Khelif wuchs in einem Dorf in der Provinz Tiaret, im Nordwesten Algeriens, auf. Sie spielte zunächst Fußball, bevor sie zum Boxen wechselte. In ihren frühen Jahren verkaufte sie Altmetall, um sich die Anfahrt zum Training in das Nachbardorf leisten zu können.[1]
Karriere
Khelifs erste große Wettbewerbe bei den Erwachsenen waren die Boxweltmeisterschaften 2018 in Indien, wo sie in der ersten Runde ausschied und damit den 17. Platz belegte. Bei den Boxweltmeisterschaften 2019 in Russland schied sie im ersten Kampf gegen Natalja Schadrina aus und landete auf Platz 33.
Khelif nahm für Algerien an den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio im Leichtgewicht teil. Sie war somit die erste Boxerin, die ihr Land in dieser Disziplin bei den Olympischen Spielen vertrat. Dort schied sie im Viertelfinale gegen die Irin Kellie Harrington aus.[2]
Später wurde hingegen berichtet, Khelif sei wegen erhöhter Testosteronwerte disqualifiziert worden.[8] Die IBA erklärte, Khelif sei keiner Testosteronuntersuchung unterzogen worden, sondern bei einem anderen „anerkannten“ Test sei festgestellt worden, dass Khelif gegenüber anderen weiblichen Wettbewerbern Vorteile habe. Einzelheiten dazu wurden als vertraulich bezeichnet.[10] Khelif legte gegen diese Entscheidung Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) ein, zog diesen jedoch später zurück.[11] Laut einem Artikel in der Washington Post blieb unklar, welche Standards Khelif nicht erfüllte. Es seien keine Beweise vorgelegt worden, dass Khelif XY-Chromosomen oder erhöhte Testosteronwerte habe.[12]
Olympische Spiele 2024
Nach der Suspendierung der IBA durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) im Jahr 2019 organisierte dieses die Durchführung der Boxwettbewerbe bei den Olympischen Sommerspielen selbst. Das IOC verzichtet seit 1999 auf Geschlechtstests und übernimmt die Angaben offizieller Dokumente.[13][14] Einen Testosterongrenzwert, wie er für andere körperbetonte Wettbewerbe (z. B. Schwimmen oder Leichtathletik) als Zulassungsvoraussetzung gilt, hatte die IBA für Boxerinnen nicht etabliert.[15] Laut IOC habe Khelif die Teilnahmebedingungen sowie alle geltenden medizinischen Vorschriften erfüllt.[16] Des Weiteren betrachtete das IOC die durchgeführten Tests der IBA als irregulär.[17]
Im Auftaktkampf in der Gewichtsklasse bis 66 kg besiegte Khelif die Italienerin Angela Carini nach 46 Sekunden durch Technischen Knockout.[18] Carini hatte nach einem direkten Treffer ins Gesicht aufgegeben und verweigerte den Handschlag, wofür sie sich im Nachhinein entschuldigte.[19] Die nächste Gegnerin, die Ungarin Luca Hámori, beschrieb die Teilnahme von Khelif am Wettbewerb als unfair.[20] In der Folge verstärkte dies die internationalen Diskussionen über den Geschlechtsstatus von Khelif, was zu Anfeindungen in den Sozialen Netzwerken führte.[21][22] Der IOC-Präsident Thomas Bach verurteilte die Hass-Kommentare gegen Khelif.[23] Im Viertelfinale gegen Hamori setzte sich Imane Khelif nach Punkten durch, ebenso wie im Halbfinale gegen die Thailänderin Janjaem Suwannapheng.[24][25]
Im Finale konnte sie sich gegen die Chinesin Yang Liu den Olympiasieg einstimmig nach Punkten sichern. Dabei dominierte Khelif den Kampf, sicherte sich die ersten beiden Runden durch präzise Treffer und entschied den Kampf durch taktische Leistung in der letzten Runde. Sie gewann Algeriens erste Goldmedaille im Frauenboxen.[26][27]
Nach Ende der Olympischen Spiele erstattete der Anwalt von Khelif Strafanzeige wegen „schwerer Belästigung im Internet“, nachdem während und nach den Spielen über ihr Geschlecht debattiert worden war. Die Staatsanwaltschaft Paris bestätigte, dass die nationale Stelle zur Bekämpfung von Online-Hass (PNLH) offiziell Ermittlungen wegen „Cybermobbing aufgrund des Geschlechts, öffentlicher Beleidigung aufgrund des Geschlechts, öffentlicher Aufforderung zur Diskriminierung und öffentlicher Beleidigung aufgrund der Herkunft“ eingeleitet hat.[28]