Da dieser in Diensten des Dresdner Hofes stand, verbrachte Luise auch Zeiten in der sächsischen Residenzstadt. Hier gebar sie am 9. April 1774 ihre Tochter Henriette Caroline Luise. Ihr Mann wurde in diplomatischen Diensten noch im gleichen Jahr an den spanischen Hof beordert. Luise folgte ihm nach Madrid. Töchterchen Henriette blieb bei seiner Großmutter in Nassau. In Madrid kam am 27. Juni 1775 die zweite Tochter Jacobine Henriette Juliane zu Welt. Diese starb allerdings noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres und wurde auch in Madrid beerdigt. Zum Ende der 1770er Jahre kehrte das Ehepaar von Werthern aus Spanien zurück und hielt sich wieder häufig in Neunheilingen auf. Hier hatte es auch Kontakte zum Weimarer Hof. In diese Zeit fielen erste Spannungen und gewisse Entfremdungen des Paares, möglicherweise wegen des Ausbleibens eines Stammhalters, wohl aber auch wegen gewisser skurriler Eigenheiten des Ehemannes.
Gleichzeitig wurde der Weimarer Herzog Karl August auf Luise aufmerksam und machte ihr, obwohl beide verheiratet waren, unverhohlen den Hof. Er besuchte zusammen mit Goethe mehrfach Schloss Neunheilingen. Obwohl Luise ihm, wie vermutet wird, auch gewogen war, hielt sie dennoch zu ihrer nicht sehr glücklichen Ehe. Auch Goethe bewunderte die Frau sehr, wie u. a. in einem Brief an Charlotte von Stein zum Ausdruck kommt.[1] Die Verhältnisse und Erlebnisse auf Neunheilingen hat Goethe auch in seinen Wilhelm-Meister-Romanen einfließen lassen.[2]
1783 wurde der Graf von Werthern Chef der Stiftsregierung Naumburg-Zeitz, eine Stellung, die er bis zu seinem Tode innehatte. Nun war Zeitz der Hauptwohnsitz der Familie, nicht sehr weit entfernt von Eythra, einem Gut, das dem Grafen 1772 bei einer Erbteilung mit seinem Bruder zugefallen war. Der Ausbau des zugehörigen Schlosses und die Umgestaltung des Parks zum Englischen Garten waren Aktionen, an denen Luise von Werthern maßgeblich beteiligt war. Es entstanden antikisierende, gotisierende und chinoise Bauten und Denkmäler, z. B. um 1790 ein Trianon in der Art römischer Tempelruinen am Ende der 650 Meter langen, vierreihigen Eythraer Lindenallee. Ähnliche Bauten in Weimar und dem Tiefurter Park waren dabei Vorbild. 1795 wurden die Tapeten für das Römische Zimmer von Eythra bestellt, das noch heute einen Glanzpunkt im Leipziger Grassi Museum für Angewandte Kunst darstellt.
Nachdem Graf von Werthern 1806 gestorben war, verbrachte Luise ihre letzten Lebensjahre in der Residenzstadt Dresden. Am 8. März 1811 erlag sie hier ihrer „vieljährigen Lungensucht und Auszehrung“. Sie wurde neben ihrem Gatten auf dem Eythraer Friedhof beigesetzt.
Literatur
Dietrich Wünschmann: Die „beste aller Gräfinnen“. In: Eythraer Heimatblätter. Nr. 4–9 (2001–2002), Beilage der Zwenkauer Nachrichten. Amtsblatt der Stadt Zwenkau
Adolf Bach: Johanna Luise von Werthern, geb. vom Stein. In: Volk und Scholle, Heimatblätter für beide Hessen, Nassau und Frankfurt a. M., 2. Jg., 1923/24, S. 77–82
Anne Fuchs: Johanna Louise (Jeannette) Gräfin von Werthern auf Neunheiligen, geb. vom und zum Stein (1751–1811), in: Stefanie Freyer, Katrin Horn, Nicole Grochowina (Hg.): Frauen-Gestalten Weimar-Jena um 1800. Ein bio-bibliographisches Lexikon, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8253-5656-9, S. 378–380.
Einzelnachweise
↑Goethes Brief an Frau von Stein vom 11. März 1781, In: Johann Wolfgang von Goethe: Briefe an Charlotte Stein, Bd. 1 - Kapitel 61 (online)