Glemsgau

Die 496 eingerichtete fränkisch-alemannische Grenze durchschneidet südlich von Grüningen den Glemsgau
Wie die fränkische Mark teilte die Diözesangrenze den Glemsgau. Der westliche und südliche Teil gehörten zu den Landkapiteln Grüningen und Weil der Stadt des Bistums Speyer, der östliche zum Landkapitel Cannstatt des Bistums Konstanz
Überlieferte Kernzone des Strohgäus und aus geographischer Sicht einzubeziehende Randbereiche

Der Glemsgau (auch „Glemisgowe“) in Baden-Württemberg zählt zu den um 750 vom karolingischen Hausmeier Karlmann eingeführten Gaugrafschaften,[1] die in der Regel nach Flüssen, hier der Glems, benannt wurden. Der Herrschaftsbezirk des Glemsgaus ignoriert die fränkisch-alemannische „Demarkationslinie“ weitgehend und ist nahezu deckungsgleich mit der überlieferten Kernzone des fruchtbaren Strohgäus.

Historische Geographie

Der Glemsgau liegt beiderseits der 496 festgelegten fränkisch-alemannischen Mark, die von der Hornisgrinde kommend bei Maichingen nach Nordosten verschwenkte und etwa ab dem „Glemseck“ oberhalb Eltingens der Glems nach Norden folgte, südlich von Markgröningen wieder nach Osten verschwenkte und südlich am Asperg vorbei zum Lemberg führte. Diese Grenzlinie schied denn auch die Bistümer Speyer und Konstanz, was sich im links und rechts der Glems gelegenen Ditzingen besonders niederschlug: Bis heute gibt es hier eine Speyrer und eine Konstanzer Kirche. Die kirchliche Zweiteilung des Glemsgaus durch die ehemalige fränkische Grenze zeigt die Karte des Landkapitels von Grüningen (heute Markgröningen). Im Gegensatz zur älteren kirchlichen Raumordnung ignorierte die unter Karlmann eingeführte politische Bezirksaufteilung in Gaugrafschaften offenbar die überkommene „Demarkationslinie“.

Der Glemsgau grenzt im Osten und Südosten an den Neckargau, im Südwesten und Westen an den Würmgau und im Nordwesten an den Enzgau. Eine Sonderstellung nahm am Nordrand das ausgemarkte Königsgut und spätere Reichslehen Grüningen ein, das keiner dieser Gaugrafschaften zugeordnet und dem Träger der Reichssturmfahne vorbehalten war. Im 11. Jahrhundert (bis 1121) war es allerdings zusammen mit dem Neckargau an die Grafen Werner „von Grüningen“ vergeben.

Glemsgau-Orte

Aus frühmittelalterlichen Quellen lassen sich folgende Siedlungen dem Glemsgau zuweisen:

Für die in der nördlichen Ostausbuchtung des Grüninger Landkapitels gelegenen Orte Tamm, Brachheim (Wüstung), Eglosheim und Asperg lassen sich, wie schon Stälin[2] feststellte, keine Quellen für eine Zugehörigkeit zum Glemsgau finden. Nach Norden scheint die alte Grenze also aufgegriffen worden zu sein. Asperg wurde erst im 13. Jahrhundert als Sitz der Grafen von Asperg-Tübingen einbezogen. Das 1248 von Graf Ulrich I. von Württemberg gegründete Leonberg zählte nicht hinzu.

Auflösung der Gaugrafschaft

Nachdem Graf Ulrich II. von Asperg-Tübingen seine Anteile am Glemsgau 1308 an Graf Eberhard I. von Württemberg verkauft hatte, ging der Glemsgau in der Grafschaft Württemberg auf, spielte als politischer Territorialbegriff keine Rolle mehr und wurde fortan lediglich als Bezeichnung für den Landstrich genutzt. So nutzte ihn das Dorf „Wyl im Glemsgawe“ noch lange als Cognomen, um sich von anderen Kommunen gleichen Namens (wie Weil im Schönbuch oder Weil der Stadt) zu differenzieren, und erinnert mit der „Glemsgaustraße“ daran. Letztlich setzte sich aber „Weil dem Dorf“ bzw. „Weilimdorf“ durch.[3] Dementsprechend hatte sich in der Region das synonym verwendete „Strohgäu“ als Bezeichnung für den Landstrich durchgesetzt. Tatsächlich stimmt der ehemalige Herrschaftsbezirk des Glemsgaus nahezu mit der Kernzone der überlieferten Kulturlandschaft des Strohgäus überein, das aus physisch-geographischer Sicht allerdings etwas weiter gefasst und zum Naturraum Neckarbecken gezählt wird.

Unter württembergischer Herrschaft wurden die Glemsgau-Orte überwiegend zwischen den beiden Amtstädten Grüningen und Leonberg aufgeteilt. Die Gemeinden im Südosten kamen zu Stuttgart und Cannstatt. Kirchlich blieben die zum Bistum Speyer zählenden Orte einschließlich Leonbergs bis zur Reformation dem Landkapitel Grüningen des Archidiakonats Trinitatis unterstellt. Die östlich der fränkisch-alemannischen Mark gelegenen Orte gehörten zum Landkapitel Cannstatt. Beide Landkapitel lagen im 13. Jahrhundert in den Händen der Grafen von Grüningen: Ludwig von Grüningen, Sohn von Graf Hartmann II. von Grüningen und Domherr zu Augsburg, war Kirchherr von Grüningen und Cannstatt und damit Dekan für alle Kirchen im Glemsgau.[4]

Gaugrafen

Ob der Asperg von Anfang an als Sitz der Glemsgau-Grafen diente, ist fraglich und gilt erst für die Grafen von Asperg-Tübingen als gesichert

Grafen des Glemsgaus waren:

Sehenswürdigkeiten

Literatur

  • Codex Laureshamensis von Kloster Lorsch ab 769 (archiv.ub.uni-heidelberg.de PDF).
  • Codex Hirsaugiensis von Kloster Hirsau, bearbeitet von Eugen Schneider In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 10, 1887 (Anhang). Stuttgart 1887.
  • Gustav Bossert: Württembergisches aus dem Codex Laureshamensis, den Traditiones Fuldenses und aus Weissenburger Quellen. In: Dietrich Schäfer (Hrsg.): Württembergische Geschichtsquellen. Band 2. Stuttgart 1895, S. 1–354, (Auszug, archiv.ub.uni-heidelberg.de PDF; 7,4 MB).
  • Ludwig Friedrich Heyd: Geschichte der vormaligen Oberamts-Stadt Markgröningen mit besonderer Rücksicht auf die allgemeine Geschichte Württembergs, größtenteils nach ungedruckten Quellen verfasst. Stuttgart 1829 (Faksimileausgabe zum Heyd-Jubiläum, Markgröningen 1992).
  • Hermann Hühn: Festschrift 500 Jahre Oswaldkirche. Weilimdorf 1972 (oswald-wolfbusch-kirchengemeinde.de).
  • Oscar Paret: Ludwigsburg und das Land um den Asperg: Ein Heimatbuch für den Bezirk Ludwigsburg. Ludwigsburg 1934.
  • Beschreibung des Oberamts im Allgemeinen. In: Christoph Friedrich von Stälin (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Leonberg (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band 30). J. B. Müller, Stuttgart 1852, Kapitel VII. Geschichtlicher Überblick. 1. Politischer Zustand, S. 72–77 (Volltext [Wikisource] – Im Text Glemsgau).
  • Karl Eduard Paulus (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band 39). Karl Aue, Stuttgart 1859 (Volltext [Wikisource]). – Reprint: Bissinger, Magstadt, ISBN 3-7644-0038-2.
Commons: Glems – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Strohgäu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Gaugrafschaftsverwaltung wurde nach dem Blutgericht zu Cannstatt (746) eingeführt.
    Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte. Band 1: Europäische Grundlagen deutscher Geschichte, 4. – 8. Jahrhundert. Stuttgart 2004, S. 346 ff.
  2. Christoph Friedrich von Stälin: Wirtembergische Geschichte. Band 1, Stuttgart und Tübingen 1841, S. 316 f.
  3. a b Geschichte Weilimdorfs (Memento des Originals vom 17. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oswald-wolfbusch-kirchengemeinde.de In: Festschrift 500 Jahre Oswaldkirche. 1972.
  4. WUB Band IX., Nr. 4141, S. 472–473.
  5. a b c Gustav Bossert: Württembergisches aus dem Codex Laureshamensis, den Traditiones Fuldenses und aus Weissenburger Quellen. In: Dietrich Schäfer (Hrsg.): Württembergische Geschichtsquellen. Band 2. Stuttgart 1895, S. 203 ff. (Auszug, archiv.ub.uni-heidelberg.de PDF).
  6. Gustav Bossert: Württembergisches aus dem Codex Laureshamensis, den Traditiones Fuldenses und aus Weissenburger Quellen. In: Dietrich Schäfer (Hrsg.): Württembergische Geschichtsquellen. Band 2. Stuttgart 1895, S. 208, (Auszug, archiv.ub.uni-heidelberg.de PDF).
  7. WUB Band IV., Nr. N22, S. 330–331.
  8. 1276 schenkt der Edle Konrad von Kirchheim dem Abt Eberhard und Konvent von Bebenhausen das Patronatrecht in Kornwestheim und alle Zehnten daselbst und in Zazenhausen, Viesenhausen, Pflugfelden, Zuffenhausen, Stammheim, sowie allen seinen Besitz in diesen Orten und im ganzen Glemsgau. WUB online, Band VII., Nr. 2624, S. 466–467
  9. Quelle HStA Stgt. A 602 Nr. 6481, Landesarchiv BW online

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