Dieser Artikel behandelt das Kontorhaus am Jungfernstieg in Hamburg-Neustadt. Zum Gartenhaus des Vereins Heine-Haus und Außenstelle des Altonaer Museums im Hamburger Stadtteil Ottensen siehe Heine Haus Hamburg.
Der Eingang des Hauses ist mittig zwischen zwei Ladengeschäften. Im zentralen Treppenhaus führt ein Fahrstuhl bis in das vierte Stockwerk. Mittig in der Fassade steht ein verglaster Erker über drei Stockwerke hervor. Die großen, im Jugendstil ausgeformten Fenster bilden einen markanten Kontrast zu den Nachbargebäuden. Rundbogige Fenster in der vierten Etage bilden den Abschluss der Fassade. Das Dach ist nach Kriegsschäden neu aufgebaut worden. 2002 wurde das Heine-Haus nach Entwürfen vom Architekturbüro Ockelmann, Rottgardt & Partner umgebaut und renoviert.[1] Das Heine-Haus ist in der Liste der Kulturdenkmäler in Hamburg-Neustadt eingetragen und trägt die lfd. Nr. 12774. Eigentümer des Gebäudes ist die Campe’sche Historische Kunststiftung.
Der Standort, an dem das Heine-Haus steht, ist seit Mitte der 1820er Jahre mit dem Namen „Heine“ verbunden. Seit dieser Zeit wohnte und arbeitete hier der Bankier Salomon Heine. Am 7. Mai 1842 musste das Gebäude, das 1836 sein Schwiegersohn Adolph Halle[2] erworben hatte,[3] gesprengt werden, um eine weitere Ausbreitung des Großbrandes, der nahezu ein Drittel der Hamburger Innenstadt vernichtet hatte, zu verhindern. Auch die unmittelbar angrenzendenen Gebäude waren betroffen: das Hotel „Alte Stadt London“ und „Streit's Hotel“ wurden ebenfalls gesprengt.[4]
An gleicher Stelle wurde vom Architekten Franz Gustav Forsmann im spät-klassizistischen Stil ein dreigeschossiges Haus gebaut. Vermutlich hat Salomon Heine das Haus nie bewohnt, da er vor dessen Fertigstellung verstorben war. Erbin des Gebäudes war seine Tochter Therese.[3] Anstelle des Hotels „Alte Stadt London“ war Sillem’s Bazar entstanden. „Streit's Hotel“ war wieder aufgebaut worden.
Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1866 beauftragte Therese Halle den Architekten Martin Haller mit dem Umbau des Hauses zu einer Unterkunft für alleinstehende Frauen. Therese Halle hatte dafür das „Heine'sche Asyl“ für Witwen und Jungfrauen ab 50 Jahren ohne Unterschied des Standes und der Konfession gegründet. Zu den ca. 45 Bewohnerinnen gehörte u. a. Luise Fröbel,[5] deren Name und der ihres Mannes mit der Einführung von Kindergärten eng verbunden ist. Das „Heine'sche Asyl“ existiert heutzutage unter der Bezeichnung „Heine'sches Wohnstift“ seit 2006 innerhalb der Hartwig-Hesse-Stiftung. Im Jahr 1880 wurden das Nachbargebäude „Sillem’s Bazar“ und die an die Straße „Große Bleichen“ angrenzenden Häuser abgerissen. An dieser Stelle wurde 1883 das Hotel „Hamburger Hof“ errichtet.
Im Jahre 1900 wurde das Grundstück für 450.000 Mark an Julius Campe jun. verkauft. Er ließ das Forsmann-Gebäude abreißen und beauftragte das Architekturbüro Bahre & Querfeld mit dem Bau eines Büro- und Geschäftsgebäudes.[6] Julius Campe jun., dessen Patenonkel Heinrich Heine war, benannte das Gebäude „Heine-Haus“. Er brachte das Haus in eine Stiftung ein. Campe starb 1909. Aus seinem Testament ging später die „Campe’sche Historische Kunststiftung“ hervor. Miteigentümer war Julius Kallmes.[7] Nachdem über viele Jahre seit den 1920er Jahren als Eigentümer „Kallmes und Miteign.“ im Straßenverzeichnis des Hamburger Adressbuches eingetragen gewesen war, erschien in der Ausgabe von 1940 der Eintrag: „Campe, Jul. Erben“. Zudem war auch der Name des Kontorhauses geändert worden, er lautete: „Julius-Campe-Haus“. Ab der Ausgabe von 1953 erschienen wieder als Miteigentümer „J. Kallmes Erben“ und auch der Name des Hauses lautete wieder „Heine-Haus“.
1906–1939 Photographisches Atelier Rudolf Dührkoop und Nachfolger.[10] Der Photograph Rudolf Dührkoop hatte im September 1906 zwei Etagen neu bezogen. Die Ausgestaltung der Räumlichkeiten geschah durch Gustav Peter Dorén. Rudolf Dührkoop überließ Ende des Jahres 1906 seiner Tochter Minya Dührkoop das Atelier. Nach ihrem Tode 1929 wurde das Atelier unter dem Namen „Minya Dührkoop“ an dieser Stelle bis 1939 betrieben.
1927 bis mindestens 1975 Carl Kellner Hutfabrik (Ladengeschäft)
Literatur
Gisela Schütte: Heine-Haus (117). In: Hamburger Kontorhäuser. Im Auftrag des Denkmalschutzamtes mit einem Stipendium der Handelskammer Hamburg. Band2. Manuscript, Hamburg 1975, S.[183] 154 (uni-hamburg.de – schlecht reproduzierte Fotografie, S. [187]).
Holmer Stahncke: Glaspalast im Jugendstil- 1903 in einer Baulücke errichtet. In: Hamburger Abendblatt. 2. Oktober 2009 (abendblatt.de).
Sylvia Steckmest: Drei Stifter für Hamburg. Teil 2, Therese Halle. In: Liskor – Erinnern. Band3, September 2016, ISSN2509-4491, S.14–21 (jghh.org [PDF]).
Zur Ausstattung Schümanns Austernkeller
Rüdiger Joppien, Roland Jaeger: Peter Gustaf Dorén. Ein Hamburger Raumkünstler um 1900. Hrsg.: Peter Nils Dorén. Hatje Cantz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5050-9, S.117–125.
↑Unter „Jungfernstieg 18“ im Straßenverzeichnis des Hamburger Adressbuches von 1870 und in den Folgejahren angegeben.
↑Carl Querfeld, der laut einigen Angaben auch an den Planungen beteiligt gewesen sein soll, war bereits 1893 verstorben. Siehe: Reinhard Glaß: Querfeld, Carl Friedrich Heinrich Ludwig Philipp. In: Architekten und Künstler mit direktem Bezug zu Conrad Wilhelm Hase (1818–1902). Reinhard Glaß, abgerufen am 16. Februar 2022.
↑Aus den Einträgen im Straßenverzeichnis des Hamburger Adressbuches geht nicht genau hervor, um wen es sich handelt. Mieter war u. a. der Hausmakler „N.J. Kallmes“, als deren Inhaber Julius Kallmes eingetragen war. Er verstarb am 28. März 1911.
↑Die Straßen wurden 1833 mit neuen Nummern und Straßenschildern versehen. Siehe: Cipriano Francisco Gaedechens: Historische Topographie der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer nächsten Umgebung von der Entstehung bis auf die Gegenwart. zweite Auflage. Mauke Söhne, Hamburg 1880, S.218 (uni-hamburg.de).
↑„6. November“, siehe Jungfernstieg. In: Straßenverzeichnis des Hamburger Adressbuches von 1844
↑Letzter Eintrag im Personenverzeichnis des Hamburger Adressbuches von 1939.
↑Wilhelm August Daniel Schümann, erster Inhaber des Austernkellers, hatte bei Cölln am Brodschrangen den Umgang mit Austern und Kaviar gelernt und sich 1884, zunächst im Kellergeschoss von Streit‘s Hotel (Jungfernstieg 38), mit dem Handel selbstständig gemacht. 1903 hatte er zusätzlich ein „Wein-Restaurant“ eröffnet.
↑Sabine Boehlich: Selma Schümann (geborene Cohn). In: Stolpersteine Hamburg. Landeszentrale für politische Bildung, August 2018, abgerufen am 15. Februar 2022.