Joseph Michel war das 12., Jacques Étienne das 15. von 16 Kindern des Papierfabrikanten Pierre Montgolfier und seiner Frau Anne Duret. Die Brüder wurden in Naturwissenschaften unterrichtet und in Architektur ausgebildet. Sie leiteten später gemeinsam die seit 1557 im Familienbesitz befindliche Papierfabrik. Seit Mitte der 1770er Jahre beschäftigte sich Joseph Michel mit der Luftfahrt, und zwar zunächst mit dem Fallschirm. 1777 machte er einen Selbstversuch vom Dach seines Hauses, der gut ausging. Auf Bitten seiner Familie unterließ er weitere Versuche dieser Art.
Ballons
Angeregt durch eine Schrift Joseph Priestleys beschäftigte er sich dann mit den Eigenschaften diverser Gase. Er wollte eine luftdichte Hülle, die mit „leichter Luft“ gefüllt war, zum Aufsteigen bringen. Experimente mit Wasserstoff schlugen fehl. Im Dezember 1782 unternahmen die beiden Brüder in ihrem Heimatort Annonay einen ersten – erfolgreichen – Versuch mit einem Ballon, der mittels erhitzter Luft aufstieg. Sie verbrannten dazu Wolle und Heu. Die Montgolfiers glaubten fälschlich, der Rauch sei das Auftriebsmittel, und bevorzugten stark qualmende Brennmaterialien.
Am 4. Juni 1783 ließen sie wiederum in Annonay einen verbesserten Ballon aus Leinwand, der mit Papier abgedichtet worden war, vor Publikum aufsteigen. Dieser Flug dauerte zehn Minuten und soll eine Höhe von über 2000 m erreicht haben.
Daraufhin lud König Ludwig XVI. die Montgolfiers zu einer Demonstration nach Paris ein und erteilte zugleich der Akademie der Wissenschaften den Auftrag, Versuche mit der „fliegenden Kugel“ durchzuführen. Jean-Baptiste Réveillon lieferte Rat, Geld und farbige Tapete für den Ballon. Bereits am 19. September desselben Jahres ließen die Brüder in Anwesenheit des Königs vom Schloss Versailles aus einen Heißluftballon mit drei Tieren (Hammel, Ente und Hahn) aufsteigen. Der Flug dauerte gut acht Minuten.[1] Da die Tiere das Experiment überlebten, gab der König die Erlaubnis zu einem Aufstieg mit Menschen.
Am 15. Oktober 1783 unternahm der Physiker Jean-François Pilâtre de Rozier mit königlicher Bewilligung die erste Fahrt eines Menschen in einer Montgolfière, in der er eine Höhe von etwa 26 Metern erreichte. Der Ballon war dabei noch mit Seilen am Boden verankert.
Am 21. November 1783 hoben Rozier und der Offizier François d’Arlandes erstmals in einer frei fliegenden Montgolfière ab. Der Flug dauerte 25 Minuten und endete erfolgreich auf der Butte aux Cailles. Ursprünglich sollten Sträflinge als Versuchspersonen eingesetzt werden; nach Protesten ließ man diesen Gedanken jedoch fallen.
Die erste bemannte Ballonfahrt außerhalb Frankreichs wurde von Paolo Andreani und den Brüdern Agostino und Carlo Gerli am 25. Februar 1784 in der Nähe von Mailand unternommen. Sie starteten von Moncucco, heute in Brugherio gelegen.[2][3][4] Am 18. Mai 1784 ließ José María Alfaro in Xalapa den ersten Luftballon auf dem amerikanischen Kontinent steigen. Er hob in einem städtischen Park ab, bevor ihn der Wind bis Coatepec trug. Er erreichte dabei eine maximale Höhe von 800 Metern über Boden und legte bis zur Landung rund neun Kilometer zurück.[5]
Wasserpumpe und Transparentpapier
1796 automatisierte Joseph Michel Montgolfier die von John Whitehurst 1772 erstmals aufgebaute Pulsation Engine und schuf damit eine nur mit Wasserkraft angetriebene, autonom arbeitende Wasserpumpe, den hydraulischen Widder.[6]
Die Brüder Montgolfier entwickelten in ihrer Fabrik ein Verfahren zur Herstellung von Transparentpapier; Jacques Étienne Montgolfier gründete später die erste Fachschule für Papiermacher. Sie waren Mitglieder der Académie des sciences in Paris.[7]
Sonstiges
Étienne Montgolfier war Mitglied im Bund der Freimaurer, er gehörte der sog. PhilosophenlogeLes Neuf Sœurs in Paris an.
Nach den Gebrüdern Montgolfier werden Ballonwettkämpfe Montgolfiaden genannt, so unter anderem die Warsteiner Internationale Montgolfiade (WIM), die Wintermontgolfiade in Sonthofen oder die Montgolfiade Münster, eine der ältesten Deutschlands. Diese freundschaftlichen Wettkämpfe finden in der Regel jährlich statt.
Die Papierfabrik Canson, die von der Familie Montgolfier gegründet wurde, existiert noch heute (2023) und stellt Künstlerpapiere her.[10]
Literatur
Barthélemy Faujas de Saint-Fond (1784–1785): Beschreibung der Versuche mit den aerostatischen Maschinen des Herren von Montgolfier, nebst verschied. zu dieser Materie gehör. Abhandlungen. Aus dem Französ. übers., nebst 8 Kupferst. Leipzig.
Simon Schama: Der zaudernde Citoyen. Rückschritt und Fortschritt in der Französischen Revolution. Kindler, 1989, ISBN 3-463-40106-1.
Günter Schmitt, Werner Schwipps: Pioniere der frühen Luftfahrt. Gondrom, Bindlach 1995, ISBN 3-8112-1189-7.