Hans Leipelt machte 1938 das Abitur und meldete sich danach zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht. Während des Westfeldzuges lernte er Karl Ludwig Schneider kennen, mit dem ihn bald eine intensive Freundschaft verband. Im August 1940 wurde er trotz hoher Auszeichnungen, z. B. mit dem Eisernen Kreuz, als „Mischling ersten Grades“ entlassen. Im Herbst 1940 begann er sein Chemiestudium an der Universität Hamburg. Über Schneider kam er in Kontakt mit Margaretha Rothe und Heinz Kucharski, die dem NS-Regime ebenfalls kritisch gegenüberstanden. Aus den anfänglichen Diskussionskreisen entwickelte sich die später sogenannte Widerstandsgruppe der Weißen Rose in Hamburg. Leipelt wechselte im Wintersemester 1941/42 an die Ludwig-Maximilians-Universität München zu Professor Heinrich Otto Wieland, der es sich als Nobelpreisträger leisten konnte, „Halbjuden“ auszubilden, denen seit 1940 eigentlich ein Studium verwehrt war.
Nach der Hinrichtung der Geschwister Scholl, mit denen Leipelt eng befreundet war, und Christoph Probsts erhielt Hans Leipelt im Februar 1943 das 6. Flugblatt der Weißen Rose[1]. Zusammen mit Marie-Luise Jahn schrieb er es im April 1943 auf einer Reiseschreibmaschine mehrfach ab und brachte es zu seiner Familie und zu seinen Freunden in Hamburg und München weiter. Sie versahen es mit dem Zusatz: „Und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“, vervielfältigten und verbreiteten es. Bald schloss sich auch seine Schwester Maria der Aktion an. Als Leipelt und Jahn Geld für die Witwe des hingerichteten Professors Kurt Huber sammelten, wurden sie denunziert und im Oktober 1943 mit 28 weiteren[2] Aktivisten verhaftet, seine Schwester einen Monat später. Im Dezember 1943 wurde seine Mutter Dr. Katharina Leipelt verhaftet und beging unmittelbar nach ihrer Einweisung in das Hamburger Polizeigefängnis Fuhlsbüttel in ihrer Zelle Selbstmord.[3] Hans Leipelt wurde am 13. Oktober 1944 in Donauwörth vom Volksgerichtshof als Hochverräter wegen des Hörens ausländischer Rundfunksender, der Wehrkraftzersetzung und der „Feindbegünstigung“ zum Tode verurteilt, Marie-Luise Jahn zu 12 Jahren Zuchthaus. Leipelt begründete sein – abgelehntes – Gnadengesuch mit den zahlreichen Demütigungen und Kränkungen, die er und seine Verwandtschaft als „jüdischer Mischling“ erfahren habe.[4] Hans Leipelt wurde am 29. Januar 1945 in München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet.
Leipelts Leichnam wurde auf dem Friedhof am Perlacher Forst beigesetzt und später in den Ehrenhain II umgebettet. Viele seiner Freunde starben in Gestapohaft oder in Konzentrationslagern.
Gedenken
Die Fachoberschule Donauwörth wurde 1995 in Hans-Leipelt-Schule umbenannt. 2000 wurde am Geburtstag von Hans Leipelt der Hans-Leipelt-Seminarraum in der Universität München, Fakultät für Chemie und Pharmazie, feierlich durch eine Rede von Marie-Luise Jahn eingeweiht. Die evangelische Kirche, Dekanat München, unterhält ein Übernachtungshaus für Jugendliche in Grafrath, das den Namen Hans-Leipelt-Haus trägt.
In München (Studentenstadt Freimann) und in Donauwörth gibt es eine Hans-Leipelt-Straße. In Hamburg-Wilhelmsburg wurde 1960 die Leipeltstraße nach ihm benannt. Im Foyer des Audimax der Universität Hamburg wurde 1971 eine Gedenkplatte verlegt, die an die ums Leben gekommenen studentischen Mitglieder der Weißen Rose in Hamburg erinnert, neben Hans Leipelt auch an Frederick Geussenhainer, Reinhold Meyer und Margaretha Rothe.
Angela Bottin: Enge Zeit. Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Audimax der Universität Hamburg vom 22. Februar bis 17. Mai 1991 (= Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Band 11). Hamburg 1992, ISBN 3-496-00419-3.
Herbert Diercks: Die Freiheit lebt. Widerstand und Verfolgung in Hamburg 1933–1945. Texte, Fotos und Dokumente. Herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Hamburger Rathaus vom 22. Januar bis 14. Februar 2010.
Peter Fischer-Appelt: Weiße Rose Hamburg. Drei Reden zum Widerstand im Nationalsozialismus. Mit einem Beitrag von Eckart Krause für die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung herausgegeben von Ekkehard Nümann, Göttingen, Hamburg 2021, ISBN 978-3-8353-5118-9.
Gunther Staudacher: Margaretha Rothe und die Hamburger Weiße Rose – Sichtweisen ihres Umfelds. epubli, Berlin 2022, ISBN 978-3-7549-4365-6.
Hans-Ulrich Wagner (Hrsg.): Hans Leipelt und Marie-Luise Jahn. Studentischer Widerstand in der Zeit des Nationalsozialismus am Chemischen Staatslabor der Universität München. Lutz Garnies, Haar/München 2003, ISBN 3-926163-31-3.
Der Name unserer Schule. In: gesamtschule-wilhelmsburg.de. 1990, archiviert vom Original am 13. März 2005; abgerufen am 16. Juli 2022 (Gedenktafel für die Familie Leipelt).
↑Ulli Stang (Hrsg.): Sophie und Hans Scholl: 22. Febr. 1942 von Nazis ermordet. Hrsg. von DKP Marburg, Stadtteilgruppe Nord Am Grün 9, Marburg 1983, S. 4.
↑Dokument VEJ 11/178 in: Lisa Hauff (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung), Band 11: Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren April 1943–1945. Berlin/Boston 2020, ISBN 978-3-11-036499-6, S. 496–498.