Heinrich Friedrich Füger war Sohn des pietistischen Pfarrers und nachmaligen ranghöchsten Heilbronner Geistlichen (Senior des Evangelischen Ministeriums zu Heilbronn) Joseph Gabriel Füger.
Seine Ausbildung zum Maler begann Füger 1764 beim HofmalerNicolas Guibal auf der Kunstakademie in Ludwigsburg. Ab 1769 setzte er in Leipzig seine Studien bei Johann Wolfgang Goethes Zeichenlehrer Adam Friedrich Oeser fort. Anschließend unternahm er eine Studienreise nach Italien und malte unter anderem in Neapel die Fresken im Palast von Caserta. 1774 zog er nach Wien um. Der englische Gesandte am Wiener Hof, Sir Robert Keith, wurde sein Förderer und Gönner. Über ihn kam er in Kontakt zur kaiserlichen Familie. Von nun an wurde seine weitere Ausbildung und Karriere von den höchsten politischen Instanzen gefördert.
Im Herbst 1776 erhielt er ein Stipendium für einen mehrjährigen Studienaufenthalt in Rom. Seine weitere künstlerische Entwicklung wurde stark von Anton Raphael Mengs beeinflusst. Von 1781 bis 1783 arbeitete er für die kaiserliche Familie in der Umgebung von Neapel.
1783 berief Staatskanzler Wenzel Anton Graf Kaunitz ihn als Vizedirektor an die Wiener Akademie, damals eine der führenden Kunstakademien Europas. 1791 bis zum Tod der Gattin 1807 war Füger mit der Schauspielerin Anna Josefa Hortensia Müller, der Tochter von Johann Heinrich Friedrich Müller, verheiratet. 1795 wurde er Direktor der Akademie, die unter seiner Leitung eine Blütezeit erlebte. 1806 wurde er Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie und Schlosshauptmann im Schloss Belvedere.
1780 wurde Füger Mitglied der Freimaurerloge „Zum Palmbaum“ in Wien, 1786 der Sammelloge „Zur Wahrheit“.[1] Er wurde auf dem katholischen Friedhof WienMatzleinsdorf (heute: Waldmüllerpark) begraben.
Lebenswerk
Sein damaliges Ansehen in den höchsten Gesellschaftskreisen verdankt Heinrich Füger Miniaturen und Porträts. Später wandte er sich großformatigen Historiengemälden zu und wurde durch diese zu einem der wichtigen Maler des Klassizismus. Seine Kunst hatte eine ausgeprägte politische Funktion, was sich u. a. in der Verherrlichung bestimmter Personen der kaiserlichen Familie manifestiert, wie etwa am Beispiel des Erzherzog Karl. So malte er etwa die „Apotheose des Erzherzog Carl als Retter Germaniens“ (Heeresgeschichtliches Museum Wien). Für das Arbeitszimmer des Erzherzogs als Kriegs- und Marineminister bzw. Generalissimus (1801–1809) im alten Kriegsministerium Am Hof in Wien entwarf Füger einen Zyklus für Wandbespannungen, welche in allegorischer Form die Taten des Kaiserhauses, vor allem aber die Waffentaten des Erzherzogs Karl als Sieger gegen die Franzosen zeigten.[2]1813 entwarf Füger eine Medaille zur Völkerschlacht von Leipzig, die mit einer für die Befreiungskriege entscheidenden Niederlage der Franzosen endete.[3]
Deutlich sichtbar lebt in Fügers Werk das Erbe der Barockzeit noch fort, deutlich erkennbar ist auch das Streben nach Gefälligkeit und Eleganz. Spätere Kritiker bezeichneten seine Malweise als eklektizistisch und gaben der von ihm vertretenen Stilrichtung den Namen Wiener Barock-Klassizismus.
In der künstlerischen Ausbildung konzentrierte sich die von ihm geleitete Akademie vor allem auf die klar ausgeprägte Form, auf den scharfen, klaren Umriss der Figur – ganz im Sinne der Ideale des Klassizismus. Dementsprechend spielte die Zeichnung eine besonders wichtige Rolle in der Ausbildung. Die Form hatte Vorrang vor der Farbe, die Zeichnung hatte Vorrang vor der Malerei. Vorbilder aus der Antike, verbunden mit intensivem Geschichtsunterricht, waren zentrale Unterrichtsthemen. Anatomische Präparate dienten darüber hinaus als wichtiges Lehrmaterial. Füger befolgte die damalige akademische Lehre, dass die jungen Studenten zuallererst die Alten Meister – nach Stichen – zu kopieren hätten, von morgens 6 Uhr bis in den Abend hinein. Mengs hatte behauptet, dass die Kunst besser sei als die Natur und dass man sich infolgedessen als Künstler nach den Idealen der alten Meister richten sollte – und überhaupt nach Idealem, das besser sei als die Natur. Wenn ein Maler ein Blatt male, dann nicht nach der Natur, sondern nach einer idealisierten Form eines Blattes – in der Akademie.
Fügers Rolle in Gesellschaft und Kunst jener Zeit ist kaum zu überschätzen. Er ragte so stark heraus, dass man ihn den Kunstpapst von Wien nannte. Ein Künstler oder Architekt, der keine Arbeitserlaubnis mit Schutzzeugnis der Wiener Akademie besaß, hatte eine extrem schwierige berufliche Stellung. Als Beleg für die Bedeutung, die die Zeitgenossen Füger zuerkannten, mag der Bericht dienen, den Johann Gottfried Seume in seinem „Spaziergang nach Syrakus“ gibt. Noch am Beginn seiner Wanderung von Sachsen nach Sizilien besucht er Weihnachten 1801 Füger in seinem Wiener Atelier. Er beschreibt überschwänglich Fügers neueste klassizistische Arbeiten, etwa sein Gemälde „Expedi secures!“ („Mach die Richtbeile bereit“), eine Illustration des Richterspruchs, mit dem der sagenhafte erste Konsul der römischen Republik Marcus Iunius Brutus (der Ältere) seine Söhne zum Tode verurteilte, die sich gegen die Republik und für die Wiederherstellung der Königsherrschaft des Tarquinius Superbus verschworen hatten.[4]
Ein älterer Bruder des Malers, Gottlieb Christian Füger, geb. 3. Juli 1749 in Heilbronn, verschollen (gestorben?) um 1789, trat als „Rosenkreuzer“, theologisch gebildeter Chemiker, Alchemist, Pianist und Komponist in Erscheinung. Durch seinen Bruder Heinrich Friedrich hatte er auch Verbindung zu den Wiener Freimaurern, besonders zu Otto Heinrich Reichsfreiherrn von Gemmingen zu Hornberg (1755–1836); dieser war in der von ihm mitgegründeten Loge „Zur Wohlthätigkeit“, in die er seinen Freund Mozart einführte, Meister vom Stuhl.[5]
Selbstbildnis (Kiel, Kunsthalle), um 1790, Öl auf Leinwand, 109,5 x 87 cm
Tod der Dido (St. Petersburg, Ermitage), 1792, Öl auf Leinwand, 154 × 220 cm
Johann Nepomuk Hunczovsky (Wien Museum, Inv. Nr. 56.419), 1794, Öl auf Leinwand, 96 × 74 cm
Heinrich Füger, der Sohn des Künstlers, im Alter von 4 Jahren (Wien, Akademie der bildenden Künste, Inv. Nr. 1022), 1796, Öl auf Leinwand, 110 × 89 cm
Die Schauspielerin Josefa Hortensia Füger, die Frau des Künstlers (Wien, Österreichische Galerie Belvedere), um 1797, Öl auf Leinwand
Franz Joseph Graf Saurau (Wien, Österreichische Galerie Belvedere), um 1797, Öl auf Leinwand, 69 × 55 cm
Apotheose des Erzherzogs Carl: Rudolf von Habsburg bekränzt den Erzherzog als Retter Deutschlands (Wien, Heeresgeschichtliches Museum), um 1800, Öl auf Leinwand
Ferdinand Laban: Heinrich Friedrich Füger, der Porträtminiaturist. Grote, Berlin 1905.
Redaktion des General-Anzeigers (Hrsg.): Lebensbilder hervorragender Heilbronner, Heilbronn 1912, Nr. 20 S. 38–39.
Carl Wilczek: Heinrich Friedrich Füger. Seine Gemälde und Zeichnungen. Selbstverlag, Wien 1925.
Carl Wilczek: Füger, der Klassizist und Großmaler. In: Leo Planiscig (Hrsg.): Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien, Neue Folge. BandII. Wien 1928, S.329–354.
Steffi Roettgen: Heinrich Friedrich Füger. In: Zbornik. Za umetnostno zgodovino Archives d'histoire de l'art, Nova Vrsta XI–XII. 1974, S.323–333.
Ingeborg Schemper-Sparholz: Die Etablierung des Klassizismus in Wien. Friedrich Heinrich Füger und Franz Anton Zauner als Stipendiaten bei Alexander Trippel in Rom. In: Direktion des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich (Hrsg.): Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte. Band52, Heft 4, 1995, S.247–270.
Robert Keil: Heinrich Friedrich Füger (1751–1818) – Nur wenigen ist es vergönnt das Licht der Wahrheit zu sehen. Amartis, Wien 2009 (Monografie mit Werkverzeichnis, 750 Abbildungen, davon 100 in Farbe).
Eva Kernbauer: Körper, Affekt, Drama. Heinrich Fügers Historienbilder in: Sabine Folie (Hg.), Ausst.-kat. History Tales, Fakt und Fiktion im Historienbild, Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste, Wien: Verlag für Moderne Kunst, 2024, S. 330–339.
Einzelnachweise
↑Österreichisches Freimaurer-Museum. Rosenau bei Zwettl. Katalog, hrsg. vom Museumsverein Schloß Rosenau. Wien 2005. S. 110.
↑Claudia Reichl-Ham: Das Jahr 1809 im Spiegel der Objekte des Heeresgeschichtlichen Museums, in: Viribus Unitis. Jahresbericht 2009 des Heeresgeschichtlichen Museums, Wien 2010, S. 107.
↑L. Forrer: Biographical Dictionary of Medallists. Füger, K. Volume VII. Spink & Son Ltd, London 1923, S.332.
↑Vgl. Johann Gottfried Seume: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Insel Taschenbuch 3483. Frankfurt am Main und Leipzig 2010. S. 38–41. Die römische Quelle für die Richterszene findet sich bei Titus Livius, Ab urbe condita, Buch 2, Kapitel 5; der lateinische und deutsche Text ist in dem Artikel unter „Weblinks“ zu finden. Das markige „expedi secures!“ findet sich allerdings noch nicht bei Livius.
↑Vgl. Reinhard Breymayer: Freimaurer vor den Toren des Tübinger Stifts: Masonischer Einfluss auf Hölderlin? In: Tubingensia. Impulse zur Stadt- und Universitätsgeschichte. Festschrift für Wilfried Setzler zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Sönke Lorenz und Volker Schäfer. Tübingen 2008, S. 355–395, hier S. 383–391: „Der Tübinger Medizinstudent und Homme de lettres Gottlieb Christian Füger als „Rosenkreuzer“, theologisch gebildeter Chemiker, Alchemist, Pianist und Komponist“. Vgl.
das von H. F. Füger geschaffene Porträt Der Klaviervirtuose Gottlieb Christian Füger, der Bruder des Künstlers (Wien, Österreichische Galerie Belvedere), 1788/89, Öl auf Leinwand.