Prinz Jean wurde als erstes Kind der regierenden Großherzogin Charlotte von Luxemburg und des Prinzen Felix von Bourbon-Parma geboren. Seine Geburt erfolgte nur zwei Jahre nach dem Amtsantritt seiner Mutter, nachdem ihre ältere Schwester, Großherzogin Maria-Adelheid, 1919 zur Abdankung gezwungen worden war, weil ihr vorgeworfen wurde, sie habe während des Ersten Weltkriegs eine pro-deutsche Haltung eingenommen.[3] Als ältestes Kind der regierenden Großherzogin war er von Geburt an Thronfolger. Sein Pate war Papst Benedikt XV., nach dem er seinen zweiten Namen Benoît erhielt.[4]
Zita von Bourbon-Parma, die letzte österreichische Kaiserin, war Jeans Tante, Kronprinz Otto sein Vetter ersten Grades.
Prinz Jean hatte später fünf jüngere Geschwister, die hauptsächlich in der Hauptresidenz ihrer Eltern, Schloss Berg, in der GemeindeColmar-Berg im zentralen Luxemburg aufwuchsen.[4] Er begann seine Schulausbildung in Luxemburg, und von 1934 bis 1938 besuchte der Prinz Ampleforth College, ein privates katholisches Internat der Benediktiner im englischen North Yorkshire.[4] Nach Vollendung des 18. Lebensjahres bekam er am 5. Januar 1939, dem Tag seiner Volljährigkeit, den Titel Erbgroßherzog zugesprochen.[5]
Nachdem Erbgroßherzog Jean an der kanadischen Universität Laval (Québec)[7] studiert hatte, trat er am 29. November 1942 in das britische Regiment der „Irish Guards“ ein und war als Offizier an der Befreiung des Kontinents beteiligt. Am 11. Juni 1944 landete er in der Normandie und beteiligte sich an der Schlacht um Caen und der Befreiung Brüssels. Am 10. September 1944, dem Tag der Befreiung der Stadt Luxemburg, wurde Erbgroßherzog Jean nach Luxemburg abkommandiert, wo er am Nachmittag von der Bevölkerung begeistert empfangen wurde.
Am 13. September 1944 kehrte er zu seiner Einheit zurück und nahm an der Operation Market Garden um Arnheim und der Abwehr der deutschen Ardennenoffensive teil. Ende Januar 1945 war er an der Eroberung des Reichswaldes nordwestlich von Wesel beteiligt und blieb bis zum Ende der Kampfhandlungen bei den alliierten Truppen in Deutschland.[8]
Nachkriegszeit
Nach Kriegsende kehrte die Familie nach Luxemburg zurück. In den folgenden Jahren engagierte sich Jean als Erbgroßherzog unter anderem in der Pfadfinderbewegung und im Internationalen Olympischen Komitee. Von 1951 bis 1961 war er Mitglied des Staatsrates und konnte sich dadurch mit dem politischen Leben des Landes vertraut machen.[4]
Am 28. April 1961 ernannte Großherzogin Charlotte Erbgroßherzog Jean zu ihrem Statthalter, wodurch er stellvertretend für seine Mutter die Amtsgeschäfte des luxemburgischen Staatsoberhauptes wahrnahm.
Nach der Abdankung seiner Mutter am 12. November 1964 bestieg Großherzog Jean den Thron und leistete am gleichen Tag den von der Verfassung vorgeschriebenen Eid vor der Abgeordnetenkammer.[9]
Die Zeit als Großherzog
Großherzog Jean übte sein Amt mit äußerster Diskretion aus, um seine Rolle als überparteiliche Symbolfigur der Einheit und Unabhängigkeit des Staates nicht zu gefährden.
Während seiner Amtszeit entwickelte sich Luxemburg von einem Industrie- und Agrarland, dessen Wohlstand besonders auf der Stahlindustrie basierte, zu einem modernen Dienstleistungszentrum (siehe auch:Wirtschaftsgeschichte Luxemburgs). So siedelten sich ab Ende der sechziger Jahre die ersten internationalen Banken in Luxemburg an und östlich des historischen Stadtkerns der Hauptstadt wurde ein 350 Hektar großes Areal für Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft/Europäischen Union erschlossen, auf dem sich heute beispielsweise das Europäische Parlament oder der Gerichtshof der Europäischen Union befinden. Dieser neue Stadtteil, der sich durch eine hypermoderne Architektur auszeichnet, heißt Kirchberg und ist nicht weit entfernt vom Findel, dem internationalen Flughafen von Luxemburg.
Abdankung und letzte Jahre
Großherzog Jean, unter dessen Amtszeit Luxemburg 1989 den hundertfünfzigsten Jahrestag der völkerrechtlich verbindlichen Anerkennung seiner Unabhängigkeit und den hundertsten Jahrestag der Thronbesteigung des Hauses Nassau-Weilburg feierte, übertrug im März 1998 die laufenden Amtsgeschäfte an Erbgroßherzog Henri, um schließlich am 7. Oktober 2000 auf die Krone des Großherzogtums zu verzichten.[10] Nach seiner Abdankung zogen er und Großherzogin Joséphine-Charlotte aus Schloss Berg in das Schloss Fischbach um, das einst seine Mutter bewohnt hatte.
Großherzogin Joséphine-Charlotte litt lange Zeit an Lungenkrebs und starb am 10. Januar 2005 im Alter von 77 Jahren. Kurz vor Ostern 2019 wurde Jean wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus gebracht, erholte sich aber nicht mehr und verstarb am Dienstag nach Ostern im Alter von 98 Jahren.[11] Das feierliche Requiem in der Kathedrale von Luxemburg mit anschließender Beisetzung in der Krypta fand am 4. Mai 2019 statt.
↑Regierung des Großherzogtum Luxemburg (Hrsg.): Die großherzogliche Familie von Luxemburg. 2003, ISBN 2-87999-017-3, S.24 (public.lu [PDF; abgerufen am 25. September 2019]).
↑Philippe Bernier Arcand: Les Bourbon-Parme dans les institutions d’enseignement du Québec. In: Histoire Québec. Band28, Nr.1, 2022, ISSN1201-4710, S.24–28 (erudit.org [abgerufen am 2. Mai 2023]).
↑Regierung des Großherzogtum Luxemburg (Hrsg.): Die großherzogliche Familie von Luxemburg. 2003, ISBN 2-87999-017-3, S.25 (public.lu [PDF; abgerufen am 25. September 2019]).
↑Regierung des Großherzogtum Luxemburg (Hrsg.): Die großherzogliche Familie von Luxemburg. 2003, ISBN 2-87999-017-3, S.26 (public.lu [PDF; abgerufen am 25. September 2019]).