Bei der Gründung 1888 wurde die Schule nach dem damaligen Kaiser Friedrich III.Kaiser-Friedrichs-Gymnasium benannt. Das Gymnasium wurde hauptsächlich zur Entlastung des seit dem 16. Jahrhundert bestehenden städtischen Gymnasiums gegründet; letzteres wurde 1897 in das heute noch existierende altsprachliche Lessing-Gymnasium und das ebenfalls noch bestehende neusprachliche Goethe-Gymnasium aufgeteilt. In die Gründungsphase datieren die 1906 vollendeten und erhaltenen Fresken von Wilhelm Steinhausen, ein seltenes Beispiel für großflächige Jugendstil-Malerei in einer denkmalgeschützten Aula.[2] Nach dem Zweiten Weltkrieg hieß die Schule Staatliches Gymnasium Frankfurt am Main, bevor sie am hundertsten Jahrestag der Eröffnung der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche nach Heinrich Freiherr von Gagern, dem Präsidenten der Nationalversammlung, ihren heutigen Namen erhielt.
Im Laufe der 1968er-Bewegung fiel die Schule als Ort hochpolitischer Aktionen auf. Schüler hatten vor Ort andauernde Konflikte mit Lehrkräften, sodass mehrere Male die Polizei eingeschaltet wurde und es trotz betonter Friedlichkeiten auf Seiten der Aktivisten zu gewaltsamen Räumungen kam. Nach den 1970ern ebbte die politische Polarität ab.
Zur Erinnerung an Heinrich von Gagern schuf eine Schüler-AG eine Sandsteinskulptur, die seit November 1998 im Schulhof steht.
Der an den Altbau anschließende modernere Erweiterungsbau steht an Stelle der 1960 abgerissenen jüdischen Samson-Raphael-Hirsch-Schule, an die seit den Jahren 1989 und 2001 Bronze-Plaketten erinnern.
Seit 2008 ist die Schule in der Bernhard-Grzimek-Allee ansässig, der frühere westliche Teilabschnitt der Straße „Am Tiergarten“ wurde zu Ehren von Bernhard Grzimek umbenannt.
Das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium bietet das Abitur nach der zwölften Jahrgangsstufe (G8) an.[12] Beim Abitur-Schnitt ist das Gymnasium regelmäßig auf Platz 1 der Rangliste in Frankfurt.[13]
Zusätzlich zum Lateinunterricht bietet das Gymnasium ab der achten Klasse die Möglichkeit, Altgriechisch als dritte Fremdsprache zu wählen. Schüler erhalten dann in der Regel ihr Graecum mit Abschluss der elften Klasse.[14]
Schüler des Altgriechischen demonstrieren ihre akademische Überlegenheit durch die Teilnahme an Wettbewerben wie dem Bundeswettbewerb Fremdsprachen, in dem sie regelmäßig neben dem ersten Platz auch den zweiten und dritten belegen. Zu den erfolgreichsten Teilnehmern gehören die Schüler Jannis Schramm und Elias Scholz Papazoglou.[15][16]
Planetarium
1989 wurde im Rahmen einer Schulprojektwoche ein Planetarium mit einer Kuppelgröße von 3,2 Metern konzipiert und gebaut. Daraus entwickelte sich eine Astronomie-AG, die unter anderem das Planetarium 1999 neu erbaute. Die Sterne werden nach der Lochprojektionsmethode abgebildet und sind bis zur 3. Größe vollständig vertreten, außerdem einige Sterne der 4. Größe. Ein Zusatzprojektor für die Planeten war im Mai 2007 in Arbeit. Das gesamte Planetarium wurde von ehemaligen Schülern des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums erbaut.[17][18]
Detlev-Kittstein-Halle
Von dem Frankfurter Architekten Zvonko Turkali wurde die neue Turnhalle der Schule geplant, die im Herbst 2007 offiziell eingeweiht wurde. Aus Platzgründen vereint das Gebäude zwei Turnhallen übereinander. Während die obere Halle dank einer Oberlichtkonstruktion Tageslicht erhält, ist die untere Halle durch eine Glasfront geöffnet. Ein Muster an einer Wand im Treppenhaus symbolisiert die Kastanie im Schulhof. Die Turnhalle trägt den Namen des ehemaligen Hockeynationalspielers Detlev Kittstein, der an der Schule 1967 Abitur gemacht hatte und von 1969 bis zu seinem Tod 1996 Sportlehrer an der Schule war. Er war Mitglied der deutschen Feldhockey-Nationalmannschaft, mit der er 1970 Europameister und 1972 Olympiasieger wurde.[19]
Orchester und Chor
Am Heinrich-von-Gagern-Gymnasium existieren ein „Kleines“, „Mittleres“ und „Großes Orchester“, ein Unterstufenchor für die Jahrgangsstufen 5 und 6, ein gemischter Chor, ein Lehrerchor sowie verschiedene Jazz-Formationen und mehrere Big Bands. Eine über 25-jährige Tradition hat das vorweihnachtliche Musizieren für krebskranke in Frankfurt und Jena in der B-Ebene der ÖPNV-Station Hauptwache.
Arbeitsgemeinschaften (AGs)
Die Schule bietet über den musikalischen Schwerpunkt hinaus zahlreiche weitere Arbeitsgemeinschaften in den Bereichen Sprachen, Astronomie, Fotografie, Informatik, Physik, Schach, Schüler-Redaktion, Sport sowie einen Schulsanitätsdienst. Die Theater-AG, geleitet von Hans-Martin Scholder, führt regelmäßig klassische Stoffe in (post-)moderner Inszenierung auf.
Verein der Ehemaligen und Freunde
Der Verein der Ehemaligen und Freunde des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums (ehemals Kaiser-Friedrichs-Gymnasium) e. V. wurde 1906 gegründet. Im Jahre 2006 wurde in Anwesenheit der Oberbürgermeisterin Petra Roth als Ehrengast sowie zahlreicher Mitglieder das 100-jährige Bestehen des Vereins gefeiert.
Der Verein zählt mehr als 650 Mitglieder. Dabei handelt es sich um Abiturienten (1924 bis heute), ehemalige Lehrer sowie sonstige Freunde des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums und ehemaligen Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums, die zum Teil verstreut in der ganzen Bundesrepublik Deutschland und im Ausland leben. Für seine Mitglieder veranstaltet der Verein regelmäßig Museumsführungen, Vorträge, einen Tag der Ehemaligen und gemeinsame Wanderungen. In dem viermal pro Jahr erscheinenden Vereinsblatt informiert der Verein über seine Tätigkeiten sowie über Aktuelles am Heinrich-von-Gagern-Gymnasium. Der Verein ist Mitherausgeber des Jahresberichts der Schule. Durch die finanzielle Unterstützung des Vereins der Ehemaligen konnten im Laufe der Jahre verschiedene Großprojekte am Heinrich-von-Gagern-Gymnasium ermöglicht werden.
Persönlichkeiten
Zahlreiche der Öffentlichkeit bekannte Personen waren und sind mit der Schule verbunden. Die folgende Liste enthält einige von ihnen (geordnet nach Geburtsjahr):
Lehrer
Theodor Hartwig (1837–1917), Geschichtslehrer am Friedrichsgymnasium in Kassel und dort des späteren Kaisers Wilhelm II., erster Schulleiter des königlichen (preußischen) Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums in Frankfurt am Main (1888–1906)
Georg Wolff (1845–1929), Archäologe (ab 1889 Gymnasialprofessor am KFG). Er gilt als ein Begründer der wissenschaftlichen Limes-Forschung.
Alfred Biese (1856–1930), deutscher Literaturhistoriker, Freund von Theodor Storm, Schulleiter des Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums zu Frankfurt am Main (1913–1921)
Otto Hufnagel (1885–1944), deutscher Lehrer und Politiker (DDP; Lehrer am HvGG 1939-†1944)
Heinrich Weinstock (1889–1960), Philosoph und Pädagoge (Direktor am KFG / HvGG 1926 bis 1949)
Martin Schwarz (1885–1945; Abitur 1905), Architekt, Baumeister in Arnstadt (Thüringen) von 1911 bis 1938, danach in Erfurt
Franz Schramm (1887–1966; Abitur 1906), Hessischer Kultusminister (CDU) 1946/1947, Mitunterzeichner der Hess. Verfassung, Bildungspolitiker, Herausgeber der „Pädagogischen Provinz“ (Hirschgraben Verlag). Mit Erlass vom 13. Mai 1946 verbot er jede Art körperlicher Züchtigung in den hessischen Schulen.
Gustav Gundlach (1892–1963; Abitur 1910), katholischer Sozialethiker
Benno Reifenberg (1892–1970; Abitur 1912), Journalist, Schriftsteller und Publizist, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)
Michael Evenari (ursprünglich Walter Schwarz, 1904–1989; Abitur 1923), deutsch-israelischer Botaniker
Hans Kurt Brandt (1911–1949; Abitur 1929), Ordinarius für Neuere Rechtsgeschichte, Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht in Kiel (verschollen in Jugoslawien)
↑Schulleitung. In: hvgg.de. Abgerufen am 30. November 2020.
↑Heinrich Schütz: Die Steinhausenfresken der Aula des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums ehemals Kaiser-Friedrichs-Gymnasium zu Frankfurt am Main. Hrsg. v. Verein der Ehemaligen und Freunde des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums. Frankfurt am Main 2006.
↑Rudolf Busse: Rückblick auf die ersten 25 Jahre der Anstalt. In: Beilage zum Jahresbericht des Königlichen Kaiser Friedrichs-Gymnasiums zu Frankfurt a. M. Knauer, Frankfurt am Main 1913, S. 13.