Nach der deutschen Wiedervereinigung gehörte Prigann zu den Initiatoren des I. Symposiums 1991 im ehemaligen Tagebau Greifenhain. Gemeinsam mit der Veranstaltungsorganisation Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz e.V. unter der Leitung von Heinrich Schierz leistete Herman Prigann organisatorische Beiträge sowie seine künstlerische Abschlussaktion Feuerlinie.[2]
An der III. Europa Biennale Niederlausitz 1995 konnte sich Prigann mit seinem Projekt Gelbe Rampe beteiligen,[3] das er 1993 während der II. Europa Biennale begonnen hatte.[4]
Herman Prigann war verheiratet. Der Ehe entstammen die Töchter Aisha, Alice May und Jennifer. Gemeinsam betreiben sie eine Werkschau im Internet.
Position
Prigann befasste sich in seinen Arbeiten mit Fragen der Umweltgestaltung, der Raumerschließung und der Umnutzung alter Bauten (vorrangig Industrieanlagen) unter ökologischen Gesichtspunkten. Seine Arbeiten haben stets lokalen Bezug und sind teilweise Versuche der Vergangenheitsbewältigung. Prigann arbeitete auf internationaler Ebene, doch die meisten Projekte befinden sich in Deutschland.
Der Künstler arbeitete mit Naturmaterialien wie Baumstämmen, Steinen und Sand. Wichtig war ihm dabei, dass das verwendete Material einen Bezug zum jeweiligen Ort hat, von dort stammt oder mit der Geschichte verknüpft ist. Bei seinen Projekten im Ruhrgebiet verwendete er daher vorzugsweise Abfall-Materialien des Industrie-Zeitalters wie alte Mauerstücke, Betonblöcke und Stahlteile.
Neben seinen technisch teilweise aufwendigen Großprojekten schätzte Prigann aber auch die spontane, spielerische Arbeit mit in der Natur vorgefundenen Materialien wie Blättern, Zweigen, Blüten etc. Um diese einfache Form von Naturkunst zu vermitteln, bot Prigann gelegentlich Wochenend-Seminare an.
Projekte (Auswahl)
Skulpturen-Wald Rheinelbe in Gelsenkirchen
Die Umgestaltung der Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen-Ückendorf ist ein herausragendes Beispiel für Priganns Arbeit. Er realisierte hier im Zuge der IBA Emscherpark eine Reihe großer und kleiner Skulpturen. Die bekannteste ist die Himmelstreppe[5], die, aus mächtigen Betonblöcken aufgeschichtet, auf dem höchsten Punkt der Halde steht. Sie gehört zur Reihe der Landmarken im Ruhrgebiet. Ebenfalls auf dem Gelände der ehemaligen Zeche realisierte Prigann im Schalthaus seine Skulptur „hängende wälder/balance“, die durch die Klanginstallation „technische Natur“ von Honke Rambow eindrucksvoll ergänzt wurde.
Trümmerfeld an der Zeche Mont Cenis
Versatzstücke alter Industriebauten des Ruhrgebiets wie Mauerteile, Fundamentblöcke und Säulenstücke sind zu einem Stelenfeld arrangiert, das im Kontrast zur modernen Architektur der Akademie steht nördlich der Akademie Mont-Cenis in Herne.
Circle of Remembrance (1992–1993)
Ein großer Kreis aus Baumstämmen und anderen Naturmaterialien markiert die ehemalige innerdeutsche Grenze im Harz. Gleichzeitig besteht ein Bezug zum in dieser Gegend verbreiteten Glauben an Hexenkreise.
Roland Günter, Janne Günter, Peter Liedtke: Industrie-Wald und Landschafts-Kunst im Ruhrgebiet. Klartext, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-594-5.
Paula Llull: Herman Prigann and the Unfinished Ecology of Sculpture. In: Twylene Moyer, Glenn Harper (Hrsg.): The New Earthwork. Art, Action, Agency. University of Washington Press, 2012.
Heike Strelow, Vera David: Ökologische Ästhetik. Theorie und Praxis künstlerischer Umweltgestaltung. Basel Berlin Boston 2004, ISBN 3-7643-2423-6.
Udo Weilacher: Im Wahnsinnstanz von Entropie und Evolution – Herman Prigann. Interview. In: Udo Weilacher: Zwischen Landschaftsarchitektur und Land Art. Basel Berlin Boston 1999 ISBN 3-7643-6120-4.
↑Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz (Hrsg.): III. Europa Biennale Niederlausitz. Cottbus (1997), S. 48f.
↑Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz e.V. (Hrsg.): II. Europa Biennale Niederlausitz. Niederlausitz Edition, Cottbus 1994, S. 67–69.
↑Wolfgang Berke: Über alle Berge – Der definitive Haldenführer Ruhrgebiet. Klartext Verlag, Essen 2009, ISBN 978-3-8375-0170-4, S. 102 (Zitat: Das Ensemble nennt sich „Himmelstreppe“)