lorre den korrupten Richter Lamouet, der mit Malone gemeinsame Sache macht, spielten, sowie zwei Mr.-Moto-Filme. Zusammen mit Lorre und etlichen anderen bekannten Schauspielern war er 1957 in The Story of Mankind zu sehen.
Neben vielen anderen namhaften Darstellern wirkte John Carradine 1956 in In 80 Tagen um die Welt mit, der klassischen Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jules Verne. Er ist in der Rolle des Oberst Stamp-Proctor zu sehen, der sich mit Phileas Fogg (dargestellt von David Niven) während dessen Zugfahrt durch den Wilden Westen anlegt. Im selben Jahr wirkte Carradine auch in Die zehn Gebote mit, einer Bibelverfilmung über Moses und den Auszug der Israeliten aus Ägypten. Neben Charlton Heston als Moses und Yul Brynner als Pharao spielte Carradine die Rolle des Aaron.
Horrorfilme und B-Movies
In den 1940er Jahren verkörperte John Carradine in den Horrorfilmen Frankensteins Haus (1944) und Draculas Haus (1945) den Grafen Dracula – zuvor Bela Lugosis Paraderolle, wobei Carradine der Beschreibung der Figur in Bram Stokers Roman um einiges näher kam. Drei Monate nach dem Tod von Lugosi war Carradine erneut als Dracula zu sehen: in dem Fernsehfilm Dracula von 1956, aus der Serie Matinee Theater (Regie: Lamont Johnson), der Film gilt heute als verschollen. Weitere Auftritte als Dracula hatte er in Billy the Kid Versus Dracula (1966), einer Mischung aus Horrorfilm und Western, und in der Horrorkomödie Dracula auf Abwegen (1979). Den Diener des Grafen Dracula spielte er 1969 in dem billig produzierten Horrorfilm Dracula und seine Opfer.
John Carradine drehte ab den 1940er Jahren zahlreiche Horror- und/oder Science-Fiction-Filme, mitunter ohne künstlerischen Anspruch, in denen er aber auch ein paar seiner seltenen Hauptrollen erhielt – so etwa als Mad Scientist in Captive Wild Woman von Edward Dmytryk (1943) oder als wahnsinniger Serienkiller und Künstler in Bluebeard von Edgar G. Ulmer (1944). Carradine war oft aus Geldnot gezwungen, viele dieser Rollen anzunehmen – er versuchte beispielsweise eigene Theaterprojekte zu finanzieren und musste für mehrere Ex-Frauen und Kinder aufkommen. Mit Bela Lugosi drehte er Voodoo Man (1944) und Return of the Ape Man (1944), in denen Lugosi verrückte Wissenschaftler und Carradine seinen Assistenten verkörperte. Carradine wirkte auch neben Basil Rathbone in Die Schreckenskammer des Dr. Thosti (1956) mit, Bela Lugosis vorletztem Film.
Seinen letzten sehenswerten Horrorfilm drehte John Carradine 1982: in Das Haus der langen Schatten spielte er den englischen Lord Grisbane. Das Haus der langen Schatten war dabei keine Billigproduktion; in weiteren Rollen wirkten Vincent Price, Christopher Lee und Peter Cushing mit.
Carradine war viermal verheiratet, unter anderem mit Sonia Sorel und zuletzt ab 1975 mit Emily Cisneros. Er hatte fünf Kinder – darunter die später selbst bekannten Schauspieler David, Keith und Robert Carradine. Im Alter litt Carradine an schmerzhafter und lähmender rheumatoider Arthritis, bevor er am 27. November 1988, 82-jährig im Krankenhaus Fatebenefratelli in Mailand, Italien, an multiplem Organversagen starb.