Als sich 1916 die Liberal Party in Asquith- und Lloyd George-Fraktionen aufsplitterte, stellte sich Samuel auf die Seite Asquiths und wurde aus dem Kabinett entlassen, als Lloyd George Premierminister wurde.
Als die Briten 1917 im Zuge des Ersten Weltkrieges Palästina eroberten (es war bis dahin Teil des Osmanischen Reiches), wurde Samuel, der seinen Sitz in den Wahlen von 1918 verloren hatte, zu einem potentiellen Kandidaten für die Vertretung britischer Interessen in der Region. Samuel wurde zum „Hohen Kommissar“ über Palästina unter dem britischen Kolonialministerium ernannt, noch bevor die Siegermächte des Ersten Weltkrieges sich über die Aufteilung ihrer Eroberungen als „Mandate“ geeinigt hatten. Er trat sein Amt am 1. Juli 1920 an.[2]:S. 190
Als Hoher Kommissar war Samuel darum bemüht, seine Neutralität zu demonstrieren, und versuchte, zwischen zionistischen und arabischen Interessen zu vermitteln, indem er die jüdische Einwanderung verlangsamte, und versuchte, das Vertrauen der arabischen Bevölkerung zu gewinnen. Es war zu dieser Zeit islamisches Gewohnheitsrecht, dass der oberste islamische spirituelle Führer von dem jeweiligen derzeitigen Herrscher (also dem Sultan in Konstantinopel) aus einer Gruppe von Geistlichen, die von den einheimischen Geistlichen nominiert worden war, ausgewählt werden sollte.
Nach seiner Rückkehr nach Großbritannien im Jahre 1925 bat Premierminister Stanley Baldwin Samuel, sich in die Probleme der Bergbauindustrie einzuarbeiten. Die Samuel-Kommission veröffentlichte ihren Bericht im März 1926 und schlug vor, die Industrie umzuorganisieren, lehnte allerdings die Nationalisierung ab. Der Bericht schlug weiterhin vor, die staatlichen Subventionen sollten abgeschafft und die Bergarbeitergehälter reduziert werden.
Dieser Bericht war einer der wichtigsten Faktoren, die zum britischen Generalstreik von 1926 führten. Während des Streiks führte Samuel auf eigene Faust geheime Verhandlungen mit der Gewerkschaftsführung, die schließlich zur Beendigung des Streiks durch den General Council des Trades Union Congress führten, ohne Einigung mit der Regierung erzielt zu haben.[2]
Nach den Wahlen von 1929 wurde Herbert Samuel wieder Mitglied des House of Commons. Zwei Jahre später wurde er Vorsitzender der Liberal Party (der erste nicht-konvertierte Jude, der eine der großen britischen Parteien anführte) und Innenminister in der Regierung Premierminister Ramsay MacDonalds. Im Jahre 1932 führte er die Liberalen (mit Ausnahme der kleinen National Liberal Party von Sir John Simon) aus der Regierung. Er blieb weiter Vorsitzender der Liberal Party, bis er 1935 abermals seinen Sitz verlor.
Im Jahre 1937 wurde er als Viscount Samuel in den erblichen Adelsstand erhoben. In der Folgezeit war er Fraktionsvorsitzender der Liberal Party im House of Lords (1944–1955).
↑Tom Segev: Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels. Deutsche Ausgabe, leicht gekürzt, 4. Auflage. Pantheon, München 2007, ISBN 978-3-570-55009-0, S. 166.
↑ abJohn Bowle: Viscount Samuel. A biography. Victor Gollancz, London 1957, OCLC708363102.
↑Menachem Klein: Jerusalem: geteilt, vereint – Araber und Juden in einer Stadt. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-633-54289-5, S.92 (gekürzte deutschsprachige Ausgabe von Lives in Common. Arabs and Jews in Jerusalem, Jaffa, and Hebron, C. Hurst & Co. Publishers, 2014; übersetzt von Eva-Maria Thimme).