Hildegard Behrens wuchs in Varel in einer Medizinerfamilie als jüngstes von sechs Kindern auf und besuchte dort die Mädchenschule (heute Grundschule am Schlossplatz) und das Gymnasium Varel (heute: Lothar-Meyer-Gymnasium), an dem sie 1957 ihr Abitur ablegte. Wie alle Geschwister in ihrer musikbegeisterten Familie, darunter auch ihr älterer Bruder Wilhelm Behrens, der später als Professor für Klavier an der Freiburger Musikhochschule wirkte, lernte sie in ihren Vareler Jahren Klavier und Geige. Nach dem Abitur studierte sie zunächst Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau und machte das Erste Juristische Staatsexamen. Danach nahm sie an der Freiburger Musikhochschule das Gesangsstudium auf und hatte ihren ersten Bühnenauftritt. Später begründete sie ihr Studienfach Jura mit dem „Drang, in die Welt zu gehen“ und sagte, sie wäre auch gerne Innenarchitektin geworden.
Das erste Engagement führte Hildegard Behrens 1972 an die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg, wo sie nach einigen kleineren Rollen die Marie in Alban BergsWozzeck sang. Bald erhielt sie größere Rollen in Opern von Mozart, Strauss und Wagner. Ihren internationalen Durchbruch schaffte sie mit der Rolle der Agathe in Webers Oper Der Freischütz. Ab 1974 war sie auch Mitglied der Oper in Frankfurt. 1976 sang sie die Giorgetta in Puccinis Oper Il tabarro an der New Yorker Metropolitan Opera. 1977 engagierte Herbert von Karajan sie für die Hauptrolle in Richard Strauss’ Salome bei den Salzburger Festspielen, womit ihre Weltkarriere begann.
Sie sang an den wichtigsten Opernhäusern der Welt und hatte internationale Erfolge. So übernahm sie 1979 die Rolle der Sieglinde in Peter BussesWalküre-Inszenierung und war damit in Monte Carlo so erfolgreich, dass sie anschließend zu mehreren Gastspielen nach Düsseldorf, München und an die New Yorker „Metropolitan“ verpflichtet wurde. Als legendär gelten ihre Vorstellungen als Brünnhilde im Ring des Nibelungen bei den Bayreuther Festspielen der 1980er-Jahre.
Hildegard Behrens starb im Alter von 72 Jahren an einer Aneurysmaruptur der Aorta während einer Festival-Reise in Tokio.[2] Sie wurde im Familiengrab auf dem Vareler Friedhof beigesetzt.
Im Heimatmuseum ihrer Geburtsstadt gehört Hildegard Behrens zu den „Zehn bedeutenden Persönlichkeiten Varels“, an die durch ein Porträt und eine Kurzbiografie erinnert wird.
Repertoire
Ihr Repertoire umfasste fast das gesamte dramatische Rollenspektrum des Wagner- und Straussfachs: Brünnhilde (Ring des Nibelungen), Isolde (Tristan und Isolde) und Elektra (Elektra) gelten als ihre Schlüsselpartien, aber auch dramatische Figuren aus dem Musiktheater des späteren zwanzigsten Jahrhundert verkörperte sie immer wieder.
Hildegard Behrens wurde vor allem als Opernsängerin berühmt. Daneben trafen aber auch ihre Interpretationen von Kunstliedern auf ein reges Interesse. Zu ihrem Repertoire gehörten u. a. Liedkompositionen von Johann Sebastian Bach, Robert Schumann, Richard Wagner (Wesendonck-Lieder), Franz Liszt, Edward Elgar und Alban Berg.
Hildegard Behrens Foundation
Am 18. August 2010, dem ersten Jahrestag ihres Todes, wurde zu Ehren der Sopranistin die Hildegard Behrens Foundation gegründet. Die gemeinnützige Stiftung mit Sitz im US-Bundesstaat New York unterstützt und fördert junge Musikerinnen und Musiker im Gedenken an das künstlerische Vermächtnis von Hildegard Behrens. Gründungsmitglieder des Beirats sind u. a. die Verlegerin Alexandra Kauka Hamill, der Pianist und Komponist Ken Noda sowie Philip Behrens, ein Sohn der Künstlerin. Seit der Gründung wird jährlich der Hildegard Behrens Foundation Award verliehen.[3]
Hans Sauer: In Varel habe ich gebrüllt wie ein wildes Tier! – Biografische Skizzen zum 80. Geburtstag der Sopranistin Hildegard Behrens. In: Zeitschrift kulturland oldenburg, Ausgabe 1.2017, S. 2–5.