Die Odenwälder Gemeinde liegt im UNESCO Geopark Bergstraße-Odenwald auf einer Höhe zwischen 420 und 580 m ü. NN. Ortsteile von Grasellenbach werden von den beiden bedeutendsten Bächen des südlichen Odenwaldes durchflossen, vom Ulfenbach und der Weschnitz, die beim Ortsteil Hammelbach entspringen, wo die Wasserscheide zwischen Neckar und Rhein verläuft.
Nachbargemeinden
Grasellenbach grenzt im Norden an die Gemeinde Fürth, im Osten an die zum Odenwaldkreis gehörende Gemeinde Mossautal, im Süden an die Gemeinde Wald-Michelbach sowie im Westen an die Gemeinde Rimbach.
Der heutige Luftkurort Hammelbach ist mit etwa 1400 Einwohnern größter und auch ältester Ortsteil sowie Verwaltungssitz der Gesamtgemeinde Grasellenbach. Hammelbach bedeutet so viel wie „Bach an einer steilen Anhöhe“. Diese Namensgebung rührt daher, dass in Hammelbach die beiden bedeutendsten Bäche entspringen: der Ulfenbach und die Weschnitz. In Hammelbach befinden sich sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche. Des Weiteren befindet sich ein Freibad in Hammelbach, das aus Quellwasser gespeist wird, und ein Campingplatz. Das Hammelbacher Kirchweihfest, hier Kerwe genannt, wird jedes Jahr am vierten Wochenende des Septembers gefeiert und hat seinen Ursprung in der Weihe der 1802 erbauten ev.-reformierten Kirche. Historisch betrachtet ist Hammelbach der einzige legitime Ortsteil, der die Kirchweih ausrichten darf, da in ihm auch die ev. Kirche steht. Im Mittelalter war Hammelbach Zentort des Hammelbacher oder Aicher Cent. Sehenswert sind die gotische Kapellenruine aus dem 14. Jahrhundert auf dem Friedhof und das historische Backhaus. Jedes Jahr findet im März die sogenannte Schwarzpulverrally statt. Zu dieser Veranstaltung finden sich immer zahlreiche Motorradfahrer aus ganz Deutschland in Hammelbach ein.
Gras-Ellenbach
Das Kneipp-Heilbad Gras-Ellenbach ist mit seinen knapp 1000 Einwohnern der zweitgrößte Ortsteil der Gemeinde. Gras-Ellenbach ist bekannt für eine Quelle auf dem Spessartskopf, an dem angeblich Siegfried von Hagen getötet wurde. Auch aufgrund dessen ist der Ortsteil Gras-Ellenbach der am meisten von Kurgästen frequentierte Ortsteil der Großgemeinde.
Gras-Ellenbach liegt auf 450–550 m Höhe. Die Wiesengründe, durch die hier der Ulfenbach fließt, sollen dem Ort den Namen gegeben haben. Das hinzugefügte Ellen leitet sich möglicherweise von Elm (Ulme) her. Es existieren weitere Deutungsversuche, die jedoch umstritten sind.
Gras-Ellenbach ist ein staatlich anerkannter Luftkurort mit Kneipp-Heilbad. Auf der Heimatbühne in der Nibelungenhalle wurden seit über zwei Jahrzehnten Odenwälder Theaterstücke aufgeführt.
Weitere Ortsteile
Tromm ist mit etwa 100 Einwohnern der kleinste und mit 539 m der höchstgelegene Ortsteil der Gemeinde. Er liegt am Nordosthang der Tromm inmitten von Wiesen und Wäldern und präsentiert sich als Erholungs- und Tagungsort mit Wanderwegen und Wintersportmöglichkeiten.
Auch die drei weiteren Ortsteile Wahlen (etwa 900 Einwohner), Scharbach (etwa 470 Einwohner) und Litzelbach (etwa 150 Einwohner) sind in erster Linie Erholungsorte.
Geschichte
Bereits im Mittelalter und bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die heutigen Ortsteile schon einmal zusammengefasst, in der Kurpfälzischen „Aicher Cent“. Lediglich Litzelbach gehörte zur Kurmainzischen Cent Abtsteinach. Die Cent – eine Verwaltungseinrichtung ähnlich einer heutigen Gemeinde – trug den Namen Aicher oder Hammelbacher Cent nach dem Standort der Gerichtsstätte an der „Gefehlten Aiche“. Die Ersterwähnung des Ortsteiles Hammelbach geht auf das Jahr 795 zurück, während die anderen Ortsteile um 1300 ihre Ersterwähnung fanden. Die Zugehörigkeit der Orte zur Kurpfalz beziehungsweise zu Kurmainz währte bis zum Jahre 1802. Danach kamen die Gemeinden durch den Reichsdeputationshauptschluss zum Großherzogtum Hessen.
Die ursprünglichen Handwerker- und Bauerndörfer erlebten im 19. Jahrhundert durch die Blütephase der Buntsandsteinverarbeitung einen Aufschwung. Im 20. Jahrhundert erwuchs dem Fremdenverkehr eine wachsende Bedeutung, sodass besonders im Ortsteil Gras-Ellenbach der Fremdenverkehr ein bedeutender Wirtschaftszweig wurde.
Die Gemeinde Grasellenbach entstand in ihrer heutigen Form am 31. Dezember 1971, im Vorfeld der Gebietsreform in Hessen, durch den freiwilligen Zusammenschluss der zuvor selbstständigen Gemeinden Hammelbach, Gras-Ellenbach und Wahlen. Am 1. August 1972 vergrößerte sich Grasellenbach durch die gesetzlich verfügte Eingliederung der Gemeinden Litzelbach und Scharbach.[2][3]Ortsbezirke wurden im Gemeindegebiet nicht gebildet.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Grasellenbach 3802 Einwohner. Darunter waren 337 (8,9 %) Ausländer, von denen 135 aus dem EU-Ausland, 188 aus anderen europäischen Ländern und 14 aus anderen Staaten kamen.[4] Die Einwohner lebten in 1539 Haushalten. Davon waren 448 Singlehaushalte, 479 Paare ohne Kinder und 458 Paare mit Kindern, sowie 128 Alleinerziehende und 26 Wohngemeinschaften.[5]
1703 Einwohner gehörten der evangelischen (44,8 %) und 1087 Einwohner der katholischen (28,6 %) Konfession an.[6]
Einwohnerentwicklung
Grasellenbach: Einwohnerzahlen von 1970 bis 2020
Jahr
Einwohner
1970
2.905
1976
2.958
1984
2.969
1992
3.632
2000
3.900
2005
3.954
2010
3.714
2011
3.802
2015
3.881
2020
4.130
Quellen: siehe folgende Liste
Im Jahr 1970 zählten die in der Gemeinde Grasellenbach zusammengeschlossenen Gemeinden 3598 Einwohner.[7]
Bei den Kommunalwahlen 1977 wurden, mit dem Stand Juni 1976, 3777 Einwohner zugrunde gelegt.[8]
Bei den Kommunalwahlen 1985 wurden, mit dem Stand 30. Juni 1984, 3910 Einwohner zugrunde gelegt.[9]
Bei den Kommunalwahlen 1993 wurden, mit dem Stand 31. März 1992, 4151 Einwohner zugrunde gelegt.[10]
Das Hessische Gemeindelexikon nennt für das Jahr 2000: 4200 Einwohner.[11]
Laut Hessischen StatistischenLandesamt wohnen am 30. Juni 2005 4117 Einwohner im Fischbachtal.[12]
Das Hessisches Statistisches Landesamt meldete für den 30. Juni 2010: 3990 Einwohner.[13]
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Gemeindevorstands, dem in der Gemeinde Grasellenbach neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Beigeordneter und sechs weitere Beigeordnete angehören.[20] Bürgermeister ist seit dem 1. Januar 1997 der parteiunabhängige Markus Röth.[21] Er setzte sich am 7. Juli 1996 im ersten Wahlgang gegen Amtsinhaber Hans Mohr bei 74,3 Prozent Wahlbeteiligung mit 59,7 Prozent der Stimmen durch.[22] Es folgten vier Wiederwahlen, jeweils ohne Gegenkandidaten, zuletzt, pandemiebedingt verschoben, am 14. März 2021.[23] Durch die verschobene Wahl verschob sich der Beginn der Amtszeit auf den 1. Juli 2021.[21]
Blasonierung: „Schild von Schwarz, Gold und Rot schräggeviert. Feld 1 zeigt den aufgerichteten goldenen Pfälzer Löwen (rechtsgewendet, rotbekrönt, -bezungt und -bewehrt), Feld 2 und 3 je ein rotes Lindenblatt und Feld 4 in rot zwei siberne Wellenbalken.“[26]
Das Wappen wurde der Gemeinde Grasellenbach am 6. September 1974 durch den Hessischen Innenminister genehmigt.
Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.
Es setzt sich aus Elementen der historischen Wappen von Gras-Ellenbach und Hammelbach zusammen. Der Pfälzer Löwe erinnert an die frühere Zugehörigkeit zur Kurpfalz, die Farben Rot und Silber an Hessen. Die Wellenbalken stehen für den Wasserreichtum in Grasellenbach und die Lindenblätter schließlich weisen auf die Nibelungensage.
Flagge
Die Flagge wurde der Gemeinde am 18. Mai 1978 durch das Hessische Innenministerium genehmigt und wird wie folgt beschrieben:
Flaggenbeschreibung: „Auf weißen Flaggentuch mit roten Randstreifen im oberen Drittel aufgelegt das Gemeindewappen.“[27]
Wirtschaft und Infrastruktur
Flächennutzung
Das Gemeindegebiet umfasst eine Gesamtfläche von 2288 Hektar, davon entfallen in ha auf:[28]
Nutzungsart
2011
2015
Gebäude- und Freifläche
146
148
davon
Wohnen
88
89
Gewerbe
12
13
Betriebsfläche
3
4
davon
Abbauland
3
3
Erholungsfläche
13
13
davon
Grünanlage
6
6
Verkehrsfläche
78
78
Landwirtschaftsfläche
831
829
davon
Moor
0
0
Heide
0
0
Waldfläche
1206
1206
Wasserfläche
3
3
Sonstige Nutzung
7
7
Tourismus
Der Eigenschaft als Kneipp-Heilbad und Luftkurort sowie dem Betrieb der Tagungsstätten verdankt Grasellenbach im Jahr 2018 etwa 66.000 Übernachtungen jährlich. Das sind 8,3 Prozent der Übernachtungen im Landkreis Bergstraße.[29] Damit lebt die Gemeinde vorwiegend vom Fremdenverkehr.
Der Zustrom von Besuchern wird auch dadurch gefördert, dass in Grasellenbach einer der Siegfriedsbrunnen liegt, von denen behauptet wird, dass an ihnen Siegfried von Hagen von Tronje ermordet worden sein soll, wie es im Nibelungenlied beschrieben worden ist. Dadurch ist Grasellenbach eine Station der Siegfriedstraße. Zudem hat sich Grasellenbach dem Netzwerk der so genannten Nibelungenstädte angeschlossen. Durch den Ortsteil Gras-Ellenbach und am Siegfriedbrunnen vorbei führt der 130 Kilometer lange, mit dem Gütesiegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifizierte FernwanderwegNibelungensteig, der den Odenwald von Westen nach Osten komplett durchzieht. Ferner ist Grasellenbach Mitgliedsgemeinde im Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald.
Zwischen 1901 und 1983 war der Ortsteil Wahlen der Endpunkt der Überwaldbahn.
Literatur
Hans-Günther Morr: Sagen, Märchen, Erzählungen aus dem Überwald mit historischen Flurmalen. Geiger-Verlag, Horb am Neckar, 1991, ISBN 3-89264-580-9
Peter W. Sattler und Markus Röth: Grasellenbach. Natur-Kultur-Geschichte. Geiger-Verlag, Horb am Neckar, 1993.
Peter W. Sattler und Dietmar Lehmann: Unsere Heimat – Der Überwald. Gemeinde Wald-Michelbach, Wald-Michelbach, 1984, ISBN 3-9800971-0-2
Hans Schmitt: Hammelbach hoch im Odenwald. Gemeindeverwaltung Hammelbach, Hammelbach 1969.
Hans-Jürgen Speichert: Gras-Ellenbach, Hammelbach, Litzelbach, Scharbach, Wahlen. Die Entwicklung ausgewählter Fremdenverkehrsorte im Odenwald. (Heidelberger geographische Arbeiten, 55). Geographisches Institut der Universität Heidelberg, Heidelberg 1979, ISBN 3-88570-055-7
↑Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S.349 und 350.
↑Kommunalwahlen 1977; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 15. Dezember 1976. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1976 Nr.52, S.2283, Punkt 1668 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 10,3MB]).
↑Kommunalwahlen 1985; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 30. Oktober 1984. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1984 Nr.46, S.2175, Punkt 1104 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,5MB]).
↑Kommunalwahlen 1993; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 21. Oktober 1992. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1992 Nr.44, S.2766, Punkt 935 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,1MB]).
↑ abcBürgermeister der Gemeinde Grasellenbach: „Markus Röth aus Hammelbach ist seit 01.01.1997 Bürgermeister der Gemeinde Grasellenbach, er wurde zuletzt am 14. März 2021 für weitere 6 Jahre gewählt. Seine aktuelle Amtszeit endet somit am 30. Juni 2027.“
↑ abEcho online, 14. März 2021: Markus Röth bleibt Bürgermeister von Grasellenbach: „Im Alter von 28 Jahren wurde Markus Röth als jüngster Bürgermeister im Landkreis Bergstraße gewählt. Damals löste er den Amtsinhaber Hans Mohr (CDU) mit 59,6 Prozent der Stimmen ab.“
↑TSV 09 Gras-Ellenbach: Die Vereinschronik: „18.05.1972 Bürgermeister Wilhelm Maurer zum Ehrenmitglied ernannt“
↑Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Grasellenbach, Landkreis Bergstraße vom 6. September 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1974 Nr.39, S.1735, Punkt 1240 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,3MB]).
↑Genehmigung einer Flagge der Gemeinde Grasellenbach Landkreis Bergstraße vom 18. Mai 1978. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1978 Nr.23, S.1059, Punkt 659 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 8,7MB]).