Handbuch der inneren Medizin

Das Handbuch der inneren Medizin ist ein in erster Auflage von 1911 bis 1919 in sechs Bänden im Springer Verlag erschienenes Handbuch der Inneren Medizin, das unter neuen Herausgebern insgesamt fünf Auflagen erlebte. Der letzte Teil des letzten Bandes der letzten Auflage erschien 1992.

Ein Handbuch ist wesentlich breiter angelegt als ein Lehrbuch. Entsprechend klein waren die Auflagen. 1939 gab der Springer-Verlag in 4. Auflage in Berlin ein zweibändiges Lehrbuch der inneren Medizin heraus; Autoren waren unter anderen Wilhelm Nonnenbruch, Hermann Straub, Gustav von Bergmann und Rudolf Staehelin.[1] Außerdem gab der Springer-Verlag 1949–1951 in Wien in 1. Auflage ein dreibändiges Lehrbuch (Autor: Ernst Lauda) mit identischem Titel heraus. Noch kürzer war 1938 der Grundriß der inneren Medizin von Alexander von Domarus in 12. Auflage beziehungsweise 1957 in 22. Auflage von Alexander von Domarus und Hans Freiherr von Kress ebenfalls vom Springer-Verlag. Außerdem wurde im selben Verlag 1915 von Leopold Langstein, Carl von Noorden, Clemens Freiherr von Pirquet und Alfred Schittenhelm die mehrbändige Enzyklopädie der klinischen Medizin herausgegeben.

Begründung und erste Auflage

Die Gründungsherausgeber der ersten Auflage waren Leo Mohr in Halle und Rudolf Staehelin, der bei den 1908 gestarteten Vorbereitungen noch in Berlin war und ab 1911 in Basel. Das Handbuch hatte einen gegenüber Vorgängern völlig verschiedenen Ausgangspunkt. Statt auf anatomisch-pathologischer Grundlage sollte es auf physiologisch-pathologischer Grundlage erstellt werden und klinische Aspekte in den Vordergrund stellen. Geplant waren sechs Bände mit rund 5600 Seiten und einer Auflage von 2500 Exemplaren. Die Kontrakte mit den Autoren wurden im Dezember 1908 abgeschlossen und es war geplant, den ersten Band bis Oktober 1910 und das gesamte Werk bis 1911 abzuschließen.[2] Bald traten allerdings Schwierigkeiten auf. Staehelin musste im Herbst 1909 aus Gesundheitsgründen ausscheiden und Mohr überließ es zunehmend dem Springer-Verlag unter Ferdinand Springer junior, die ausstehenden Beiträge einzufordern und neue Autoren zu finden, wenn die ursprünglichen Autoren vom Projekt zurücktraten.

Nach etlichen Schwierigkeiten wurden die Korrekturfahnen des ersten Bandes im Juli 1911 verbreitet. Springer engagierte den Assistenten an der Charité Victor Salle, die Beiträge während der Registererstellung anzupassen. Salle leistete so gute Arbeit, dass er fest bei Springer als medizinischer Redakteur eingestellt wurde (ab 1920 war er einer der Herausgeber der Zeitschrift Zentralblatt für innere Medizin). Der erste Band über Infektionskrankheiten erschien im Oktober 1911 und schon drängten die Autoren der weiteren Bände auf das Erscheinen, da – wie sich einer der Autoren ausdrückte – ein 1909 konzipierter Artikel 1912 schon veraltet war. Noch im Frühjahr 1912 begannen die Arbeiten an einem korrigierten Nachdruck. Die weiteren Bände erschienen 1912 bis 1919. Die Erfahrungen, die Ferdinand Springer mit diesem mehrbändigen Handbuch von einer Vielzahl von Autoren machte, flossen in die erfolgreiche spätere Arbeit des Verlags an Handbüchern in Medizin und Naturwissenschaften ein.

In der ersten Auflage erschienen unter der Herausgeberschaft von Leo Mohr und Rudolf Staehelin:

  • Band 1: Infektionskrankheiten, 1911, 1077 Seiten, mit 288 teils farbige Abbildungen, 3 farbige Tafeln. Autoren: Otto Rostoski Allgemeiner Teil, Spezieller Teil: Friedrich Rolly (Akute Exantheme), Paul Krause (Keuchhusten, Influenza, Febris herpetica, Parotitis epidemica, Diphtherie, Tetanus, Typhus exanthemicus (Fleckfieber), Cholera asiatica, Lepra), Georg Jochmann (Dysenterie (Ruhr), Septische Erkrankungen, Erysipel, Der akute Gelenkrheumatismus, Meningitis cerebrospinalis epidemica, Pest), Hugo Schottmüller (Die typhösen Erkrankungen), Eduard Müller (Die epidemische Kinderlähmung (Heine-Medinsche Krankheit)), Ernst Steinitz (Die akute Miliartuberkulose mit O. Rostoski), Claus Schilling (Maltafieber, Protozoenkrankheiten, Gelbfieber, Denguefieber, Beriberi), Felix Lommel (Zoonosen)
  • Band 2: Respirationsorgane, Mediastinum, Zirkulationsorgane, 1914, 1342 Seiten, 321 teils farbige Abbildungen, Autoren: Edmund Meyer (Erkrankungen der oberen Luftwege), Gustav von Bergmann (Erkrankungen des Mediastinum), Rudolf Staehelin (Erkrankungen der Trachea, der Bronchien, der Lungen und der Pleuren), Franz Külbs (Erkrankungen der Zirkulationsorgane)
  • Band 3, 2 Teile, Autoren: Karl Kißling, Julius Strasburger, Friedrich Umber, Franz Volhard
    • Teil 1: Leber und Gallenwege, Pankreas, 1914, 186 Seiten, 3 Abbildungen,
    • Teil 2: Mundhöhle und Speiseröhre, Magen, Darm, Peritoneum, Nieren, Nierenbecken und Harnleiter, 1918, S. 187–1911 mit 245 teils farbigen Abbildungen und drei farbigen Tafeln, darin: Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen (Bright'sche Krankheit) von Franz Volhard, davon erschien 1918 ein Separatdruck, VIII, 576 Seiten, mit 24 meist farbigen Abbildungen und 8 farbigen Tafeln (Nachdruck des Separatdrucks: ISBN 978-3-662-42272-4, DOI:10.1007/978-3-662-42541-1)
  • Band 4: Harnwege und Sexualstörungen, Blut, Bewegungsorgane, Drüsen mit innerer Sekretion, Stoffwechsel- und Konstitutionskrankheiten, Erkrankungen aus äusseren physikalischen Ursachen, 1912, 820 Seiten mit 70 teils farbigen Abbildungen und 2 farbigen Tafeln, Autoren: Friedrich Suter (Erkrankungen der Blase, der Prostata, des Hodens und Nebenhodens, der Samenblasen und funktionelle Sexualstörungen), Paul Morawitz (Blut und Blutkrankheiten), Felix Lommel (Erkrankungen der Muskel, Gelenke und Knochen), Wilhelm Falta (Erkrankungen der Drüsen mit innerer Sekretion), Wilhelm Alexander Freund, Reinhard von den Velden, Akademie für Praktische Medizin Düsseldorf, (Anatomisch begründete Konstitutionsanomalien, Konstitution und Infantilismus), Julius Baer mit Beitrag von Alfred Gigon (Stoffwechselerkrankungen), Hans Vogt, Professor in Straßburg, (Rachitis, Osteomalazie, Exsudative Diathese), Leo Mohr, Rudolf Staehelin (Erkrankungen aus äußeren physikalischen Ursachen)
  • Band 5: Erkrankungen des Nervensystems, 1912, 1104 Seiten mit 315 teils farbigen Abbildungen, Autoren: Eduard Müller (Erkrankungen des Rückenmarks und seiner Häute), Max Rothmann (Erkrankungen des Großhirns, des Kleinhirns, der Brücke, des verlängerten Marks und der Hirnhäute), Otto Veraguth (Die Krankheiten der peripheren Nerven), Robert Bing (Kongenitale, heretofamiliäre und neuromuskuläre Erkrankungen), Karl Heilbronner (Die Psychoneurosen, Die Epilepsie), Hans Curschmann (Neurosen), Oskar Kohnstamm (Die Physiologie und Pathologie des viszeralen Nervensystems), Hermann Gutzmann jr. (Die funktionellen Störungen der Stimme und Sprache), Ernst Meyer (Toxische Erkrankungen des Nervensystems)
  • Band 6: Grenzgebiete – Vergiftungen – Generalregister, 1919, 1091 Seiten mit 59 teils farbigen Abbildungen, Autoren: Gerhard Hotz (Chirurgische Eingriffe bei Erkrankungen der Thoraxorgane), Wilhelm Kotzenberg (Chirurgische Eingriffe bei Erkrankungen der Abdominalorgane, Chirurgische Eingriffe bei Erkrankungen des Nervensystems, Röntgentherapie bei inneren Erkrankungen (mit Kautz)), C. Möller (Chirurgische Eingriffe bei Erkrankungen von Drüsen mit innerer Sekretion, Chirurgische Eingriffe bei septischen Erkrankungen), Beziehungen der weiblichen Sexualorgane zu den Erkrankungen der übrigen Organe (mit den Unterabschnitten: Bernhard Krönig, K. Schneider, Beziehungen zwischen dem Respirationstraktus und dem Genitale, Otto Pankow, Beziehungen der Generationsorgane zu Herz und Gefäßen, Hans Schlimpert, Otto Pankow, Beziehungen zwischen Genitalerkrankungen und Intestinaltraktus, Hans Schlimpert, Beziehungen der Erkrankung von Leber und Gallenwegen zum weiblichen Genitale, Hans Schlimpert, Beziehungen zwischen Erkrankungen des uropoetischen Systems und Genitalerkrankungen beim Weib, Otto Pankow, Beziehungen des Blutes zu den weiblichen Generationsorganen, Hans Schlimpert, Beziehungen zwischen Genitalerkrankungen und den Organen mit innerer Sekretion, Oswald Bumke, Beziehungen von Erkrankungen des Nervensystems zum weiblichen Genitale), Karl Wittmaack (Krankheiten des Ohres im Zusammenhang mit der inneren Medizin), Ludwig Bach, Paul Knapp (Krankheiten des Auges im Zusammenhang mit der inneren Medizin), Max Cloetta, Edwin Stanton Faust, Erich Hübener (Berlin), Heinrich Zangger (Vergiftungen, der allgemeine Teile und anorganische und organische Gifte von Zangger, Alkaloide und andere Pflanzenstoffe durch Cloetta, tierische Gifte durch Faust, Nahrungsmittelvergiftungen auf bakterieller Basis von Hübener).

Während des Ersten Weltkriegs waren viele der Autoren als Ärzte stark eingespannt oder beim Militär, so auch der Herausgeber Leo Mohr, der fast ununterbrochen als Arzt an der Front war und am 31. Dezember 1918 an einer Sepsis starb, die er sich auf der Heimreise vom Militäreinsatz in der Türkei zugezogen hatte. Außerdem kam es zu einem Einbruch der Buchproduktion. Der dritte Band musste auf 1918 verschoben werden, nur ein Kapitel erschien früher.

Eine verlagsinterne Schwierigkeit ergab sich daraus, dass Springer 1911 die Arbeit an einer Encyclopädie der inneren Medizin und Kinderheilkunde begann (Herausgeber Leo Langstein, Carl von Noorden, Clemens von Pirquet, Alfred Schittenhelm) mit Überschneidungen zum Handbuch. Der Konkurrent Urban & Schwarzenberg veröffentlichte zudem ab 1904 die vierte Auflage von Albert Eulenburgs Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde, was dieselben Autoren- und Leserkreise ansprach, und plante ab 1912 ein mehrbändiges Werk über spezielle Pathologie und Therapie (Herausgeber Friedrich Kraus und Theodor Brugsch).

Zweite Auflage

Herausgeber waren Gustav von Bergmann und Rudolf Staehelin.

Dritte Auflage

Herausgeber waren Gustav von Bergmann und Rudolf Staehelin unter Mitwirkung von Victor Salle. Erschienen sind nur Band 1 bis 3 sowie Band 5 und 6 in insgesamt acht Teilen (1934 bis 1944).[4]

Vierte Auflage

Herausgeber waren Gustav von Bergmann, Walter Frey und Herbert Schwiegk, auf den die Hauptarbeit entfiel.

Fünfte Auflage

Die „fünfte völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage“ wurde von Herbert Schwiegk herausgegeben. Sein Nachfolger wurde ab 1981 Eberhard Buchborn (* 1921, † 2009). In dieser Auflage finden sich auch Beiträge in englischer Sprache (z. B. in Band 3, Teil 6, K. B. Wormsley, Pathophysiology of the Exocrine Pancreas).

Ähnliches Werk

Der Gustav Fischer Verlag in Stuttgart und New York veröffentlichte ein Handbuch der Inneren Erkrankungen. Herausgeber war Gerhard Brüschke. Es war auf sechs Bände angelegt. 1985 hat Bernd Heublein Band 1 Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen in zwei Teilen herausgegeben. Band 5 Infektionskrankheiten erschien bereits 1983.

Literatur

  • Heinz Sarkowski, G. Graham: Springer Verlag, History of a Scientific Publishing House, 1996, Band 1, Springer Verlag, XVII, 448 Seiten, ISBN 978-3-540-61560-6
  • Heinz Sarkowski, Heinz Götze: Springer Verlag, History of a Scientific Publishing House, 1996, Band 2, Springer-Verlag, XXVI, 416 Seiten, ISBN 978-3-540-61561-3
  • Heinz Sarkowski, Hans-Dietrich Kaiser, Wilhelm Buchge: Der Springer-Verlag: Katalog seiner Veröffentlichungen 1842–1945, Springer 2012 (Katalog mit Angaben zu Autoren, Seitenumfang, Abbildungen bis zur 3. Auflage des Handbuchs der inneren Medizin)
  • Heinz Sarkowski: Der Springer-Verlag: Stationen seiner Geschichte, Teil 1: 1842–1945, Springer-Verlag 1992, XV, 463 Seiten, ISBN 978-3-540-55221-5
  • Heinz Götze: Der Springer-Verlag: Stationen seiner Geschichte, Teil 2: 1945–1992, Springer-Verlag 1994, 438 Seiten, ISBN 978-3-540-56691-5
  • Springer Medizin 1979/80: „Dieser Katalog informiert Sie ausführlich über alle Teile des Springer-Verlages aus dem Gebiet der Medizin.“ S. 173–176 (Verlagskatalog mit Preisangaben, jeweils die neueste 4. oder 5. Auflage des Handbuches, ab 1952 auch immer mit aktueller ISBN)

Einzelnachweise

  1. Lehrbuch der Inneren Medizin, 2 Bände, Verlag von Julius Springer, Berlin 1939.
  2. Heinz Sarkowski: Springer Verlag, History of a Scientific Publishing House, 2 Bände, Springer Verlag, ISBN 3-540-61744-2, 1996, Band 1, ISBN 978-3-540-61560-6, S. 176 ff.
  3. Ernst Billigheimer, geboren 4. Januar 1892 in Würzburg, Studium in Würzburg und München, Mediziner, Promotion 1916 (Über Autolysine). Emigrierte 1938 nach Großbritannien, dort Namenswechsel zu Bodmer. Er starb 1968 in Manchester. Sein Sohn Arnold Bodmer war Kernphysiker und Professor an der University of Illinois in Chicago.
  4. Heinz Sarkowski: Der Springer-Verlag: Katalog seiner Veröffentlichungen 1842–1945, Springer 2012 (Katalog mit Angaben zu Autoren, Seitenumfang, Abbildungen bis zur 3. Auflage des Handbuchs der inneren Medizin)