Er moderierte oder erfand viele Fernsehsendungen, so beispielsweise Schlager aus Berlin (1962), Schlager einer kleinen Stadt (1964–1967, 8 Folgen aus Radeberg, Tangermünde, Bad Kösen, Barth, Schwarzenberg/Erzgeb., Waren (Müritz), Arnstadt und Sohland an der Spree), Schlager einer großen Stadt (1968–1971, 8 Folgen aus Warschau, Budapest, Moskau, Berlin, Dresden, Krakau, Karl-Marx-Stadt und Prag), Ein Kessel Buntes, Porträt per Telefon oder Sport aktuell. In der vorletztgenannten Sendung unterhielt er sich ab 1969 in 254 Folgen jeweils 45 Minuten lang live, mit zusätzlichen Fragen aus Zuschaueranrufen während der Sendung, mit prominenten DDR-Bürgern, vor allem Sportlern, Künstlern und Wissenschaftlern. Zu seinen bekanntesten regelmäßigen Sendungen im Radio zählte Hehehe – Sport an der Spree im Berliner Rundfunk. Er schrieb darüber hinaus auch rund 40 Jahre lang Kolumnen für die Lausitzer Rundschau und 25 Jahre lang für die Berliner Zeitung. Unter anderem setzte sich Oertel, der sich selbst als Freigeist bezeichnete, in diesen Beiträgen kritisch mit dem Sport in der DDR auseinander, was bei Funktionären bisweilen Aufregung auslöste.[2]
1981 wurde er an der Karl-Marx-UniversitätLeipzig mit der Dissertation Untersuchungen zu den für die Tätigkeit als sprechender Sportreporter im Rundfunk und Fernsehen der DDR notwendigen speziellen Tätigkeitsqualitäten und Persönlichkeitseigenschaften zum Dr. rer. pol. promoviert. In den 1980er Jahren unterrichtete er an der Sektion Journalistik in Leipzig. Im Rahmen der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in der DDR warf Oertel dem Deutschen Turn- und Sportbund Ende Oktober 1989 vor, falsche Mitgliederzahlen anzugeben; er sprach von „Schummeleien, Bleistiftrekorden und Unehrlichkeiten“.[3] Sein vierminütiger Bericht vom entscheidenden WM-Qualifikationsspiel der DDR-Fußballnationalmannschaft gegen Österreich im Monat darauf[2] war die erste Original-Übertragung des DDR-Hörfunks, die von den Rundfunk-Programmen der ARD übernommen wurde.[4] Anfang Dezember 1989 übertrug er für den Süddeutschen Rundfunk als Gastberichterstatter das Fußball-Bundesligaspiel VfB Stuttgart gegen 1. FC Köln[5] und veröffentlichte am 4. Dezember 1989 im Hamburger Abendblatt erstmals einen Artikel in einer westdeutschen Zeitung.[6] Nach 1990 arbeitete er beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) sowie beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) und moderierte Galas und andere öffentliche Veranstaltungen. Oertel gab gemeinsam mit Kristin Otto mehrere Bücher über Olympische Spiele heraus.[7][8] In weiteren Büchern befasste er sich mit gesellschaftlichen Themen. Darüber hinaus war er in den 1990er Jahren an der Freien Universität Berlin als Dozent im Bereich Rhetorik und als Lehrbeauftragter an der Georg-August-Universität Göttingen für Sport und Publizistik tätig.
Heinz Florian Oertel war verheiratet und hatte einen Sohn und zwei Töchter. Er lebte in Berlin-Schönholz in der Beatrice-Zweig-Straße. Seine Tochter Annette Reber, 2008 einer Krebserkrankung erlegen, war als Dramaturgin und Regisseurin am Deutschen Theater und am Maxim-Gorki-Theater in Berlin tätig. In seiner Freizeit spielte er Tennis. Als er sich bei der Ausübung des Sports 1989 eine Verletzung am rechten Arm zuzog, war Oertel monatelang nicht in der Lage, seinem Beruf nachzugehen.[2]
Oertel starb im Alter von 95 Jahren und wurde in Berlin auf dem Friedhof Pankow III (Feld 36U), neben dem Grab seiner Tochter, beigesetzt.[10]
Rezeption
Die Gründe für die Popularität von Heinz Florian Oertel bei den Hörern und Zuschauern waren sein ausgeprägtes Fach- und Detailwissen und vor allem der Stil seiner Berichterstattung. Zu diesem gehörte neben einer von persönlicher Begeisterung geprägten Dokumentation des sportlichen Geschehens, anstelle einer nüchternen Wiedergabe, auch eine detaillierte Beschreibung der äußeren Umstände wie des Wetters, der Stimmung vor Ort oder der Kleidung, Gestik und Mimik der Sportler. Von besonderer Bedeutung für die Hörer und Zuschauer war dies insbesondere in den ersten Jahrzehnten seiner Laufbahn, in denen das Radio und später das Schwarz-Weiß-Fernsehen dominierten.
Heinz Florian Oertel wurde insgesamt 17 Mal zum Fernsehliebling des Jahres im Fernsehen der DDR gewählt. Zu den bekanntesten Momenten seiner Karriere als Sportreporter zählt der Ausruf „Liebe junge Väter oder angehende, haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar! Waldemar ist da!“, mit dem er während der Liveberichterstattung im Fernsehen den zweiten Marathon-Olympiasieg des DDR-Läufers Waldemar Cierpinski bei den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau am 1. August 1980 kommentierte.
↑Volker Kluge, Kristin Otto, Heinz Florian Oertel: Sydney 2000: unser Olympiabuch. 1. Auflage. Das Neue Berlin, Berlin 2000, ISBN 978-3-360-00930-2 (uni-hamburg.de [abgerufen am 27. September 2022]).
↑Kristin Otto, Heinz Florian Oertel: Athen 2004: unser Olympiabuch. Das Neue Berlin Verl.-Ges., Berlin 2004, ISBN 978-3-360-01238-8 (uni-hamburg.de [abgerufen am 27. September 2022]).
↑Stasi: „Die Quelle ist zuverlässig“. In: Der Spiegel. Nr.46, 1999 (online – 15. November 1999).