Im Februar 2011 gab Angela Merkel seine Berufung zum Präsidenten der Deutschen Bundesbank – und damit bisher jüngster Amtsinhaber – als Nachfolger von Axel Weber bekannt.[6][7][8] Die Ernennungsurkunde erhielt er am 29. April 2011 vom damaligen BundespräsidentenChristian Wulff.[9]
In seiner Antrittsrede stellte er fest:
„In der Geldpolitik geht es um den Ausstieg aus den krisenbedingten Sondermaßnahmen sowie um eine klare Trennung der Verantwortlichkeiten von Geld- und Fiskalpolitik.“[10]
Im Juli 2011 äußerte Weidmann in der Zeit deutliche Kritik an der deutschen Politik und sprach sich gegen den Aufkauf von Staatsanleihen durch den europäischen Rettungsfonds aus.[11] Im September 2011 distanzierte sich Weidmann von der Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank EZB, die mit ihren geldpolitischen Maßnahmen zur Beruhigung der Märkte beträchtliche Risiken in ihre Bilanz genommen habe, für welche mit 27 Prozent der deutsche Steuerzahler gerade stehen müsse.[12] Vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages kritisierte Weidmann die Aufstockung des Garantierahmens für den EFSF auf 780 Milliarden Euro.[13] Im Februar 2012 warnte Weidmann vor den wachsenden Risiken innerhalb des Euronotenbanksystems Target 2 und schlug eine stärkere Besicherung der Forderungen vor, die gegenüber den finanzschwachen Notenbanken in Euroländern einen Wert von mehr als 800 Milliarden Euro (davon allein für die deutsche Bundesbank ca. 500 Milliarden Euro) erreicht hatten. Die Anforderungen an die Sicherheiten waren auf Grund der Finanzkrise durch einen Beschluss des EZB-Rates abgebaut worden.[14]
Im Juni 2012 wies er die Forderung des italienischen Premiers Mario Monti zurück, Italien solle Milliarden aus den Euro-Rettungsschirmen EFSF und ESM erhalten, ohne die dafür vorgesehenen Auflagen zu erfüllen:
„Der Vorschlag Montis läuft auf eine durch die EU-Verträge verbotene Staatsfinanzierung durch die Notenpresse hinaus.[15][16]“
Im September 2012 votierte Weidmann in der EZB-Ratssitzung als Einziger mit „Nein“ gegen den Beschluss der EZB, unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen der Mitgliedsländer kaufen zu wollen. Das Vorgehen der EZB sei zu nah an einer Staatsfinanzierung und verteile erhebliche Risiken zwischen den Steuerzahlern verschiedener Länder. Weidmann forderte eine öffentliche Debatte zum Aufkauf von Staatsanleihen. Diese wird vom Finanzminister Deutschlands abgelehnt.[17][18]
Im September 2014 wies Weidmann auf Risiken der EZB-Politik (v. a. Niedrigzinsen und Ankauf von Pfandbriefen) sowie von Kreditpaketen (Asset Backed Securities/ABS) hin.[20] Er wandte sich aber gegen eine vorzeitige Beendigung des einmal beschlossenen Ankaufprogramms. Mitte April 2015 gab es im EZB-Rat keine Stimme gegen das Ankaufprogramm.[21]
Im Dezember 2014 kritisiert Weidmann die EU-Kommission, die sieben Ländern, die 2015 zu viele Schulden aufnehmen wollen, mehr Zeit einräumte, um ihre Haushalte in Einklang mit den Defizitkriterien zu bringen: die Finanzkrise habe gezeigt, wie wichtig es sei, die Spielregeln einzuhalten.[22]
Im Oktober 2021 kündigte er drei Wochen nach der Bundestagswahl 2021 seinen Rücktritt als Präsident der Bundesbank zum 31. Dezember 2021 aus persönlichen Gründen an.[24]
Am 31. Mai 2023 wurde Jens Weidmann zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Commerzbank gewählt und löste in dieser Funktion Helmut Gottschalk ab.[25]
Rezeption
Weidmann galt als Vertreter einer restriktiven Geldpolitik.[26][27] Seine Ansichten wurden ab 2012 kontrovers diskutiert.[28][29][30][31] So bezeichnete der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg Weidmann und Wolfgang Schäuble 2014 als „Falken der Inflation“.[32] Montebourg trat nach seinen Angriffen auf Schäuble und Weidmann aus der französischen Regierung zurück.
Nebentätigkeiten in der Zeit als Bundesbankpräsident
Aus der Offenlegungspflicht der Mitglieder des EZB-Rats ging hervor, dass Weidmann Mitglied in mehreren Stiftungen und Verbänden war.[33]
2018: Freiheitspreis der Medien (Kategorie: Wirtschaft und Finanzen) des Ludwig-Erhard-Gipfels[37]
Weblinks
Interview. SZ, 23. Juni 2013; Der Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB ist „grundsätzlich problematisch“
Interview. SZ, 25. Juni 2013; Weidmann fordert, dass die Bilanzen der europäischen Banken streng geprüft und bereinigt werden müssen. Außerdem müsse es die Möglichkeit geben, Banken zu schließen.
↑Manfred J. M. Neumann, Jens Weidmann: The information content of German discount rate changes. In: European Economic Review. Band 42, Nummer 9, 1998, S. 1667–1682 doi:10.1016/S0014-2921(97)00110-4.