Das Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz (kurz: Schlossgymnasium) ist ein staatliches, naturwissenschaftliches und sprachlichesGymnasium in Mainz-Altstadt. Etwa 1050[2] Schüler werden von rund 100[3] Lehrkräften unterrichtet. Schulträger ist die Stadt Mainz.[5] Das Schlossgymnasium ist Ausbildungsschule für Referendare und Referendarinnen vom Gymnasialen Studienseminar Mainz[6].
Das heutige Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss wurde 1831 als städtische Realschule eröffnet und bereits 1836 zur Großherzoglichen Provinzial-Realschule verstaatlicht. 1854 wurde Friedrich Karl Ludwig Schoedler (1813–1884) Direktor der Schule, die zwischenzeitlich rund 300 Schüler zählte. Ab 1863 wurde israelitischer Religionsunterricht an der Realschule angeboten, der vom Mainzer Rabbiner, damals Joseph Aub, gegeben wurde.
Die Realschule wurde 1884 zum Realgymnasium aufgewertet und bezog zwei Jahre später ein neues Gebäude in der Steingasse in der Mainzer Altstadt. Ab 1912 wurde ein Neubau im nordwestlichsten Teil der Mainzer Altstadt nördlich des Kurfürstlichen Schlosses errichtet. Während des Dritten Reiches hieß die Schule „Hermann-Göring-Oberschule für Jungen“.[7] Seit 1950 trägt die Schule die Bezeichnung „Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss“.[8]
Der Vorplatz der Schule wurde 2013 nach dem Ehrenschüler Leo Trepp benannt, der 1981 zum 150-jährigen Geburtstag der Schule eine vielbeachtete Rede gehalten hatte. Seitdem lautet die Anschrift Leo Trepp-Platz 1.[9]
Profil/Schwerpunkte
Die Schule hat einen sprachlichen Schwerpunkt mit einem bilingualen Zug in Englisch. Nach der Orientierungsstufe wird eine Klasse gebildet, in der mit zusätzlichen Stunden Fachunterricht auf Englisch erteilt wird.[10]
Ebenso verfügt die Schule über einen Schwerpunkt in den MINT-Fächern. Das im Rhythmus von 3 Jahren zu erneuernde Siegel „MINT-freundliche Schule“ wird seit 2013 geführt. Dazu gehört, dass Klassen im MINT-Unterricht geteilt werden, um bessere Bedingungen für das experimentelle Arbeiten zu schaffen.[11] Die Schule wurde von 2016/2017 bis 2020/2021 als „Bundeswettbewerb Informatik-Schule in Gold“ ausgezeichnet.[12]
Ab dem Schuljahr 2020/21 gehört das Schlossgymnasium zu den ersten 21 Informatik-Profil-Schulen in Rheinland-Pfalz, in denen Informatik in manchen Jahrgangsstufen für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend ist.[13]
Außer dem MINT- sowie sprachlichen Schwerpunkt hat das Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz einen Demokratiebildungsschwerpunkt. Im Jahr 2022 fand die dritte Durchführung des Großschulprojektes „Schule als Staat“ statt. Rheinland-Pfalzweit ist es die einzige Schule, die das Projekt je durchgeführt hat und deutschlandweit eine der wenigen Schulen mit drei Durchführungen.[14][15] Seit April 2024 steht fest, dass das Projekt im Sommer 2025 zum vierten Mal durchgeführt wird.[16] Die Schule nimmt am Wettbewerb „Jugend debattiert“ teil.[17]
Das Gebäude des Gymnasiums am Kurfürstlichen Schloss wurde 1914 vom Mainzer Stadtbaumeister Adolf Gelius als Realgymnasium errichtet. Gegenüber dem prächtigen Renaissancebau des Kurfürstlichen Schlosses gelegen, wurde das Gymnasium bewusst in schlichten Formen gehalten. Der Südflügel mit der Hauptfassade an der Dieter-von-Isenburg-Straße ragt weit in die Flucht der Greiffenklaustraße ein und betont so den an der Südwestecke liegenden Haupteingang. Vor dem Haupteingang entsteht durch einen Versprung gegenüber der Nachbarbebauung ein Vorplatz, der ausreichend Abstand zum gegenüberliegenden Schloss schafft. Dieser bildet auch den Auftakt zum Haupteingang der Schule, der mit tuskischen Säulen in das mit rustiziertem Mauerwerk gestaltete Sockelgeschoss eingeschnitten ist. Der Sturz über dem Eingang ist mit Reliefs von stilisierten Pflanzen und Fabelwesen geschmückt.
Oberhalb des Sockelgeschosses schließen sich drei Vollgeschosse an, die zwischen dem zweiten und dritten Obergeschoss durch ein Gesims waagerecht gegliedert werden.
An der Hauptfassade sind über den mittleren vier Fenstern des 1. Obergeschosses Büsten von vier Wissenschaftlern angebracht, die das Bildungsideal der Schule repräsentieren: für die GeschichtswissenschaftTheodor Mommsen, für die NaturwissenschaftenHermann von Helmholtz, Justus Liebig und Friedrich Karl Ludwig Schoedler.
Der ursprünglich ein Geschoss niedrigere Nordflügel an der Greiffenklaustraße wurde 1953 aufgestockt. Die gesamte Schulanlage erfuhr 1984 weitreichende Um- und Neubauten. Dennoch prägt das Schulgebäude das Erscheinungsbild der Denkmalzone nördlich des Kurfürstlichen Schlosses stark mit und steht daher unter Denkmalschutz.[21]
Bekannte Lehrer
David Nikolaus Becker (1932–2016), emeritierter Dompräbendat und externer Richter im Bischöflichen Offizialat Mainz, unterrichtete von 1960 bis 1965 als Religionslehrer am Gymnasium
Anton Maria Keim (1928–2016), späterer Kulturdezernent der Stadt Mainz, deutscher Historiker und Autor
Helmut Schäfer (* 1933) ist ein deutscher Politiker (FDP). Er war von 1987 bis 1998 Staatsminister im Auswärtigen Amt.
Bekannte Schülerinnen und Schüler
Ferdinand Schmidt (1889–1960, Abitur: 1907), Physiker und Hochschullehrer
Leo Trepp (1913–2010, Abitur: 1931), Rabbiner und Theologieprofessor
Günther Fleckenstein (1924–2020, Abitur: 1941), Theaterregisseur, Dramaturg und Theaterintendant
Fred Breinersdorfer (* 1946, Abitur: 1966) Drehbuchautor, Filmproduzent und Rechtsanwalt
Bernd Brunn (Abitur: 1967), Richter am Bundesverwaltungsgericht
Michael Linden (* 1948, Abitur: 1967), deutscher Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Psychologischer Psychotherapeut
Jürgen Häfner (* 1959, Abitur: 1978), Jurist und rheinland-pfälzischer Landespolitiker der SPD
Programm der Großherzoglichen Realschule zu Mainz. Mainz 1859–1875 (Digitalisat)
Programm der Großherzoglichen Realschule I. und II. Ord. zu Mainz für das Schuljahr … Mainz 1876–1884 (Digitalisat)
Programm des Großherzoglichen Realgymnasiums und der Realschule zu Mainz für das Schuljahr … Main 1885–1898 (Digitalisat)
Programm des Großherzoglichen Realgymnasiums, der Realschule und der Höheren Handelsschule zu Mainz für das Schuljahr … Mainz 1899–1902 (Digitalisat)
Programm des Großherzoglichen Realgymnasiums, der Ober-Realschule und der Höheren Handelsschule zu Mainz für das Schuljahr … Mainz 1903–1906 (Digitalisat)
Karl Beck: Geschichte der Mainzer Realschule. (Realschule, Realgymnasium, Höhere Handelschule, Oberrealschule). Mainz 1906 (Digitalisat)
Jahresbericht des Großherzoglichen Realgymnasiums zu Mainz für das Schuljahr … Mainz 1907–1917 (Digitalisat)
Jahrhundertfeier der Mainzer Realanstalten. 1831–1931. Festschrift des Realgymnasiums, o. O. [Mainz] o. J. [1931].
Staatliches Gymnasium am Kurfürstlichen Schloß Mainz (Hg.), 150 Jahre Staatliches Gymnasium am Kurfürstlichen Schloß zu Mainz. 1831–1981, zwei Bände, o. O. [Mainz] o. J. [1981].
Dass. (Hg.), 150 Jahre Staatliches Gymnasium am Kurfürstlichen Schloß zu Mainz. 1831–1981. Dokumentation der Jubiläumsveranstaltung [auf dem Deckblatt: … Jubiläumsveranstaltungen], o. O. [Mainz] o. J. [2006].
Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss (Hg.), 175 Jahre Schlossgymnasium Mainz. Festschrift [auf dem Deckblatt: 175 Jahre Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz. Festschrift], o. O. [Mainz] o. J. [2006].
↑Schlopolis 4.0 ist offiziell! In: Schlopolis. Orgateam Schlopolis, 4. August 2024, abgerufen am 21. April 2024: „Am Montag, den 08.04.2024 nahm die Gesamtkonferenz des Schlossgymnasiums das Projekt Schlopolis 4.0 offiziell an. "Schlopolis 4.0 - Gemeinsam. Demokratie. Erleben." findet vom 30.06.2025 bis zum 03.07.2025 statt.“
↑Europaschule. In: Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz. Abgerufen am 28. Juni 2020.
↑Ganztagsschule. In: Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz. Abgerufen am 28. Juni 2020.
↑Auszeichnungen. In: Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss Mainz. Abgerufen am 28. Juni 2020.
↑Stadt Mainz – Stadterweiterungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band2.1. Schwann, Düsseldorf 1986, ISBN 3-590-31032-4, S.74.